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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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Sonntag abend war und mit wem. Sie wissen schon. Sie haben doch auch eins bekommen. Wie wir alle.« Das Kombinationsschloß erforderte Präzision. Da ihr erster Versuch erfolglos verlaufen war, drehte sie nun sehr sorgfältig noch einmal. O Gott, dachte er, warum kann sie sich nicht beeilen! Doch da schwang endlich die Schranktür auf. Flüchtig sah er die Kante einer kleinen Metallkassette. Shirley entnahm ihr einen Schlüsselbund, kehrte zum Aktenschrank zurück, wählte einen Schlüssel und schob ihn ins Schloß. Die Schublade glitt auf einen leichten Fingerdruck heraus. Inzwischen schien er sie mit seiner Nervosität angesteckt zu haben. Sie warf einen besorgten Blick zur Tür hinüber und blätterte rasch die hängenden Aktenhefter durch.
    »Da ist sie!«
    Er mußte sich zusammennehmen, um sie ihr nicht aus der Hand zu reißen. Sie schlug den Hefter auf und sah das vertraute gelbbraune Formular, das er ebenfalls ausgefüllt hatte, als er die Arbeit beim Kraftwerk antrat: Carolines Bewerbung für ihre gegenwärtige Position. Alles, was er wissen wollte, lag in ihrer sauberen Druckschrift vor ihm ausgebreitet. Caroline Sophia St. John Amphlett, geboren am 14. Oktober 1957 in Aldershot, England, Nationalität britisch.
    Shirley klappte den Aktenhefter zu, legte ihn zurück und schloß die Schublade. Beim Absperren sagte sie: »Jetzt wissen Sie’s also. 14. Oktober. Das ist tatsächlich schon bald. Gut, daß Sie sich vergewissert haben. Wie werden Sie den Tag feiern? Wenn das Wetter gut ist, könnten Sie auf dem Boot ein Picknick veranstalten.«
    Verwirrt erkundigte er sich: »Was für ein Boot? Wir haben kein Boot.«
    »Doch, Caroline hat eins. Sie hat Mr. Hoskins’ alten Kabinenkreuzer gekauft, der in Wells-next-the-Sea liegt. Das weiß ich, weil er einen Zettel in Mrs. Brysons Fenster in Lydstett gehängt hat, und mein Onkel Ted meinte, man könne es sich ja mal ansehen, weil es ziemlich billig war. Doch als er anrief, teilte ihm Mr. Hoskins mit, er habe es an Miss Amphlett aus Larksoken verkauft.«
    »Wann war das?«
    »Vor drei Wochen. Hat sie Ihnen nichts davon gesagt?«
    Noch ein Geheimnis, dachte er sich, ein harmloses vermutlich, aber immerhin seltsam. Sie hatte niemals auch nur das geringste Interesse für Boote oder das Meer gezeigt. Ein alter Kabinenkreuzer, der billig zu verkaufen war. Und jetzt war Herbst, mit Sicherheit nicht die günstigste Jahreszeit, um sich ein Boot zuzulegen.
    Er hörte Shirleys Stimme sagen: »Sophia ist ein hübscher Name. Altmodisch, aber mir gefällt er. Nur sieht sie nicht wie eine Sophia aus, finden Sie nicht?«
    Doch Jonathan hatte mehr gesehen als nur ihren vollen Namen und das Geburtsdatum, denn darunter standen die Namen ihrer Eltern. Vater: Charles Roderick St. John Amphlett, verstorben, Army-Offizier. Mutter: Patricia Caroline Amphlett. Er hatte einen Zettel aus seinem Notizbuch mitgebracht und notierte sich rasch sowohl die Daten als auch die Namen. Das war ein Glücksfall! Er hatte vergessen, daß das Bewerbungsformular so detailliert war. Mit diesen Informationen mußte eine Detektei doch wohl in der Lage sein, ihre Mutter ohne große Probleme zu finden.
    Erst als die Schlüssel wieder im Panzerschrank lagen, konnte er aufatmen. Nun, da er hatte, was er wollte, erschien es ihm undankbar, sofort zu verschwinden. Allerdings mußte er unbedingt fort sein, bevor Mrs. Simpson zurückkam, Shirley die unvermeidliche Frage stellte, was er hier zu suchen habe, und das junge Mädchen zu einer Lüge zwang. Einen Augenblick aber wartete er noch, während sie wieder an ihrem Schreibtisch Platz nahm. Verspielt begann sie Büroklammern zu einer Kette aneinanderzuhängen.
    »Diesen Mord finde ich wirklich furchtbar, ehrlich. Wissen Sie, was? Ich war am Sonntag nachmittag doch tatsächlich dort, ich meine an der Stelle, wo sie umgebracht wurde. Wir haben ein Picknick am Strand gemacht, damit Christopher im Sand spielen konnte. Mum, Dad, Christopher und ich. Das ist mein kleiner Bruder, der ist erst vier. Wir haben auf der Landzunge geparkt, höchstens fünfzig Meter von Miss Robarts’ Cottage entfernt, aber gesehen haben wir sie natürlich nicht. Wir haben den ganzen Nachmittag lang überhaupt keinen gesehen, nur von weitem Mrs. Jago, die mit dem Fahrrad ihr Kirchenblättchen austrug.«
    »Haben Sie das der Polizei mitgeteilt?« erkundigte sich Jonathan. »Ich glaube, das würde die sehr interessieren. Ich meine, zu hören, daß Sie in der Nähe ihres Cottage niemanden

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