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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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vor sich, auf einer umgekehrten Kiste saß. Neben ihm am Steg lag ein Dreißig-Fuß-Segelboot mit Mittelkabine. Mit seiner Arbeit hatte er anscheinend noch nicht begonnen, denn ein relativ sauberer Lappen hing ihm zwischen den Fingern, die zu schlaff schienen, ihn festzuhalten, und er musterte den Motor, als stelle dieser ihn vor ein unlösbares Problem. Als sie vor ihm stehenblieben, blickte er auf, und Rikkards erschrak über die Veränderung, die in dem Mann vorgegangen war. In nur zwei Tagen schien er zehn Jahre gealtert zu sein. Er war barfuß und trug über knielangen Denim-Shorts mit modisch ausgefransten Säumen einen verschossenen dunkelblauen Rollkragenpullover. Aber diese zwanglose Kleidung schien seine Stadtblässe, die über den Wangenknochen straff gespannte Haut und die dunklen Ringe unter den tiefliegenden Augen nur noch zu unterstreichen. Schließlich ist er Freizeitsegler, dachte Rikkards. Sonderbar, daß dieser Sommer, obwohl er ein schlechter war, bei ihm nicht mehr als einen Hauch von Bräune erzeugt hatte.
    Lessingham erhob sich nicht, sondern sagte ohne weitere Einleitung: »Sie hatten Glück, daß Sie mich erreicht haben, als Sie anriefen. Ein Tag Urlaub ist zu schade, um ihn im Haus zu verbringen, vor allem jetzt. Ich dachte, wir könnten uns ebensogut hier unterhalten.«
    »Nicht ganz«, widersprach Rikkards. »Ein bißchen mehr Abgeschiedenheit wäre besser gewesen.«
    »Hier ist es abgeschieden genug. Die Einheimischen erkennen die Polizei, wenn sie sie sehen. Sicher, wenn Sie eine offizielle Aussage von mir verlangen oder mich verhaften wollen, würde ich das Polizeirevier vorziehen. Ich halte mein Haus und mein Boot gern sauber.« Und dann setzte er noch hinzu: »Ich meine, frei von unangenehmen Empfindungen.«
    »Warum glauben Sie, daß wir Sie unter Umständen verhaften wollen?« erkundigte sich Oliphant gleichmütig. »Und weswegen?« Sein verspätet hinzugefügtes »Sir« klang tatsächlich wie eine Drohung.
    Rikkards verspürte einen Anflug von Ärger. Es paßte zu diesem Mann, eine günstige Eröffnung nicht ungenutzt vorübergehen zu lassen, doch dieses kindische Vorgeplänkel würde sich nicht gerade fördernd auf die Vernehmung auswirken. Lessingham musterte Oliphant und überlegte ernsthaft, ob diese Frage einer Antwort bedürfe.
    »Wer weiß. Wenn Sie sich aufrichtig Mühe geben, könnte Ihnen wohl etwas einfallen, nehme ich an.« Dann schien er sich zum erstenmal der Tatsache bewußt zu werden, daß die beiden Polizisten standen, und erhob sich. »Na schön, kommen Sie mit an Bord.«
    Rikkards war kein Segler, aber auf ihn wirkte das ganze Boot, vor allem das Holz, ziemlich alt. In der Kabine, die sie nur gebückt betreten konnten, stand ein schmaler, die ganze Länge einnehmender Mahagonitisch mit je einer Bank auf beiden Seiten. Nachdem Lessingham ihnen gegenüber Platz genommen hatte, musterten sie sich über die zwei Fuß breite polierte Holzplatte hinweg. Ihre Gesichter waren einander so nah, daß Rikkards meinte, den Geruch der anderen wahrnehmen zu können, eine maskuline Mischung aus Schweiß, warmer Wolle, Bier und Oliphants After-shave, als wären sie alle drei auf engstem Raum zusammengepferchte Zwingertiere. Einen unpassenderen Raum für eine Vernehmung hätte er sich nicht vorstellen können; er fragte sich, ob Adam Dalgliesh der Dinge wohl besser Herr geworden wäre, und verachtete sich selbst für diesen Gedanken. Er spürte Oliphants massigen Körper neben sich, weil ihre Schenkel – der von Oliphant unnatürlich warm – sich berührten, und mußte dem Impuls widerstehen, schnell ein Stückchen von ihm abzurücken.
    »Ist das Ihr Boot, Sir?« erkundigte Rikkards sich. »Dasselbe, mit dem Sie am vergangenen Sonntag abend segeln waren?« »Nicht segeln, Chief Inspector, jedenfalls zum größten Teil nicht; der Wind war zu schwach. Aber ja, dies ist mein Boot, und mit diesem Boot war ich am letzten Sonntag draußen.« »Sie scheinen den Rumpf beschädigt zu haben. Auf Steuerbord haben Sie einen langen, frisch aussehenden Kratzer.«
    »Wie aufmerksam, daß Ihnen das auffällt. Ich habe den Kühlturm draußen vor dem Kraftwerk gestreift. Nachlässig von mir. Schließlich bin ich hier oft genug gesegelt. Wären Sie ein paar Stunden später gekommen, hätte ich ihn schon repariert.«
    »Und behaupten Sie immer noch, zu keinem Zeitpunkt in Sichtweite des Strandes gekommen zu sein, an dem Miss Robarts zum letztenmal schwimmen ging?«
    »Diese Frage haben Sie mir

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