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Vorsatz und Begierde

Vorsatz und Begierde

Titel: Vorsatz und Begierde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P. D. James
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wenn du dies unbedingt vom Standpunkt der Theologie aus betrachten willst, dann denk doch mal an Dietrich Bonhoeffer. Der schreibt: ›Zuweilen müssen wir bereit sein, schuldig zu sein.‹ Nun, ich bin bereit, schuldig zu sein.«
    »Schuldig zu sein, ja. Aber nicht, sich schuldig zu fühlen. Das muß es leichter machen.«
    »Oh, aber ich fühle mich schuldig. Man hat mir von klein auf beigebracht, mich schuldig zu fühlen. Und wenn du im tiefsten Inneren deines Wesens fühlst, daß du nicht mal das Recht hast, zu existieren, dann spielt ein Grund mehr, sich schuldig zu fühlen, kaum eine Rolle.«
    Ich werde niemals vergessen, was heute abend hier geschieht, dachte Meg. Aber ich muß alles hören. Selbst das schmerzlichste Wissen ist besser als ein Halbwissen. Laut sagte sie: »Als ich an jenem Abend herkam, um dir zu sagen, daß die Copleys zu ihrer Tochter fahren werden …«
    »Am Freitag nach der Dinnerparty«, fiel Alice ihr ins Wort. »Vor dreizehn Tagen.«
    »Länger ist das nicht her? Mir kommt es vor wie eine andere Zeitdimension. Da hast du mich gebeten, zu dir zu kommen und mit dir zu Abend zu essen, wenn ich aus Norwich zurückkehre. War das als Teil deines Alibis geplant? Hast du sogar mich ausgenutzt?«
    Alice sah sie an. »Ja«, bestätigte sie. »Tut mir leid. Du wärst so gegen halb 10 hiergewesen, also hätte ich genügend Zeit gehabt, zurückzukommen und eine warme Mahlzeit fertig zu haben.«
    »Die du früher am Abend zubereitet hättest. Problemlos, nachdem Alex im Kraftwerk und aus dem Weg war.«
    »So hatte ich’s geplant. Als du ablehntest, habe ich dich nicht gedrängt. Das hätte später verdächtig gewirkt, zu sehr nach dem Versuch ausgesehen, mir ein Alibi zu sichern. Außerdem hättest du dich nicht überreden lassen, nicht wahr? Das tust du nie. Aber allein die Tatsache dieser Einladung hätte geholfen. Eine Frau lädt sich normalerweise keine Freundin zum zwanglosen Abendessen ein, wenn sie gleichzeitig Mordpläne schmiedet.«
    »Und wenn ich akzeptiert hätte, wenn ich hier um halb 10 aufgetaucht wäre? Das wäre dir in Anbetracht der späteren Abänderung deines Planes doch wohl recht ungelegen gekommen, nicht wahr? Du hättest nicht zum Scudder’s Cottage fahren können, um Ryan ein Alibi zu verschaffen. Und du hättest dich nicht der Schuhe und des Gürtels entledigen können.«
    »Die Schuhe wären das größte Problem gewesen. Ich dachte nicht, daß sie jemals mit dem Mord in Verbindung gebracht werden könnten, aber ich mußte sie unbedingt vor dem nächsten Morgen loswerden. Ich hätte niemals erklären können, wie ich in ihren Besitz gekommen war. Vermutlich hätte ich sie gewaschen, versteckt und auf eine Gelegenheit gewartet, sie am Tag darauf zur Trödelkiste zurückzubringen. Natürlich hätte ich eine Möglichkeit suchen müssen, Ryan ein Alibi zu verschaffen. Ich hätte dir vermutlich erklärt, ich könne ihn telephonisch nicht erreichen und wir müßten sofort hinfahren und ihm mitteilen, daß der Whistler tot sei. Doch das ist alles rein akademisch. Ich habe mir keine Sorgen gemacht. Du hast gesagt, daß du nicht kommst, und ich wußte, daß du nicht kommen würdest.«
    »Aber ich bin gekommen. Nicht zum Abendessen. Aber ich bin gekommen.«
    »Ja. Warum eigentlich, Meg?«
    »Eine gewisse Niedergeschlagenheit nach einem anstrengenden Tag, Niedergeschlagenheit, weil die Copleys abgereist waren, das Bedürfnis, dich zu sehen. Ich war nicht auf ein Essen aus. Ich hatte schon vorher etwas gegessen und bin dann über die Landzunge gewandert.«
    Aber sie mußte noch eine Frage stellen. »Du wußtest, daß Hilary schwimmen ging, nachdem sie den Beginn der Abendnachrichten gesehen hatte. Vermutlich wußten die meisten Leute, daß sie am Abend gern schwimmen ging. Und du hast dir die Mühe gemacht, dafür zu sorgen, daß Ryan für Viertel nach 9 oder kurz danach ein Alibi hatte. Aber mal angenommen, die Leiche wäre erst am nächsten Tag gefunden worden? Normalerweise wäre die Robarts doch bestimmt erst vermißt worden, wenn sie am Montag morgen nicht im Kraftwerk erschien, und dann hätte man angerufen, um sich zu erkundigen, ob sie krank sei. Es hätte sogar Montag abend werden können, bevor jemand Erkundigungen anstellte. Oder sie hätte am Morgen schwimmen gehen können und nicht am Abend.«
    »Der Pathologe kann den Zeitpunkt des Todes gewöhnlich relativ präzise feststellen. Und ich wußte, daß sie noch am Abend gefunden werden würde. Ich wußte, daß Alex ihr

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