Vorsicht, heiß!
Paulos Händen auf den Hüften auszuhalten und mehrmals durch das erste Geschoss des Parkhauses zu fahren. Mit jeder geglückten Runde verstärkte sich ihr Triumphgefühl, sodass sie sich schließlich bis ganz nach oben traute. Wieder im unteren Geschoss angekommen, wandte sie sich strahlend zu Paulo um. „Das war super!“, sagte sie mit ihrem stärksten Akzent.
Doch ihr Lächeln verschwand, als ihr Blick seinem begegnete. Seine dunklen, von dichten Wimpern gesäumten Augen schienen zu lodern. Alyssa spürte seine Hände so heiß auf ihren Hüften, als würden sie sie durch den Stoff ihrer Hose verbrennen. Und beim Anblick seiner sinnlichen Lippen, die ihren so nahe waren, wurde ihr noch heißer.
Plötzlich bereute sie, dass sie Paulo das Versprechen abgerungen hatte, sie nicht zu küssen. Denn sie sehnte sich danach, seinen Mund noch einmal auf ihrem zu spüren, seine großen Hände zwischen ihren Händen. Unruhig verlagerte sie etwas das Gewicht – und presste sich dadurch unwillkürlich so eng an Paulo, dass sie seine starke Erregung spürte. Als Begehren sie durchzuckte, hätte sie beinah laut aufgestöhnt.
Paulo ließ die Hände auf ihren Hüften höher gleiten und hielt sie fest. „Wenn du mich nicht küssen willst, solltest du mich nicht so ansehen“, sagte er rau.
Mit heftig klopfendem Herzen wandte Alyssa sich zu ihm um. Das Verlangen, das sie sich lange versagt und das sich über lange Zeit aufgebaut hatte, wurde nun schier übermächtig. „Vielleicht habe ich meine Bedingungen ja noch einmal überdacht.“
Einige Herzschläge später kniff Paulo ganz leicht die Augen zusammen, als würde er über ihr unverhohlenes Angebot nachdenken. „Nein“, sagte er schließlich leise, und sie verspürte einen Stich. „Ich habe dir etwas versprochen und werde es auch halten.“ Und dann stieg er vom Motorrad.
Benommen und wie berauscht von heißem Verlangen sah Alyssa ihn an.
„Du solltest jetzt Mittag essen gehen“, sagte Paulo. Als er sich nach vorn beugte und seinen Helm nahm, der hinten am Motorrad befestigt war, kam sein Gesicht ihrem schmerzlich nahe. „Bevor ich es mir anders überlege.“
Alyssa verstärkte den Griff um den Lenker und unterdrückte mit aller Macht den Impuls, den Mund ganz nahe an seinen zu bringen. Ihr Stolz half ihr dabei. Sie hob das Kinn und erwiderte: „Und wenn ich es mir anders überlege?“
Paulo sah sie an, als würde er all ihre Geheimnisse kennen. „Wir wissen doch beide, dass das nicht passieren wird.“
4. KAPITEL
Das war’s. Sie würde nie wieder versuchen, bei Paulo Domingues die Oberhand zu bekommen.
Alyssa saß an einem Tisch vor einem Kaffee und zerpflückte ihre Serviette in unzählige Fitzelchen, weil sie so aufgewühlt war. In einiger Entfernung glänzte die wunderschöne goldfarbene Markise des Samba Hotel in der Sonne. Alyssa hatte das dringende Bedürfnis gehabt, über Mittag zu flüchten. An ihrem Schreibtisch hätte sie sich auf keinen Fall entspannen können.
Der Kuss im Park war also kein Ausrutscher gewesen. Sie konnte sich selbst in Paulos Gegenwart nicht mehr vertrauen. Sie hatte praktisch darum gebettelt , dass er sie küsste! Nicht nur mit Worten, sondern auch mit ihrem Tonfall, ihrem Blick, mit der Art und Weise, wie sie sich ihm zugeneigt hatte.
Leise stöhnend stützte Alyssa die Ellbogen auf den Tisch und barg das Gesicht in den Händen, als sie daran dachte, wie sie – erfüllt von brennendem Verlangen – von Paulo zurückgewiesen worden war …
Die Erinnerung an diese schmerzliche Enttäuschung verstärkte ihr Gefühlschaos noch. Wie hatte sie ihn nur so schamlos ermuntern können, nachdem sie ihm kurz vorher das Versprechen abgenommen hatte, sie nicht zu küssen?
Als nach ihrer Verhaftung am College Gerüchte zu kursieren begannen, hatte es sofort Wirkung gezeigt: Die anderen hatten sie sofort in eine bestimmte Schublade gesteckt. Denn wer stahl, war bestimmt auch leicht zu haben. Zwar entbehrten die Gerüchte jeder Grundlage, doch ihre Kommilitonen hatten sich einen Spaß daraus gemacht, die Geschichten weiterzugeben und auszuschmücken. Alyssa rieb sich die erhitzten Wangen und überlegte, was Paulo wohl von ihr denken mochte.
Sie hatte es geschafft, mit dem Samba Hotel ihren Traumkunden zu gewinnen, um sich dann vom heißesten aller Traumtypen von ihren Prioritäten ablenken zu lassen. Ihn zu überlisten hatte Spaß gemacht. Aber sie würde Paulo sicher nicht imponieren, indem sie sich mit ihm im Bett vergnügte.
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