Vorzeitsaga 01 - Im Zeichen des Wolfes
Beine.
Er entdeckte eine Frau, die den vom Westen kommenden Weg, den er absichtlich nicht genommen hatte, beobachtete.
»Tanzende Füchsin«, keuchte er. Es war kaum mehr als ein Glucksen. »Tanzende Füchsin!«
Geschmeidig wie eine Katze fuhr sie herum. Die Speere hielt sie wurfbereit in der Hand.
Er krümmte den Rücken, um das Gewicht des Felles ein wenig zu verlagern, und schwankte auf sie zu.
»Rabenjäger?«
»Ich … bin's«, stieß er schwer atmend hervor. Er ließ das schwere Fell von der Schulter fallen, setzte sich auf den Boden und sah grinsend zu ihr auf. In seinem Hinterkopf ertönte Eisfeuers Warnung, das Fell würde seine Seele aufsaugen, falls er es fallen lasse, aber das war ihm im Augenblick gleichgültig.
Er war nicht mehr imstande, dieses Gewicht noch einen Schritt weiterzuschleppen.
Mit hochmütig gerecktem Kinn stand sie vor ihm. Ihre Augen waren so kalt wie der Gletscherschnee. Windfrau peitschte dicke Schneeflocken in sein Gesicht. Er konnte die unter ihm liegende Ebene kaum noch erkennen.
Er hustete und rang keuchend nach Luft. Stolz klopfte er auf das zusammengerollte Fell. »Da! Sieh her! Das ist die Seele des Mammutvolkes. Und sie gehört mir!«
Gleichmütig musterte sie das dicke Bündel. »Aha.«
Er bemerkte ihren Argwohn und sah, daß sie die Speerspitzen wurfbereit in der Hand hielt.
Er wischte sich den Schweiß von der feuchten Stirn. Sein Atem bildete weiße Dampfwölkchen in der kalten Luft. »Das ist ihr Totem, verstehst du? Ich ging zu ihnen, um zu sterben. Zuvor wollte ich ihren Eisfeuer töten. Ich wollte allen beweisen, daß ich noch immer der größte Krieger unseres Volkes bin trotz der schäbigen Tricks von Der im Licht läuft. Aber ich habe es mir anders überlegt. Ich stahl ihr allerheiligstes Totem, das Weiße Fell, das Herz ihres Volkes. Ich bringe es durch das Loch im Eis nach Süden. Dieses Fell verschafft mir wieder den mir gebührenden Platz als Führer des Volkes!« Er schüttelte den Kopf und schnaubte verächtlich. »Soviel zu meinem Bruder.«
»Du hast ein Mammutfell der Anderen gestohlen?« Zweifelnd sah sie ihn an.
»Ihr Heiliges Fell«, verbesserte er sie nachdrücklich. »Begreifst du denn nicht? Ich habe sie vernichtet, einfach so. Sie werden sich nie wieder gegen uns stellen. Ich habe ihre Seele gestohlen und damit ihren Willen zum Widerstand gebrochen. Und jetzt« er grinste breit »habe ich dich. Begreifst du endlich? Meine Visionen treffen ein. Mit diesem Fell vernichte ich Der im Licht läuft. Ich besiege das Mammutvolk. Ich beanspruche die Führung. Ich bringe alle auf die andere Seite des Eises. Und du gehörst mir. Niemand wird es wagen, sich gegen mich zu stellen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Niemals.«
»Du gehörst mir. Für immer«, widersprach er, und ein siegreiches Lächeln umspielte seine Lippen.
»Ich breche Der im Licht läuft. Er fällt in Ungnade.«
»Warum? Du brauchst nicht…«
»Doch. Das ist Teil meines Traumes. Wir kämpfen, und ich siege. Ich sah es vor mir in jener Nacht, nachdem ich das Fell gestohlen habe. Ich sah alles ganz klar. Ja« er lachte schrill »ganz klar und deutlich.«
Sie wich vor ihm zurück. Ihr schwarzes Haar wehte wie eine Fahne im Wind. Wolfsträumers Worte kamen ihr in den Sinn. »Die kataklystischen …«
Er lachte ausgelassen. »Erinnerst du dich an die Nächte, als wir die Decken teilten? Erinnerst du dich?«
Er tätschelte das schimmernde Weiße Fell. Der Gedanke an ihren warmen Körper entzückte ihn.
Kichernd rollte er das Weiße Fell aus. Die schneeweißen Haare glänzten im matten Licht.
Mit schwülstiger Stimme rief er: »Komm, Tanzende Füchsin. Du hast mir gefehlt. Es ist lange her, seit ich deine Beine spreizte. Jetzt werden meine Visionen wahr. Komm, leg dich zu mir. Mein Körper verlangt nach deinem. Ich habe nie eine Frau so sehr geliebt wie dich. Du und ich, wir sind das Schicksal unseres Volkes. Gezeugt auf dem Weißen Fell, wird unser Kind …«
» … niemals existieren«, zischte sie und trat noch einen Schritt zurück.
Liebevoll streichelten seine Hände die langen weißen Haare des Felles. »Doch. Ich sah es. Komm her.
Beeil dich.«
Sie wandte sich um und lief leichtfüßig über die Felsen.
»Nein!« schrie er. Unbändige Wut mobilisierte die letzten Kräfte seines erschöpften Körpers. Er rannte hinter ihr her. Sie entfernte sich rasch. Seine Beine zitterten, die Lungen schmerzten bei jedem Atemzug.
Das Herz drohte ihm zu zerspringen, aber er holte das
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