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Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde

Titel: Vorzeitsaga 03 - Das Volk der Erde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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sie versagte kläglich. »Singende Steine, das ist alles gut und schön. Aber es fällt mir schwer, meine volle Blase und mein schmerzendes Hinterteil als Illusion zu betrachten.«
    Singende Steine kicherte vergnügt. »Zumindest hörst du mir zu und gibst dir Mühe. Also gut, geh …
    kümmere dich um die Bedürfnisse deines Körpers. Ich erinnere mich noch gut an die Schwierigkeiten, die ich anfangs hatte. Die Träume brachten mich auf den Weg zum Großen Einen, aber ich brauchte Jahre, um anzukommen.«
    Sie erhob sich und schwankte auf blutleeren Beinen einen Schritt vorwärts. »Eines verstehe ich ganz und gar nicht. Du besitzt die Macht. Du weißt, wie du über dich hinausgehen kannst, wie du mit dem Großen Einen in Berührung kommst. Wozu brauchst du mich?«
    Er blickte über das unter ihnen liegende gewaltige Tal. »Weil ich ein alter Mann bin. Du und Stilles Wasser müßt euch einer Herausforderung stellen, wie sie bisher nur von wenigen Träumern verlangt worden ist: Ihr müßt gleichzeitig träumen und unter Menschen leben.« »Warte einen Moment. Ich bin gleich zurück, dann reden wir weiter.« Sie zuckte zusammen, als das Blut wieder durch die Adern ihrer verkrampften Beine zu strömen begann. Alles, was geschieht, geschieht meinetwegen. Salbeigeist raubte mich aus dem Dreigabelungenlager. Windläufer ging fort. Der Weißlehm-Stamm wurde ausgelöscht. Tapferer Mann griff das Wolfsvolk an. Stilles Wasser rettete mich unter Einsatz seines Lebens. Ich führte ihn zum Wolfsbündel. Unbehagen ergriff sie. Sogar hier oben auf dem Berg spürte ihre Seele die Gegenwart des Wolfsbündels.
    Nachdem sie sich erleichtert hatte, kehrte sie zurück und setzte sich wieder neben den alten Träumer.
    Er schien in der Zwischenzeit keinen Muskel bewegt zu haben.
    »So, nun erzähl weiter.« Weiße Esche zog die Beine an und legte die Arme um die Knie. Sie konnte die Augen nicht von der Landschaft abwenden, die, von einzelnen Wolkenschatten betupft, mit melancholischer Langmut zu atmen schien.
    Singende Steine blickte sie aus leuchtenden Augen an. Jeder kann träumen. Dazu gehört nur der unbedingte Wille, sich auf die Suche zu begeben. Das Große Eine umgibt uns aber wie ich dir bereits gesagt habe, unsere Sinne leugnen seine Existenz. Ein Träumer muß die einzelnen Schichten seiner Befangenheit abschälen. Du hast sicher schon wilde Zwiebeln geschält, Schale um Schale entfernt.
    Und was findest du im Kern?«
    Sie nagte auf der Unterlippe und überlegte. »Eine Zwiebel hat keinen Kern, nur eine letzte Schale. Da ist nichts, außer einer Zwiebel.«
    »Genauso verläuft der Weg zum Großen Einen.« Singende Steine schloß die Augen. Seine Nasenflügel bebten, als er tief die Luft einsog. »Alles, was Weiße Esche ist, muß abgeschält werden. Deine Seele muß rein sein, still. Sie muß horchen, ohne zu hören. Du mußt deine Existenz vergessen. Irgendwann wird es dir gelingen. Deine Seele ist dem Großen Einen bereits sehr nah.«
    »Du hast gesagt, ich müsse mich einer Herausforderung stellen, die bisher nur von wenigen Träumern verlangt wurde.«
    Singende Steine zog die Augenbrauen hoch und lächelte versonnen. »Ich habe das Bedürfnis der Macht gefühlt. In meinen Visionen sah ich blitzartig aufleuchtende Bilder von der Zukunft. Ich sah, was geschieht, wenn das Sonnenvolk den Traum des Ersten Mannes weiter leugnet. Du mußt zum Sonnenvolk zurückkehren und Tapferer Mann entgegentreten. Träume die Macht des Sonnenvolkes in die Spirale. Das gelingt dir nur, wenn du bei diesem Volk lebst.«
    Nervös rieb sie mit den Händen die Arme. »Ich habe schon bei ihnen gelebt.«
    »Nicht als Träumerin«, entgegnete Singende Steine. »Ein Mensch, der den Traum sucht, geht an einen Ort wie diesen… weit weg von den Ablenkungen, die dafür sorgen, daß die Illusion bestehen bleibt. In der Abgeschiedenheit ist es leichter, sich zu konzentrieren. Da gibt es keine lachenden Frauen, keine weinenden Kinder, keine ständig redenden Männer und keine jaulenden und raufenden Lagerhunde.
    Beim Zusammenleben mit anderen Menschen gibt es immer Probleme, die dich behindern. Hier oben bist du frei davon.«
    Ihre Seele zog sich krampfhaft zusammen. Leben bei diesem Volk? Tapferer Mann entgegentreten?
    Sie schloß die Augen und atmete tief durch. Nie lebe ich beim Stamm der Gebrochenen Steine. Vorher bringe ich mich um. »Ich verstehe das Problem nicht. Das Sonnenvolk ist gesund und stark. Sie haben ihre Seelenflieger, die für sie träumen.

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