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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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vor Entsetzen den Mund. Unruhig knetete sie die Hände in ihrem Schoß.
    »Plötzlich hörte ich Nachtschatten lachen. Ein fröhliches Lachen, als seien alle ihre Ängste wie weggeblasen. Als ich die Türvorhänge beiseite zog und in den vom Feuerschein beleuchteten Raum blickte, schnürte es mir fast die Kehle zu.
    Ich weiß nicht, was sie waren. Riesige Körper ohne Arme und Beine. Sie tanzten um ihr Bett, und ihre Schnäbel klapperten dröhnend wie Donner, während sie im Rhythmus einer Musik, die ich nicht hören konnte, tanzten und hüpften.«
    Primel ließ die Schale fallen. Klirrend zerbarst sie auf dem Boden. Er stand starr und reglos da, als hätten die Worte etwas in seiner Seele zerrissen.
    Winterbeeres Mund stand offen; sie schien zurückversetzt in jene schreckliche Nacht.
    Klapperschlange warf einen flehenden Blick auf Primel und formte lautlos die Frage: »Was ist los mit ihr?«
    Hilflos schüttelte Primel den Kopf; Winterbeere blinzelte und kam zu sich, als kehre sie von einer langen Seelenreise zurück.
    »Ich … ich schrie auf - vor Angst, versteht ihr. Und die dunklen Schatten … Ein rosaroter Dämon mit verzerrtem Gesicht flog auf mich zu. Er trieb mich vor sich den Flur hinunter, krallte sich in meine Haare und in mein Kleid. Ich schrie mir die Kehle wund. Am nächsten Tag starb mein Baby - mein Hopfenblatt. Verhext von Nachtschatten, weil ich die bösen Geister gesehen hatte, die sie zu sich rief, um Gesellschaft zu haben.«
    Eine unheilvolle Stille folgte ihren Worten. Winterbeere hob den Kopf und blickte Grüne Esche direkt an. Primel schlug die bebenden Hände vor seinen Mund und sah hilfesuchend zu Heuschrecke auf, die mit schmalen Augen über den Rand des Schlafpodests lugte.
    »Verhext«, wiederholte Winterbeere. »Mein Baby starb!«
    Grüne Esche richtete sich mit einem Ruck auf. Eine warme Flüssigkeit strömte aus ihrer Vagina und tränkte ihr gelbes Kleid. »O Primel! Hilf mir! Ich brauche die Geburtshelferinnen. Ich glaube …«
    Sie torkelte wie benommen auf die Füße und blickte nach unten. Es war kein Wasser, das über ihre Beine tropfte, sondern Blut.
    Ein gequältes Ächzen drang aus Grüne Esches Kehle. »Schnell. Die Schmerzen. Ah!«
    Das Zimmer begann sich um sie zu drehen, und sie sank zu Boden. Sie hörte die Schreie der Kinder und sah Primels Gesicht über sich, der halbverrückt vor Angst auf sie herunterblickte und mit heiserer Stimme nach Heuschrecke schrie. Er legte einen Arm unter Grüne Esches Kopf und sagte mit zitternder Stimme zu Heuschrecke: »Hol die alte Nisse. Schnell. Sie wohnt am Südende der Palisaden.«
    Heuschrecke eilte davon. Grüne Esche hörte das Knirschen ihrer Sandalen draußen auf dem Kies.
    Beruhigend strich Primel seiner Schwester über das Haar. »Es ist alles gut. Alles wird gutgehen. Bleib ganz ruhig.«
    Doch im Hintergrund dieser tröstenden Worte hörte Grüne Esche Winterbeere leise murmeln:
    »Nachtschatten … sie ist eine Kindesmörderin.«
    Immer wieder durchzuckten grelle Schmerzen Grüne Esches Unterleib, aber das Baby kam nicht. Bei Einbruch der Dämmerung ließen die Schmerzen nach. In der Nacht wurde sie von entsetzlichen Alpträumen heimgesucht, in denen armlose Kreaturen im Mondschein tanzten und die Kinder in den Straßen tot umfielen.
    Auf Zehenspitzen schlich Tharon durch die halbdunklen Flure und blies die in den schönen Feuerschalen aus Keramik flackernden Lichter aus. Kessel würde glauben, ein Windstoß habe sie ausgelöscht. Meckernd würde sie morgen herumgehen und die Dochte wieder anzünden. Er lächelte boshaft und blickte befriedigt auf den ölig blauen Rauch, der von den verglimmenden Dochten aufstieg.
    Als er vor ihrer Tür angekommen war, schlich sich leichte Nervosität in seine Begierde.
    Schweißperlen standen auf seiner Stirn. Prüfend blickte er die Flure entlang und vergewisserte sich, daß niemand um diese Stunde umherwanderte. Erst dann griff er nach den Türvorhängen, riß sie ruckartig zur Seite und duckte sich hinein.
    Schlafend lag sie auf ihrer Bettstatt; ihr schwarzes Haar rahmte ihr verschwollenes Gesicht ein wie ein Schleier. Anscheinend hatte sie sich wieder in den Schlaf geweint. Er lächelte geringschätzig.
    Mit Maiskörnern ausgestopfte Puppen beobachteten ihn aus starren Obsidianaugen. Sie hatte die Puppen der Größe nach geordnet nebeneinander an die Wände gesetzt. Eine riesige zwölf Hand große Puppe lag in Reichweite neben ihrem Bett. Ob sie wohl mit ihr schmuste und ihr ihre

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