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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Mokassin den ihren ermutigend anstieß, blickte er Dachsschwanz unverwandt an. »Und wenn ich mich weigere, den Aufenthaltsort des Wolfes preiszugeben?«
    Schroff drehte sich Dachsschwanz um. Heuschrecke sah die Unentschlossenheit auf seinem Gesicht.
    Nachtschatten wollte Wanderer unbedingt in Cahokia haben. Dachsschwanz konnte ihn nicht umbringen, gleichgültig, ob er den Mund aufmachte oder nicht. Rasch, aber forschend glitt Dachsschwanz' Blick über Wühlmaus.
    »Willst du um das Leben dieser Frau feilschen? Ist dir das so wichtig? Gut, Wanderer. Ich bewillige es dir. Sag mir, wo der Wolf ist.«
    Wanderer schüttelte den Kopf. »Nein. Nicht dir, Dachsschwanz. Das kann ich nicht. Der Wolf ist der Gegenstand einer sehr bedeutenden Macht. Das ist keine Angelegenheit der Krieger. Aber ich werde es Nachtschatten sagen. Sie ist Cahokias höchste Priesterin geworden, oder irre ich mich?«
    »Nein, aber -«
    Das Gebrüll eines Kindes übertönte alle anderen Geräusche. Ungehalten über die Störung stellte sich Dachsschwanz auf die Zehenspitzen und starrte in die Richtung, aus der das Geschrei ertönte. Dicht am von Gestrüpp überwucherten Bachufer kniete Südwind; er schien mit jemandem zu kämpfen.
    Gleich darauf zerrte er einen jungen Burschen am Genick aus dem Dickicht. Der Junge schlug wild um sich, trat und biß und versuchte mit allen Tricks, sich Südwinds eisernem Griff zu entziehen.
    Als Südwind seine Kriegskeule hob, um den Jungen zu erschlagen, schrie Heuschrecke: »Nein! Warte!
    Bring ihn her!«
    »Warum?« erkundigte sich Dachsschwanz.
    »Kinder sind weniger gute Lügner als Erwachsene. Vielleicht weiß er, wohin der Steinwolf verschwunden ist.«
    Südwind stapfte zum Wäldchen hinüber und schleuderte den Jungen fluchend zu Boden. Der Junge, elf oder zwölf Sommer alt, war groß für sein Alter. Er hatte kleine dunkle Augen und eine krumme Nase. Schwer atmend richtete er sich auf die Knie auf.
    »Wie heißt du?« fragte Heuschrecke barsch.
    »Schleiereule«, antwortete der Junge. Ängstlich leckte er sich die Lippen. Da fiel sein Blick auf Wanderer und Wühlmaus, und Hoffnung leuchtete in seinen Augen auf.
    Heuschrecke wechselte einen vielsagenden Blick mit Dachsschwanz. »Schleiereule, was ist aus dem Steinwolf geworden?«
    »Warum fragst du nicht sie?« erwiderte der Junge und wies mit einer ruckartigen Kopfbewegung auf Wühlmaus. »Sie ist seine Hüterin.«
    Dachsschwanz ließ sich nicht herab, Wanderer oder die Frau eines Blickes zu würdigen. Er gab Heuschrecke ein Zeichen, beiseite zu treten, und kniete vor Schleiereule nieder. Scharf blickte er in die jungen, angsterfüllten Augen. »Welches Haus gehörte Wühlmaus?«
    »Das am Südende des Dorfes - nahe am Bach.«
    Dachsschwanz sah Heuschrecke fragend an. Sie schüttelte den Kopf. »Wir haben es durchsucht. In den Ascheresten des Hauses haben wir nichts gefunden.«
    Erneut wandte sich Dachsschwanz an Schleiereule. »Wo könnte er sein, wenn er sich nicht im Haus befand?«
    »Ich weiß es nicht. Vielleicht hat Flechte ihn.«
    Wanderer taumelte auf die Beine. Das runzlige Gesicht des alten Mannes war so weiß geworden wie Schnee. Dachsschwanz' Miene verhärtete sich.
    »Wo ist Flechte?« fragte er gefährlich leise.
    Wanderer schwieg.
    Dafür sprudelte es aus Schleiereule heraus: »Sie ist ihre Tochter.« Er deutete auf Wühlmaus, die in ihrer Angst entsetzt die Augen schloß.
    »Wo ist Flechte, Schleiereule?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte der Junge. »Ich sah sie gestern nacht weglaufen, aber ich weiß nicht, wohin sie rannte.«
    Dachsschwanz erhob sich und richtete sich zu voller Größe auf. Seine Lippen zuckten. Mit rauher Stimme befahl er Heuschrecke: »Kümmere dich um den Jungen. Anschließend stellst du einen Suchtrupp zusammen. Sag den Kriegern, sie sollen nach einem kleinen Mädchen Ausschau halten.«

KAPITEL 27
    Die Morgendämmerung tauchte die Felsklippe in rosarotes Licht. Die Luft war kalt. Flechtes Atem bildete weiße Wölkchen. Sie hatte ein kleines Feuer entfacht, um Wurzeln zuzubereiten und sich ein wenig aufzuwärmen. Sie beugte sich vor und stieß mit einem Stock Kohlen in das Feuer.
    Orangefarbene Funken stoben auf und flimmerten vor dem Morgenhimmel. Inmitten der Glut rösteten sechs eigroße Prachtschartenwurzeln. Sie warf noch ein paar Wildkirschenzweige darauf, um das kleine Feuer in Gang zu halten. Traurig blickte sie zur höher steigenden Sonne hinüber. Es war der erste Sonnenaufgang, den sie erlebte, ohne daß ihre

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