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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Schattenmuster schien ihn magisch anzuziehen. Heuschrecke betrachtete das abwechselnd helle und dunkle Muster mit Interesse, konnte aber nichts Besonderes darin erkennen.
    »Wanderer«, sagte Heuschrecke.
    Der alte Mann schrie: »Was?«, als habe ihn aus heiterem Himmel ein Blitz getroffen und aus tiefsten Gedanken gerissen. »Was willst du von mir, Heuschrecke?« Seine Körperhaltung drückte größte Angst aus.
    Sie seufzte resigniert. »Ich wollte nur wissen, ob du irgend etwas von einem Steinwolf gehört hast.
    Angeblich soll Redweed Village in den Besitz davon gekommen sein.«
    »O ja, vor vielen Zyklen.« Wanderer ließ sich wieder gegen den Felsen sinken und wischte sich mit seinem zerrissenen Ärmel über die Stirn. »Aber das ist schon sehr lange her. Der Wolf ist längst verschwunden.«
    »Seit wann? Soll das heißen, er befindet sich seit Zyklen nicht mehr in diesem Dorf?«
    »Hier? Nein. Irgend jemand hat ihn gestohlen. Liegt schon lange Zeit zurück. Das stimmt doch - oder, Wühlmaus?«
    Die Frau streckte ihre gefesselten Hände aus, um ihr mit Brandwunden übersätes Bein ein wenig gegen die Sonne abzuschirmen. Finster blickte sie auf die im Lager umherwimmelnden Krieger. Den ganzen Morgen herrschte ein unaufhörliches Kommen und Gehen, Boten überbrachten flüsternd Nachrichten, rohes Gelächter ertönte. Nicht einer hatte sich das Blut von der Haut gewaschen.
    Wühlmaus wandte sich Heuschrecke zu, in ihren Augen kochte der Haß. »Ja, so ist es. Der Wolf wurde gestohlen.«
    Heuschrecke verschränkte die Arme. »Ich glaube euch kein Wort. Der Häuptling Große Sonne weiß es von einem Händler. Erst vor ein paar Tagen hat man ihm erzählt, ihr wärt im Besitz eines Steinwolfs, dem große Macht innewohnt.«
    »Also, wenn er hier wäre«, bemerkte Wanderer belehrend, »dann könnte er wohl kaum über sehr viel Macht verfügen. Wer wüßte besser als du, was Redweed Village zugestoßen ist?«
    Heuschrecke achtete nicht auf diesen logischen Einwand. »Wir haben den ganzen Tag die Asche des Dorfes durchsucht und nichts gefunden.«
    »Keine allzu große Überraschung, oder?« Unter abenteuerlichen Verrenkungen schaffte es Wanderer, trotz seiner gefesselten Hände den Beutel an seinem Lendenschurz zu öffnen und eine Handvoll getrockneter Holunderbeeren herauszuholen. Er begann die Beeren zu sortieren und gruppierte sie auf seinem rechten Handteller gewissenhaft in verschiedene Häufchen.
    »Warum ist das nicht überraschend?«
    »Was?« fragte Wanderer, die Augen unverwandt auf eines der vier Beerenhäufchen gerichtet.
    Mürrisch schnippte er mit einem Finger dagegen.
    »Warum es keine Überraschung ist, daß wir nichts gefunden haben!«
    Wanderer blickte kopfschüttelnd auf seine Beeren. »Heuschrecke, ist dir klar, daß deine Schwägerin Zwillinge erwartet? Du solltest bald nach Hause gehen, sonst verpaßt du das Ereignis. Ich …« Seine Stimme brach ab, und seine Augen weiteten sich voller Angst.
    Heuschrecke wagte kaum zu atmen. Wanderers Miene veränderte sich, als sähe er Ungeheuer aus der Unterwelt heraufsteigen, die seine Seele forderten. »Was ist? Stimmt etwas nicht? Geht es um Grüne Esche?«
    »Nein, ich … ich sah nur ein flüchtiges Schimmern.«
    »Wovon?«
    »Von eintausend kommenden Tagen - und mehr«, antwortete Wanderer. Sein Blick ruhte aufmerksam auf Heuschrecke.
    Bestürzt packte Heuschrecke Wanderer an der Schulter und gab ihm einen Schubs. Er fiel mit dem Rücken gegen den Fels, und ein paar Beeren kollerten aus seiner Hand auf das Gras. »Hör mal, Wanderer, wir müssen diesen Steinwolf finden. Wo ist er? Was hast du mit ihm gemacht?«
    Wanderer blinzelte sie fragend an. »Was soll ich mit ihm gemacht haben?«
    Der alte Mann beugte sich vor und versuchte, seine Holunderbeeren wieder aufzusammeln.
    Heuschrecke warf fassungslos die Arme in die Luft. »Das ist einfach lächerlich. Warum versuche ich es überhaupt?«
    »Also, höchstwahrscheinlich, weil Dachsschwanz dir den Befehl dazu gegeben hat. Armer Dachsschwanz. Tief in seinem Innern spürt er, daß dieser Kampfgang sein letzter ist. Es muß sehr schwer für ihn sein.« Geduldig ordnete Wanderer seine Beeren wieder zu Häufchen. »Wußtest du, daß die Runzeln auf getrockneten Holunderbeeren hauptsächlich fünf Formen haben? Klar abgesetzte Zickzacklinien, wellenförmige Schlangenlinien …«
    Heuschrecke ließ Wanderer nicht aus den Augen. In aller Gemütsruhe schnippte er sacht an eine einzelne Beere, damit er die Runzeln von

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