Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
der anderen Seite betrachten konnte. »Woher weißt du das?«
    Wanderer blickte beleidigt auf. »Schließlich studiere ich sie seit Zyklen, Heuschrecke. Ich bin ein Experte für Holunderbeeren. Du wärst erstaunt, wenn du wüßtest, wie viele Beeren ich in den letzten hundert Monden untersucht habe.«
    Zornig stieß Heuschrecke hervor: »Ich meinte deine Behauptung über Dachsschwanz! Woher willst du wissen, daß dies sein letzter Kampfgang ist?«
    »Also, es erfordert keine besondere Erkenntnisfähigkeit, um zu sehen, daß er sein Herz an den Krieg verloren hat.«
    Heuschrecke schluckte schwer. Dieser alte Mann hatte gerade so ungerührt über Dachsschwanz' weiteres Schicksal gesprochen, als kündige er einen leichten Sturm an. Erschüttert fragte Heuschrecke:
    »Was bist du bloß für ein Mensch? Wie kannst du so über Dachsschwanz' Tod reden und -«
    »Oh, zum einen«, fiel ihr Wanderer ins Wort, »bin ich kein Mensch. Weißt du, als ich vor Jahren im Großen Schweigen trieb, kam ein Rabe und «
    »O heiliger Donnervogel«, stöhnte Wühlmaus.
    »Du weißt, daß es stimmt, Wühlmaus. Wenn ich mich recht erinnere, habe ich dich damals ganz schön durcheinandergebracht.«
    Vorsichtig öffnete Wanderer den an seinem Lendenschurz befestigten Beutel und ließ die Beeren hineinfallen.
    Erleichtert sah Heuschrecke, daß sich Dachsschwanz aus der Versammlung der Krieger löste und zum Hartriegelwäldchen kam. Noch immer bedeckte getrocknetes Blut seine Brust. Sein Kriegshemd hatte er wie eine Schärpe um die Hüfte gebunden. Er schien äußerst nervös zu sein.
    Dachsschwanz atmete tief durch. Streng sagte er: »Heuschrecke, was hast du herausbekommen?«
    »Über den Steinwolf? Nichts. Die beiden da behaupten, der Wolf sei vor Zyklen gestohlen worden.«
    Dachsschwanz drehte sich um und sah Wanderer scharf an. Der Gesichtsausdruck des alten Mannes veränderte sich nicht, aber als er seine gefesselten Hände in die Falten seines roten Hemdes schob, zitterten sie unübersehbar.
    »Wanderer, ich habe dich auf den Wunsch von Nachtschatten hin gefangengenommen. Sie sagte mir, du hättest den Weg zur Ersten Frau gefunden und ich müßte dich schützen und nach Cahokia bringen.
    Stimmt das? Kennst du den Weg?«
    Schweigend schaute Wanderer Dachsschwanz an. Heuschreckes Blick wanderte mißtrauisch von einem zum anderen. Wissen und Erkenntnis glommen in den Augen der Männer dunkel und mächtig.
    Die alltäglichen Geräusche des Tages verstärkten sich. Das Lied einer Wiesenlerche dröhnte in Heuschreckes Ohren, und das Wispern des Windes in den Hartriegelsträuchern verwandelte sich zu unheilvollem Brausen.
    »Ja«, antwortete Wanderer schlicht.
    »Du kennst den Weg zur Ersten Frau?«
    »Ja, ich kenne ihn.«
    »Wenn das stimmt, müssen wir dich auf schnellstem Weg nach Cahokia bringen. Sobald es regnet und Mutter Erde wieder fruchtbar wird, können wir diesem Wahnsinn vielleicht ein Ende machen.«
    Wanderer blickte angelegentlich auf seine langen, schlanken Finger. »Das glaube ich nicht, Dachsschwanz. Sicher brauchen wir die Führung und Anleitung der Ersten Frau, aber dieser ,Wahnsinn' endet erst mit Tharons Tod. Solange er lebt, wird er weiter die Spirale aus dem Gleichgewicht werfen. Er kann nicht anders.«
    »Wovon sprichst du?«
    Wanderer straffte sich und sah Dachsschwanz prüfend ins Gesicht. »Was will Tharon mit dem Steinwolf?«
    »Er ist … er strebt nach einer besonderen Macht. Ein Händler erzählte ihm von diesem Wolf. Ich weiß nicht, warum er ihn unbedingt haben will das weiß nur er allein.« Dachsschwanz zog die Augenbrauen zu einem geraden Strich zusammen. »Warum? Weißt du, wo er ist?«
    »Wenn ich ja sagen würde, was tätest du dann?«
    »Ich würde verlangen, daß du ihn herausgibst.«
    »Und dann?«
    »Eine Gruppe Krieger beauftragen, dich und den Steinwolf nach Cahokia zu bringen.«
    Wanderer schluckte schwer; die schlaffe Haut an seinem Hals bewegte sich sichtlich. »Und meine Freundin?« Mit einer Kopfbewegung deutete er auf Wühlmaus, die eine gleichmütige Miene zur Schau trug, deren Wangen sich aber verräterisch gerötet hatten.
    Dachsschwanz wandte sich ab und blickte sinnend auf die Schattenmuster der Hartriegelzweige.
    Einzelne Sonnenstrahlen zwischen den schattenspendenden Ästen erzeugten ein Mosaik wie aus Bernsteinstückchen zusammengesetzt. Er sagte: »Sie geht nicht mit.«
    Langsam sackte Wühlmaus in sich zusammen. Wahrend Wanderer vorsichtig einen Fuß zu ihr hinüberschob und mit seinem

Weitere Kostenlose Bücher