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Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss

Titel: Vorzeitsaga 04 - Das Volk vom Fluss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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begeben konnte. Hätte Dachsschwanz die Wahl gehabt zwischen der Bewachung eines unruhigen Geistes und der Gefangennahme der mächtigsten Priesterin der Welt, hätte er sich zwar für ersteres entschieden - allerdings nicht gern.
    Kritisch musterte Heuschrecke das steile Ufer. »Ich glaube, über diesen Erdrutsch da drüben können wir hinaufklettern, da ist es weniger steil.«
    »Ja, gut - gehen wir. Ich will das alles so rasch wie möglich hinter mir haben.«
    Er stapfte voran über die abgerutschte Erde, die wie eine lockere Rampe die Klippe hinaufführte.
    Unter seinen Stiefeln raschelte leise das taufeuchte dürre Gras. Er hatte eine Menge Kondition eingebüßt und mußte nach einem kurzen Stück bereits stehenbleiben und verschnaufen. Prüfend betrachtete er die über ihnen aufragende, mit Knöterich bewachsene Felsklippe.
    Heuschrecke maß ihn mit schmalen Augen abschätzend von oben bis unten. Beim Anblick seiner steifen Knie und der zitternden Hände verhärtete sich ihr Mausgesicht sorgenvoll. »Warum läßt du mich nicht alleine gehen? Ich kann sie auch alleine suchen.«
    »Nein. Kann sein, daß du mich brauchst.«
    »Wir finden sie ohnehin nicht. Immerhin sprechen wir von Nachtschatten. Und was ist, wenn du auf halbem Weg die Klippe hinauf schlappmachst?«
    Spöttisch zog er die Augenbrauen hoch. »Dein Vertrauen in mich war mir immer ein großer Trost, Heuschrecke.«
    Brüsk verschränkte sie die Arme vor der Brust und schielte ihn von der Seite an. »Gut, wenn du unbedingt darauf bestehst, dich zu quälen. Wo fangen wir an? Nachtschatten kann überall sein.«
    Dachsschwanz' suchender Blick glitt über die Felsspalten und Berghänge. »Bestimmt ist sie ganz oben. Da ist sie näher bei Vater Sonne und der Mondjungfrau. Versuchen wir es zuerst über den sanft ansteigenden Hang im Westen.«
    »Wie du meinst. Allerdings hätten wir zwanzig Krieger mit Lanzen und Bogen mitnehmen sollen. Die Jagd nach Nachtschatten ist nicht gerade das, was ich mir unter einem Vergnügungsspaziergang vorstelle.«
    »Wenn ich mich nicht täusche, hast du angeboten, sie lieber allein suchen zu wollen.«
    »Ich habe nicht gesagt, daß mir das Spaß machen würde.«
    Dachsschwanz lachte in sich hinein. Heuschrecke hatte die Begabung, ihn auch dann zum Lachen zu bringen, wenn ihm am wenigsten danach zumute war. Er sagte: »In River Mounds sind nach dem Kampf noch viele Dinge zu erledigen. Ich dachte, wir beide genügen, um sie aufzuspüren. Sollten wir sie bis Sonnenuntergang nicht gefunden haben, machen wir uns morgen mit fünfzig Kriegern noch einmal auf die Suche.«
    »Wie kommst du darauf, daß wir sie überhaupt finden? Ihre Seele reitet auf den Wellen der Unterwelt.
    Wenn sich irgend jemand vor uns verbergen kann, dann sie.«
    »Sie trauert und ist aus dem Gleichgewicht. Ich kann mir nicht vorstellen, daß sie Ausschau nach Fremden hält.«
    »Nu.«, seufzte Heuschrecke zweifelnd, »wir werden ja sehen.«
    Sie begannen den Hang hinaufzuklettern. Heuschrecke übernahm die Führung, umging loses Geröll und den dürren Knöterich. Die Sonne hatte dem Stein so viel Leben eingehaucht, daß Dachsschwanz zum erstenmal an diesem Tag nicht fror.
    Auf einem kleinen Plateau blieb er stehen und sah sich um. Von diesem Aussichtspunkt aus hatte er einen guten Blick auf River Mounds. Kein Laut drang von dort herüber, denn der Nachmittagswind trug alle Geräusche in die andere Richtung. Am Südende des Marsh Eider Lake hinter weiten Flächen abgeernteter Maisfelder erhoben sich die fünfundvierzig Hügel des Dorfes in einem riesigen Halbkreis. Rauch stieg aus dem Tempel empor, wurde vom Wind weggeweht und zog als breiter blaugrauer Streifen über das durch Abtragung freigelegte Schwemmland. Weiter im Osten konnte Dachsschwanz gerade noch Cahokia erkennen.
    Er dankte Vater Sonne, daß seine Eltern vor Zyklen gestorben waren und er ihnen nicht die Nachricht von Rotluchs' Tod überbringen mußte. Ihren Kummer hätte er nicht ertragen. Der immer ausgelassene und zu Spaßen aufgelegte Rotluchs war ihr Lieblingssohn gewesen, Dachsschwanz ging ihnen wie den meisten Leuten mit seiner Ernsthaftigkeit etwas auf die Nerven. Aber Rotluchs' Frau, Mondsamen, mußte er es sagen.
    Heilige Sonne, wie sollte er das machen?
    »Was ist das?« Heuschreckes besorgte Frage erschreckte Dachsschwanz; er duckte sich wie zur Selbstverteidigung.
    »Siehst du das?« fragte Heuschrecke fordernd. »Da oben, auf dem Grat neben dem Findling.«
    Dachsschwanz blinzelte

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