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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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ergreifen?
    Bete…
2. KAPITEL
    Kalter Nieselregen fiel aus den tiefhängenden, grauen Wolken. Die eisigen Tropfen durchweichten Turmfalkes Kleid aus Antilopenleder, als sie sich durch den leuchtend blauen Lavendel mühsam die steile Böschung hinaufarbeitete. Hinter sich hörte sie das Stampfen von schweren Tritten. Sie warf einen Blick über die Schulter. Im weichen, perlgrauen Schimmer der Dämmerung konnte sie die beiden Männer sehen, die rasch auf sie zukamen. Beide waren groß und muskulös, hatten feuchtes schwarzes Haar, das in ihre ausdruckslosen Gesichter hing. Sie eilten die Böschung mit schnellen, genau bemessenen Schritten hinauf, als liefen sie auf trockenem Boden statt über schlüpfrigen Lehm. Die enormen Laufleistungen der Krieger ihres Klans des Bär-Schaut-Zurück-Klans waren Legende. Schon in Zeiten, die längst der Erinnerung entschwunden waren, hatten sie die Hälfte ihrer Tage mit dem Training auf der Laufstrecke verbracht.
    Turmfalke umfaßte ihren hochschwangeren Leib und rannte verzweifelt auf den roten Gipfelfelsen vor ihr zu. Die Schreie von Säbelzahntigern auf der Jagd nach Pferden hallten von den felsigen Hängen wider, als sie auf Händen und Knien kriechend den rauhen Felskamm erklomm hastig, getrieben von der Angst vor ihren Verfolgern.
    Weit entfernt drang silbriges Licht durch die Wolken, und die windgewellten Seen warfen es als bleigraue Strahlen zurück. Die Hügel, deren faltige Flanken das Blickfeld durchzogen, schimmerten in einem helleren Grau. Hier und da glühten Lagerfeuer in den Dörfern aus kuppelförmigen Hütten. Mit zunehmender Dunkelheit flackerten immer mehr Feuer auf, die funkelnden Punkte vereinigten sich in der Hügellandschaft wie eine Halskette aus Bernsteinperlen. Um die Dörfer herum reflektierten Hunderte von Tümpeln das orangerote Feuerlicht. Den Bergkamm entlangtaumelnd, konnte Turmfalke den aus den Seeauen emporsteigenden Geruch von feuchtem Schilf und von Gräsern riechen.
    Wacholder und Pinyon-Kiefern sprenkelten die felsigen Berggipfel und die Abhänge mit dunkelgrünen Flecken.
    »Los jetzt, lauf!« Tannin, ihr Schwager, schrie sie an, als er den Felskamm hinter ihr überkletterte.
    Seine funkelnden schwarzen Augen fixierten sie wie die eines Pumas, der sich an ein Kaninchen heranpirscht. Die Anspannung hatte tiefe Falten in die Stirn seines schmalen Gesichts gegraben und ein Netz von Fältchen um seinen Mund gelegt. Ruß und Fett befleckten die Brust seines bockledernen Hemdes, und Schlamm klebte an den Fransen seiner Hosenbeine. Im trüben Zwielicht sahen die Schmutzspuren wie Flecken getrockneten Blutes aus. Tannin rannte hinter Turmfalke her und stieß die Steinspitze seines Wurfspeeres gegen ihre Schulter.
    »Lauf!«
    »Bitte«, rief sie, »bitte, Tannin.«
    »Wenn du dich nicht schneller bewegst, werde ich dich auf der Stelle töten.«
    Turmfalke warf sich zwischen zwei Wacholdersträucher, ohne auf die Zweige zu achten, die ihr Gesicht und Arme zerkratzten. Die Strähnen ihres langen, schwarzen Haares legten sich wie ein Netz auf ihr ovales Gesicht und verfingen sich in ihren Wimpern. Turmfalke hatte nicht die Kraft, sie aus dem Gesicht zu streichen. Turmfalke war schmal und zierlich, und sie wußte, daß ihr keine Kraft mehr blieb. Ihre Brust brannte, als wütete ein Feuer in ihren Lungen.
    Tannin hatte sie zwei Tage lang ununterbrochen angetrieben, so lange, bis ihre Füße entsetzlich geschwollen waren. Waldkaninchen, der junge Krieger, trottete hinter Tannin her. Sein sechzehn Sommer alter Körper war bis zur Hüfte nackt und mit blauer, roter und weißer Farbe bemalt. Im Regen war die Zeichnung zu einem purpurfarbenen Geschmier verlaufen.
    »Tannin«, keuchte Turmfalke, »bitte laß mich ausruhen, nur für einen Moment! Ich halte das nicht durch.«
    »Denkst du, ich könnte Mitleid mit dir haben, nachdem du meinen Bruder so entehrt hast?« Tannins tiefe Stimme wurde von einer Windbö davongetragen, die, Salbeiduft mit sich führend, über das Land fegte. »Beeil dich!« Er stieß stärker gegen ihre Schulter, und die scharfe Speerspitze stach in ihre Haut.
    Turmfalke schrie auf und drehte sich zu ihm um. Sie begann rückwärts zu laufen, und ihre Mokassins rutschten gefährlich auf dem Schlamm. »Tannin, hör mich an! Wenn du mich gehen läßt, weißt du, daß ich …«
    »Dich gehen lassen?« Er warf den Kopf zurück und lachte. Perlenförmige Regentropfen lagen auf seinen Wangen.
    »Tannin, ich flehe dich an. Zwinge mich nicht, zu ihm

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