Julia Extra Band 0300
1. KAPITEL
Die vielen Feiern vor der eigentlichen Hochzeit uferten zu einem gigantischen Unterhaltungszauber aus, dabei hatte Lizzy nie im Leben weniger Lust auf Partys gehabt als jetzt.
Und nun noch diese Nacht in La Scala, stöhnte sie insgeheim. Allein der Name des berühmten Mailänder Opernhauses flößte ihr gehörigen Respekt ein. Sie befand sich in einer stilsicher eingerichteten Hotelsuite, umgeben von immensem Luxus, und probierte eine wahrlich sündhaft teure Designerrobe an, um für diesen Abend entsprechend gekleidet zu sein. Dabei ging daheim in England in diesem Augenblick ihr Familienunternehmen zugrunde und riss alles, was sie jemals besessen hatte, mit sich ins Verderben.
Am liebsten wäre sie nicht zur Hochzeit ihrer besten Freundin gefahren, aber Lizzys Vater hatte darauf bestanden. Matthew, ihr Bruder, war sogar noch weiter gegangen und regelrecht wütend geworden. „Sei nicht so blöd!“, hatte er sie angeblafft. „Soll sich Dad wegen dieses ganzen Schlamassels etwa noch schlechter fühlen? Geh wie geplant zu Biancas Hochzeit. Und wenn du schon einmal dort bist, wünsch ihr von mir alles Gute mit ihrem superreichen Fang, den sie gemacht hat!“
Dieser Nachsatz hatte derart bissig geklungen, dass Lizzy selbst bei der Erinnerung daran noch zusammenzuckte. Matthew würde ihrer Freundin sicher niemals verzeihen, dass sie sich in einen anderen Mann verliebt hatte.
Bianca und ihre Eltern hatten sie zusätzlich unter Druck gesetzt, und schlussendlich war es einfacher gewesen, nachzugeben und nach Mailand zu reisen, als sich gegen ihre Freunde und ihre Familie durchzusetzen. Dabei wäre sie nur zu gern an der Seite ihres Vaters geblieben, um ihn in dieser schweren Stunde zu unterstützen.
Stattdessen muss ich mich in dieses Hochglanzoutfit quetschen, dachte Lizzy und strich sich ungeduldig eine widerspenstige Locke aus dem Gesicht. Dann richtete sie die schmalen Spaghettiträger und drehte sich kritisch vor dem Spiegel hin und her, um den Gesamteindruck auf sich wirken zu lassen.
Entsetzt verzog sie das Gesicht. Dieses Kleid war an den entscheidenden Stellen viel zu figurbetont geschnitten, und die graue Farbe ließ ihre Haut noch blasser als sonst wirken. Nicht zum ersten Mal in ihren zweiundzwanzig Jahren wünschte Lizzy sich inständig, sie wäre ebenso zierlich und brünett wie ihre hübsche Freundin Bianca.
Leider war dies nicht der Fall. Lizzy konnte man viel eher als eine kurvige Augenweide mit wirren rotbraunen Locken beschreiben. Und dazu dieses Kleid …
Als Bianca es zwei Monate zuvor auf ihrer Verlobungsparty getragen hatte, sah sie absolut fabelhaft darin aus – eine Sensation auf zwei langen, schlanken Beinen. Gestern hatte sie es dann theatralisch in Lizzys Richtung geschleudert. „Mir ist schleierhaft, warum ich es gekauft habe. Ich hasse diese Farbe. Die Länge stimmt nicht, und mein Busen füllt es überhaupt nicht aus.“
Nun, damit hatte Lizzy keinerlei Probleme. Zaghaft zupfte sie ihr pralles Dekolleté zurecht und beschwor im Stillen die stabile Korsage, die üppigen Reize zuverlässig in Form zu halten. Auf den zweiten Blick fand sie auch nicht mehr, dass ihr Kleid zu eng geschnitten war. Zudem war sie nicht gerade in der Position, große Ansprüche stellen zu können, denn schließlich war ihr Outfit praktisch ein Almosen von Bianca.
Ein Klopfen an der Tür riss sie aus ihren Gedanken. „Bist du fertig, Elizabeth?“, rief Biancas Mutter. „Wir dürfen nicht zu spät in die Scala kommen.“
Natürlich nicht, dachte Lizzy entnervt. „Nur noch eine Minute“, versprach sie mit fester Stimme.
Die Scala wartete auf niemanden, nicht einmal auf die High Society, unter die sich Lizzy an diesem Abend mischen würde. Eilig schlüpfte sie in ihre silbernen Stilettopumps und trug ein letztes Mal farbigen Lipgloss auf. Ganz bewusst hatte sie auf den verführerisch roten Lippenstift verzichtet, den Bianca ihr zusammen mit dem Kleid hatte aufdrängen wollen.
Kritisch betrachtete sie das Ergebnis im Spiegel und konnte sich ein spöttisches Lachen nicht verkneifen. Jetzt fehlte nur noch, dass ihre beste Freundin ihr den funkelnden Verlobungsring vermachte, den sie von ihrem Zukünftigen bekommen hatte. Lizzy würde das Schmuckstück natürlich umgehend versetzen, um damit auf einen Schlag die Familienschulden zu tilgen. Aber ganz so großzügig war Bianca dann doch nicht. Wer konnte ihr daraus einen Vorwurf machen?
Seit dem Tag, an dem Bianca Moreno und Lizzy sich in dem
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