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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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unendlich lang erschienen.
    Der Fluß ist nicht so breit, wie er aussieht. Erinnerst du dich? Damals hatte seine Überquerung nicht viel Zeit in Anspruch genommen. Aber das war im Spätsommer gewesen. Das Wasser war warm.
    Nein, Turmfalke, denk nicht darüber nach! Du… du mußt den Fluß zwischen dich und Stechapfel bringen.
    Der Geruch von Fisch und durchweichter Erde erfüllte die Luft, als Turmfalke in das eiskalte Wasser watete. Augenblicklich begannen ihre Zähne zu klappern. Sie ging zwei Schritte vorwärts und taumelte, als sie ihr Spiegelbild sah, das ihr von den Wellen gebrochen entgegenstarrte. Plötzlich fühlte sie sich zu müde, zu wund, um weiterzumachen. Tiefdunkle Blutergüsse bedeckten ihr ganzes Gesicht und umgaben den Messerschnitt, der sich über ihre Stirn zog. Ihr linkes Auge war beinahe zugeschwollen.
    »Eines Tages werde ich ihn verwundbar finden und mich an ihm rächen«, flüsterte sie. »Das schwöre ich.«
    Mit zusammengebissenen Zähnen quälte sie sich flußabwärts zurück nach Süden und kam dabei an dem Felsenriß vorbei, den sie zuvor herabgekommen war. Die reißende Strömung würde die meisten ihrer Spuren wegwaschen. Vielleicht würde der Regen das, was übrigblieb, auch noch verwischen. Die Donnerwesen hatten mit ihren Flügeln die Bäuche der Wolken aufgeschlitzt, und nun fiel Regen auf Schwester Erde herab. Wenn Turmfalke zu der felsigen Erhebung gelangen konnte, die in einiger Entfernung in den Fluß hineinragte, würde sie keine Spuren hinterlassen. Möglicherweise konnte sie Stechapfel für eine kurze Zeit verwirren und ihn etwas aufhalten. Als sie die Flußbiegung umrundete, kam der faustförmige Flußstein in Sicht.
    Turmfalke begann, keuchend durch das aufspritzende Wasser zu rennen. Wo der Fluß weiter vorn wieder nach Westen bog, verschwand der Uferstreifen. Das Wasser war so gestiegen, daß es gegen die Klippen schlug und Lanzen aus Schaum meterhoch emporschleuderte. Dutzende der kleinen, runden Höhlen, die den Kalkstein überzogen, waren mit Spritzwasser gefüllt. Sie schienen Turmfalke wie riesige, tränengefüllte Augen zu beobachten, als sie auf den faustförmigen Flußstein zulief.
    Als die ersten Anzeichen der nächsten Wehe sich bemerkbar machten, verließ Turmfalke den Fluß und strebte einer der Höhlen zu, die oberhalb der Wasserlinie im Steilufer lagen. Sie folgte einem schmalen, vorspringenden Felsband, einem Wildpfad, der vor den Höhlen entlanglief und schließlich zum Gipfel des Steilufers führte. Auf dem Weg riß sie zwei Hände voll frisches Gras ab und hob ein trockenes Ästchen der Traubenkirsche auf. Der Steinpfad fiel zu einer Gruppe von Felsen hin ab, wo die Wellen tosend gegen die Steine schlugen. Vielleicht würde das wütende Brausen des Wassers ihre Schreie übertönen. Als sie den Eingang der Höhle erreichte, fiel sie auf die Knie und kroch hinein.
    Die Dunkelheit machte sie blind. Ein ätzender Gestank von Packrattenkot und der schwache, leicht süßliche Duft von Moos schlugen ihr entgegen. Als ihre Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt hatten, konnte sie die samtiggrünen Adernbündel erkennen, die sich durch die Risse im Stein zogen.
    Turmfalke zuckte mit den Lidern. Seltsame, vom Alter verbleichte Bilder bedeckten die Wände.
    Sieben rote Figuren mit kantigen Körpern ragten vom Boden bis hoch zur Decke und folgten dabei der Wölbung der Höhle, so daß ihre Augen vom Zentrum der Decke auf Turmfalke herabstarrten. Aus ihren geöffneten Mündern schössen Machtlinien im Zickzack zu Boden. Obwohl sie menschliche Körper hatten, ähnelten ihre Köpfe Bären oder vielleicht auch Löwen mit gebleckten Zähnen. Sie schienen sich erwartungsvoll um sie herum zu scharen.
    »Heiliges Sternenvolk, was ist das für ein Ort?«
    Voll Furcht zeichnete Turmfalke ein magisches Zeichen in die Luft, um sich vor bösen Geistern zu schützen, die vielleicht in der Nähe lauern mochten. Sie behielt die Figuren im Auge, als sie sich bückte, um die von ihr gesammelten Dinge so anzuordnen, daß sie gleich bei der Hand waren, wenn sie sie brauchte. Leise begann sie das Gebärlied zu singen: »Wir kauern vor dir, Alter-Mann-Oben, vom Schmerz geschüttelt, geschüttelt…«
    Ein leises Grollen war zu hören. Es schien von den Löwenmenschen zu kommen. Ihre roten Augen funkelten, als wären sie lebendig und wütend darüber, daß Turmfalke in ihr Heiligtum eingedrungen war.
    Es ist der Fluß oder der Donner. Das Grollen entfernten Donners, das in der Höhle

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