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0956 - Die Todeszone

0956 - Die Todeszone

Titel: 0956 - Die Todeszone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Balzer
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Don Alvarez' Zorn zog man besser nicht auf sich - nicht so wie die acht Arbeiter, die es gewagt hatten, eine Gewerkschaftsgruppe zu gründen und mehr Lohn und bessere Arbeitsbedingungen zu fordern. Drei von ihnen hatten Alvarez' Schergen sofort erwischt, den anderen war es gelungen zu fliehen. Doch Héctor Martinez und seine Männer hatten sie unerbittlich verfolgt und zwei von ihnen erledigt. Die übrigen drei konnten nicht mehr weit sein. Die Reiter freuten sich schon darauf, sie für die Strapazen der vergangenen Tagen büßen zu lassen.
    Sie ahnten nicht, dass sie selbst so gut wie tot waren.
    ***
    Departamento Caquetá, Kolumbien, vor knapp drei Wochen
    Héctor Martinez zügelte sein Pferd. Das Tier war schon seit Stunden unruhig und gehorchte nur widerwillig. Nervös tänzelte es auf der Stelle hin und her.
    »Irgendetwas stimmt hier nicht«, sagte der bullige Aufseher leise.
    Die anderen vier Reiter hatten ebenfalls angehalten und schauten sich wachsam um. Sie wussten sofort, was ihr Anführer meinte. Sie alle waren am Rande des Urwalds aufgewachsen. Doch so wie heute hatten sie ihn noch nie erlebt.
    Er war so… still.
    Héctor konnte sich nicht erinnern, wann er zuletzt einen Affen oder Vogel gehört hatte. Es musste Stunden her sein. Nicht einmal Insekten schienen durch das dichte Unterholz zu krauchen. Und dann das Licht. Es war seltsam fahl, selbst dort, wo der Dschungel von größeren Lichtungen durchbrochen wurde und die Sonnenstrahlen ungehindert den Boden hätten erreichen müssen.
    »Wie weit noch bis zum Dorf?«, fragte Héctor.
    »Nur noch wenige Minuten«, erwiderte Pablo mürrisch: »Eigentlich müssten wir sie längst hören. Das gefällt mir nicht.«
    »Dann lass uns nachsehen«, sagte Héctor und trieb sein Pferd wieder an. Mit einem protestierenden Schnauben gehorchte das Tier und folgte weiter dem unebenen Pfad, der sich zwischen den uralten Bäumen hindurchschlängelte. Pablo ritt voran. Der narbengesichtige Reiter kannte diesen Teil des Dschungels von ihnen am besten. Bevor er in Don Antonios Dienste getreten war, hatte er seinen Lebensunterhalt mit dem Schmuggel geschützter Tierarten verdient und dabei regen Kontakt zu den Ureinwohnern gehalten, die oft noch genauso steinzeitlich lebten wie ihre Vorfahren. Carlos, der Rädelsführer der geflohenen Aufrührer, stammte selbst aus dieser Gegend. Es war gut möglich, dass die Flüchtigen in einem der Dörfer Unterschlupf suchten.
    Héctor Martinez spuckte verächtlich aus. Indios! Er konnte dieses Pack nicht leiden. Wenn sie die Gewerkschafter tatsächlich versteckten, würden sie ihr blaues Wunder erleben. Ach was, vielleicht würde er ihre armseligen Hütten auch so niederbrennen. Zur Abschreckung.
    Doch die Chance, seine sadistischen Rachefantasien in die Tat umzusetzen, bekam er nicht. Als sie das Dorf nach wenigen Minuten erreichten, war es vollkommen verlassen. Sie fanden kein einziges Lebewesen in den primitiven Hütten. Nicht einmal ein Huhn.
    »Vielleicht haben sie gehört, dass wir kommen und sich im Busch versteckt«, meinte der hagere Eduardo.
    »Nein«, murmelte Héctor. »Das Dorf sieht so aus, als sei es schon seit Tagen verlassen. Aber sie haben weder Waffen noch Werkzeuge mitgenommen. Irgendwas stimmt hier nicht. Wir sollten besser weiterreiten.«
    Beunruhigt setzten die Männer ihren Weg fort, doch sie fanden weder eine Spur von den Indianern noch von den Flüchtigen. Irgendetwas stinkt hier zum Himmel , dachte Héctor. Dann riss ein schriller Schrei den Aufseher aus seinen düsteren Gedanken. Erschreckt blickte er auf und sah gerade noch, wie Pablo von irgendetwas gepackt und in die Höhe gerissen wurde. Der zuckende Körper verschwand in den Baumkronen, die plötzlich in Aufruhr gerieten, als würde dort eine gewaltige Schlacht toben.
    »Was zum…«
    Die Schockstarre dauerte nur einen winzigen Moment. Dann riss Héctor den Revolver aus dem Holster und brüllte heisere Befehle. Was konnte das gewesen sein? Eine Anakonda? Unmöglich. Nicht mit dieser Geschwindigkeit! Doch was immer sich Pablo geschnappt hatte, würde sich mit einem Opfer vielleicht nicht zufriedengeben. Die Baumwipfel wurden wild durchgeschüttelt, als sie ihr unsichtbarer Gegner über ihren Köpfen in aberwitziger Geschwindigkeit umkreiste. Oder waren es mehrere? Héctor konnte es unmöglich sagen.
    Mit schweißnasser Hand richtete der Aufseher den Revolver auf die Baumkronen und feuerte. Die anderen taten es ihm gleich. Eine ganze Salve durchsiebte das

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