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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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und ein ins Spiel vertieftes Kind konnte den Bäumen zu nahe kommen oder ein alter Mann wie Melisse im Zwielicht nicht schnell genug rennen.
    »Was meinst du mit ,zum Schweigen bringen'?« fragte Klebkraut, und seine Augen verengten sich.
    »Die Katzen haben Macht wie alle lautlos jagenden Räuber. Aber auch das wird sie nicht retten.«
    Melisse nickte in Erinnerung an einen Traum, den er einmal als Junge gehabt hatte. In diesem Traum war eine Katze ins Lager gekommen, hatte den Dorfplatz überquert und sich über sein Bett gestellt.
    Wie versteinert hatte Melisse in die goldfarbenen Augen gestarrt und sich gefragt, was der lautlose Jäger ihm sagen wollte. Wären doch nur seine Ohren offen gewesen und nicht verschlossen. Oder hatte die große Raubkatze ihn beurteilt und für ungeeignet befunden? »Unsere jungen Männer haben Atlatls und gut gearbeitete Speere. Ich habe von Wehender Samen gehört, einem Jäger des Robbenfett-Klans nördlich von hier. Die Wände seiner Hütte sind mit den Schädeln von Säbelzahntigern bedeckt. Mehr als zehn mal zehn.«
    »Ich habe von ihm gehört. Er behauptet, er hätte große Macht, weil er so viele große Raubkatzen getötet hat. Der Narr.«
    Melisse warf einen Seitenblick auf Klebkraut und schnitt das große Fleischstück vollständig von den Rippen los. Als es mit seinem ganzen Gewicht auf ihn fiel, stöhnte er. Über den schwankenden Brustkorb des Mammuts stolperte er zu der klaffenden Öffnung und reichte den Fleischstreifen drei kleinen Jungen, die sich um die Ehre stritten, ihn tragen zu dürfen. »Paßt auf! Laßt das nicht in den Sand fallen - oder alle werden mit euch schimpfen, weil es zwischen den Zähnen knirscht.« Er grinste, wobei man seinen zahnlosen Gaumen sah: »Alle - außer mir.«
    Melisse ging in den Kadaver zurück und rieb mit seinem blutverkrusteten Daumen über die geronnene Schmiere auf seiner Quarzitschneide. »Diese Katzen da draußen auf den Bäumen sind hungrig. Ihr Magen wird stärker sein als ihre Vorsicht, und der junge Zwei Zehen oder einer von den anderen wird einen Speer auf sie werfen.
    Menschen sind schlauere Jäger als Katzen.«
    Klebkraut drückte gleichgültig den Daumen gegen die Obsidianklinge seines Messers. »Müßte mal geschärft werden«, murrte er unfreundlich, und dann blickte er mit rauchig verhangenen Augen zu Melisse hoch: »Unterschätze die Macht nicht, Melisse. Sie ist größer als jeder Jäger, wie geschickt auch immer er an die Tiere heranzugehen versteht. Eines Tages wird die Macht vielleicht dich jagen, und keiner deiner Speere wird sie zu treffen wissen.«
    Melisse hob seine buschigen, grauen Augenbrauen. »Du weißt nicht, wovon du sprichst.«
    »Ich weiß sehr viel, alter Mann.«
    Melisse verkniff sich eine Bemerkung und ging an seine Arbeit zurück, wobei er sich zwang, über die Raubkatzen nachzudenken. Ja, vorläufig blieben sie noch im Schatten und vermieden es, sich zu zeigen. Doch Melisse wußte, daß sie die ganze Nacht über den ausgenommenen Kadavern kämpfen würden.
    War dies das Bild, das Klebkraut mit seinem Gerede von der Macht heraufbeschwören wollte? Das Bild einer Raubkatze, die sich am Tag im Schatten verbirgt und nachts als gefährlicher Jäger umherschleicht? So etwas sollte er besser nicht allzuoft laut äußern. Man könnte ihn sonst verdächtigen, ein Hexer zu sein, sich an ihn heranschleichen und sein Hirn zu Brei schlagen. Der Gedanke veranlaßte Melisse zu einem Kichern. Klebkraut ein Hexer! Ha!
    Klebkraut sah ihn von der Seite an. »Was ist denn so lustig?«
    »Einfach der Gedanke. Du verhältst dich nicht wie ein Träumer, Klebkraut. Die Macht, das Träumen all das hinterläßt Spuren an einem Menschen, so wie ein Hirsch Spuren auf einem feuchten Waldpfad zurückläßt. Und ich kann dich nicht mit Säbelzahn-Macht oder Löwen-Macht sehen. Nein, deine Macht würde Dachs-Macht sein. Sie würde sehr laut und gefährlich klingen, doch wenn dein Opfer nicht gleich in wilder Flucht davonstürmte, würdest du auf halber Strecke stehenbleiben und zu deinem Loch zurückrennen.« Melisse lachte wieder. »Ja, Dachs, das wäre deine Art von Macht?
    Klebkraut knurrte etwas.
    »Was hast du gesagt?« fragte Melisse.
    »Ich habe gesagt, daß es hier nichts zu lachen gibt!« Klebkraut mußte sein ganzes Gewicht einsetzen, um ein Fleischstück abzulösen, das er dann achtlos neben Sumach hinwarf. »Dies ist eine sehr ernste Angelegenheit.«
    »Ja.« Melisse nickte. »Wir alle machen uns Sorgen und fragen

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