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Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste

Titel: Vorzeitsaga 05 - Das Volk an der Küste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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»Wo?«
    »Da oben. In der Traum-Höhle.«
    Berufkraut blinzelte gegen das schräg einfallende Abendlicht. Ein alter Mann bewegte sich mit adlerartig ausgebreiteten Armen im Schwebeschritt auf dem Felsvorsprung vor der Höhle hin und her.
    Weiße Zöpfe umrahmten sein kantiges Gesicht. »Klebkraut kann es nicht sein. Der ist ja, als wir vor zwei Tagen aufgebrochen sind, im Dorf geblieben.«
    »Wer könnte es dann sein? Sonnenjäger?«
    »Nein. Erinnerst du dich nicht? Wir haben ihn letzten Winter gesehen, als er Großvater besucht hat.
    Sein Haar war so schwarz wie Obsidian. Und außerdem sollte er ja im Strauchnuß-Dorf sein.«
    Plötzlich stieß Balsam keuchend hervor: »Was ist das? Schau doch!«
    Berufkraut wirbelte wieder herum und sah ein rosa-schwarz geflecktes Wesen mit funkelnden Augen durch das Gebüsch am Fuße des Geröllbergs schleichen. »Ich … ich weiß nicht. Welches Tier ist rosa-schwarz?«
    »Vielleicht ist es ein … ein Geist.« Balsams junge Stimme wurde zu einem heiseren Flüstern. »Du weißt, was der alte Klebkraut über die Geister sagt, die hier um die Traum-Höhle herum leben. Ich wette, das ist es, ein Geist.«
    »Ein rosa Geist?«
    »Warum nicht. Geister können so aussehen, wie sie wollen.«
    Berufkrauts Augen verengten sich, und er griff den Atlatl fester. Balsam umklammerte den Arm seines Bruders und stieß einen Schrei aus, als der »Geist« aus dem Gebüsch trottete und sie, eine Pfote erhoben, neugierig anstarrte. Berufkraut sagte: »Laß mich los! Es ist ein Hund. Ein fast kahler, häßlicher Hund. Das ist alles.«
    Große, kahle Stellen zogen sich über Flanken und Kopf des Hundes. Berufkraut blickte finster zur Höhle zurück. »Wir sollten uns besser über diesen Mann da Gedanken machen. Ich weiß nicht, wer er ist, aber auf jeden Fall dürfte er nicht dort oben sein. Niemand außer einem Träumer darf die Höhle betreten. Mutter Ozean könnte sich gegen uns wenden, eine Flutwelle auf uns loslassen, oder« seine Augen weiteten sich - »oder die Mammuts töten. Vielleicht ist er an allem Elend schuld. Wir sollten besser …«
    Eine volle, tiefe Stimme drang aus der Höhle und schallte auf die Wiese nieder. »Wer seid ihr, Jungs?
    Warum seid ihr hier?«
    Balsam ging kühn an Berufkraut vorbei und stellte sich mitten auf die Wiese. Das frische Frühlingsgras reichte ihm bis zu den Knien. »Wer bist du?« rief er. »Was machst du da oben? Komm raus! Du darfst da nicht sein!«
    Der Fremde senkte seine ausgebreiteten Arme und schaute aufmerksam zu ihnen hinab. Er war in ein schönes, mit Muscheln besetztes Lederhemd gekleidet und sah bedeutend aus wie ein zu Besuch gekommener Führer der nördlichen Klans. »Wirklich? Wer sagt das?«
    Berufkraut befeuchtete nervös die Lippen mit der Zunge und stellte sich neben Balsam. Er rief: »Weißt du nicht, daß das eine Traum-Höhle ist? Du solltest hier besser verschwinden, bevor der alte Klebkraut dich findet und dich in ein Leberblümchen oder in einen Blutegel verwandelt.«
    »Von Klebkraut in einen Blutegel verwandelt werden? Nun, das ist wahrhaftig ein erschreckendes Schicksal.« Der Fremde ließ mit geschlossenem Mund ein leises Lachen vernehmen.
    Berufkrauts Augen verengten sich. »Was ist mit dem Hirschrudel geschehen, das hier immer gegrast hat?«
    »Du meinst die zwei Hirschkühe, den Einjährigen und den Dreiender?«
    »Ja, genau die. Wo sind sie?«
    »Ein Mann wird ab und zu mal hungrig.«
    Balsam drehte sich erschrocken zu Berufkraut um. »Er hat heilige Hirsche erlegt? Er ist der kühnste Mann auf Erden.«
    Berufkraut hielt eine Hand trichterförmig vor den Mund und schrie: »Wo ist der Holzstoß, der hier lag? Es war ein großer Holzstoß. Ich mußte einen halben Mond lang sammeln und stapeln.«
    »Du denkst doch wohl nicht, ich hätte diese Hirsche roh gegessen?«
    »Was für ein Stinktier!« kreischte Balsam. Er hatte rote Flecken auf den Wangen. »Komm da runter, bevor wir hochkommen und dich holen!«
    »Kommen und mich holen?« Der Fremde lachte. »Habt ihr beide vor, mich tatsächlich aus der Höhle zu zerren? Was ist, wenn ich nicht gehen will?«
    »Das werden wir dir zeigen! Mach, daß du aus der Höhle kommst, oder … oder wir werden dich töten!«
    Der Mann lachte so laut, daß Balsam vor Wut schnaubte und mit den Füßen stampfte.
    »Doch! Genau das werden wir tun!« schrie Berufkraut und schwenkte herausfordernd seinen Speer.
    »Geht heim, Kinder. Ich habe heute keine Zeit zum Spielen. Ich bin

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