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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Menschen hier haben keinen Mais. Nur Gänsefuß, Sumpfholunder und solche Dinge, oder?«
    »Schon früher haben Händler den Ilini Mais gebracht. Ich weiß nicht, ob er so hoch im Norden gedeiht.«
    Nachdenklich schaute sie Otter an. »Seit Monaten sitze ich nun schon auf diesem Sack. Erst im Kanu der Khota und jetzt in deinem. Zuerst fand ich es albern, daß ich ihn Wolf der Toten nicht gelassen habe. Jetzt denke ich, daß es klug war.«
    »Wie meinst du das?«
    »Na ja, es ist der beste Mais, den die Anhinga ziehen können, aus den gesündesten Pflanzen aussortiert. Es ist Saatmais, Otter.«
    »Schön, es ist also Saatmais.«
    »Bist du immer so langsam, oder hast du einen Stein im Hirn? Ich trage nichts zu dieser Fahrt bei.«
    »Du brauchst nicht zu …«
    »Ich möchte meinen Saatmais tauschen. Vielleicht wächst Mais so weit nördlich. Er wird nie Gänsefuß, Sumpfholunder, Zwerggerste oder Sonnenblumen als wichtigste Nahrungsmittel verdrängen, aber er brächte Abwechslung in die Kost. Es ist Luxusware, Otter. Dafür zahlen die Leute.«
    Er lächelte. »Also gut, Perle, dann wollen wir mit deinem Mais handein. Ich wäre nie auf den Gedanken gekommen, daß Saatmais etwas zum Tauschen sein könnte, aber vielleicht hast du recht.«
    Eine Zeitlang saßen sie schweigend da, während Otter sich bewußt war, daß sie ihn verstohlen musterte. Ein sehr gescheites Mädchen war sie, und sie konnte besser als die meisten mit dem Paddel umgehen. Sie schien geradezu geboren für ein Leben auf dem Wasser.
    »Wie kommt es, daß noch keine Frau Abgesandte ihres Clans geschickt hat, um dich zu erbitten, Otter?«
    Er lächelte. »Wir sind nicht wie die Anhinga. In meinem Volk würde ich meinen Clan bitten, den Clan der Frau wegen einer Heirat anzusprechen.«
    »Bei den Anhinga halten die Frauen um die Männer an.« Sie sah müde aus. »Vielleicht glaubte ich es deshalb auch nicht, als die Khota mich haben wollten. Es erschien mir wie ein Scherz.«
    »Die Heiratsbräuche sind unterschiedlich, Perle. Als Händler fällt mir auf, wie viele Möglichkeiten es für Paare gibt, sich zu finden.«
    »Dann wolltest du nicht heiraten?« Sie warf ihm einen Seitenblick zu. »Du bist doch in Ordnung? Ich meine, hast kein Gebrechen, oder?«
    Er zog eine Braue hoch. »Ich bin ein gesunder Mann - in jeder Hinsicht.« Und aus Angst, sich zu verraten, mied er ihren Blick.
    Als die letzte Flamme erlosch, sagte Otter: »Sie heiratete meinen Zwillingsbruder.«
    »Ist er auch Händler?«
    »Nein - eigentlich ist er alles, was ich nicht bin. Er ist tapfer, stark, dem Clan, der Herkunft und der Familie treu ergeben. Er ist vernünftig, klug und gerissen. Eines Tages wird er ein großer Führer sein - des Weißmuschelclans und auch des Clans seiner Frau.«
    »Du sprichst voll Liebe von ihm.«
    »Er ist außer ihr die wichtigste Person in meinem Leben. Unsere Seelen sind eins, und so vieles andere auch…«
    »Bist du Händler geworden, weil sie ihn geheiratet hat?«
    »Nein. Im Gegenteil. Sie heiratete ihn, weil ich Händler bin. Ich gehöre dem Fluß von Kindesbeinen an.« Er lachte. »Das ist die Antwort auf deine Frage, Perle. Keine vernünftige Frau würde mich wollen.«
    Sie nickte verständnisvoll. »Ich war genauso. Wie du dem Fluß gehörte ich den südlichen Gewässern.
    Die beste Zeit meines Lebens verbrachte ich in den Sümpfen oder auf dem großen Meer. Aber nimm dich in Acht, Otter, am Ende kriegen sie dich.«
    »Wer?«
    »Dein Clan. So ist unser Leben, verstehst du? Jeder erfüllt einen Zweck für seinen Clan. Jeder hat eine Rolle, seinen Platz, eine Aufgabe. Wir sind nicht frei, Otter. Wir sind Sklaven unserer Clans und unserer Abstammung. Wir sind in diese Verhältnisse hineingeboren worden und lernen nie etwas anderes kennen. Eines Tages werden sie dich verheiraten, warte nur ab. Du wirst mit deinem Kanu anlegen, und sie haben ein Braut, die dich am Ufer erwartet.«
    »Sei nicht so traurig. Es ist doch alles in Ordnung. Du bist frei, bist ihnen entkommen.«
    Verwundert blickte sie ihn an. »Wohin?« Sie deutete auf das Land. »Nehmen wir an, ich finde einen netten Ilinimann, der mich heiraten möchte und mit dem auch ich einverstanden bin. Auch er ist ein Sklave seines Clans. Werden sie ihn eine Frau ohne Familie heiraten lassen? Ohne Bindung an den Clan und ohne Verwandtschaft, die mich unterstützt, habe ich für sie weder Namen noch Geschichte.
    Ich bin wenig mehr als ein Tier - bei den Khota ist man sogar ein Tier, auch wenn man einen

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