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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Rohrkolbenmatte vor der Sonne.
    Ganz kurz begegneten sich ihre Blicke, und er bedauerte, daß sie sich so versteckte.
    Er sehnte sich danach, zu ihr zu kriechen und ihr zu sagen, wieviel sie ihm bedeutete, wie sein Herz sich für sie öffnete.
    Sei keift Narr! warnte ihn sein Verantwortungsbewußtsein. Nach allem, was der Khota ihr angetan hat, ist das Letzte, was sie wünscht, ein Geliebter. Sie muß sich immer noch besudelt fühlen. Er zwang sich, die Augen zu schließen. Sei einfach ihr Freund. Mehr will sie nicht, Otter. Einfach Freundschaft.
    Er schlief fast den ganzen Tag, während Schwarzschädel und Grüne Spinne sie nach Norden paddelten. In seinen Träumen verhöhnte ihn Rote Mokassins. Je verzweifelter er sie liebte, desto leidenschaftlicher wies sie ihn ab. Im Hintergrund lachte Perle ihn aus, bevor sie in Tränen ausbrach.
    In seinem Traum begegnete er auch einem traurigen Viertöter. Der Wasserfall wartet, Bruder. Rote Mokassins gehört dir nicht mehr. Eile nach Norden, Otter. Dort unten im schäumenden, klaren Wasser wirst du deiner Not ein für allemal ein Ende machen.
    Perle erwachte, als der Abend heraufzog. Sie verbannte den quälenden Alptraum von einem Wolfsungeheuer, das drohend über ihr stand. Sie hatte sich nackt unter es geduckt, entsetzt auf das schlangenartige Glied der Bestie starrend. Hilflos konnte sie nur in Erwartung der schmerzhaften Schändung zittern.
    Otter hatte ihr mit einem Gefühl der Ohnmacht zugeschaut. Und wenn sie laut nach ihm rief, hatte er ihr den Rücken gekehrt.
    Wenn sie ihn nur nicht so liebgewonnen hätte! Nie hatte sie einen so starken und liebenswürdigen Mann gekannt. Seit er sie aus dem Fluß gezogen hatte, zeigte er ihr nichts als Freundlichkeit, Achtung und Anerkennung. Im Unwetter hatten sie wie eine perfekte Mannschaft zusammengearbeitet. Ihr ganzes Leben hatte Perle nach einem solchen Gefühl der Eintracht gesucht.
    Und nun, wo du es gefunden hast, erlaubt er sich wegen deiner Schändung durch den Khota nicht, dich zu berühren. Sie drehte sich um. Matte Bilder von Otters starken Händen tauchten vor ihr auf. Sie konnte sie sich warm und weich auf ihrer Haut vorstellen. Sie konnte das Funkeln des Verlangens in seinen freundlichen Augen sehen. Mit schläfriger Benommenheit konnte sie unter sein Hemd fahren, mit den Fingerspitzen den schwellenden Muskeln seiner Brust und seines Bauchs nachspüren. Während sie ihn festhielt, schlug sein Herz im Gleichklang mit ihrem. Sie wußte, wie sein Körper sich an ihrem anfühlte, und deshalb wurde die Sehnsucht nach ihm immer stärker.
    Daß solche Phantasien je Wirklichkeit werden könnten, war in jener Nacht unmöglich geworden, in der Wolf der Toten sie genommen hatte. Den Schandfleck würde sie für den Rest ihres Lebens nicht mehr loswerden.
    Welches Leben, Perle? Wohin kannst du gehen? Was kannst du tun? Du bist eine Frau ohne Zuhause ohne Clan oder Familie. Du bist ein Nichts geworden.
    Sie schob den Sonnenschutz beiseite, schüttelte die Decke ab, stand auf und schaute Otter an. Er lag auf der Seite, sein Kopf ruhte unbequem auf dem gebogenen Heck.
    Wenn er nur etwas gesagt hätte, angedeutet hätte, daß ich vielleicht mehr sein könnte als nur eine Freundin… Perle atmete tief ein und seufzte. Der Händler würde sich wohl für den Rest seines Lebens wegen Rote Mokassins quälen.
    Nimm es, wie es ist. Dich mit Rote Mokassins messen zu wollen, würde dich verrückt machen wie ein tollwütiges Tier.
    Sie blickte zur Küstenlinie, die von der sinkenden Sonne beleuchtet wurde. Landeinwärts erhoben sich Dünen, die spärlicher Graswuchs krönte.
    Fest steht, daß du keine Zukunft hast. Auf dem Fluß, auf der Flucht vor den Khota, hatte sie nur an den Kampf ums Überleben denken können. Aber hier, gefangen zwischen Himmel und Wasser, mußte sie ihrer wirklichen Lage ins Auge sehen. Zu den Anhinga konnte sie nicht zurückkehren. Welches Volk würde eine Frau ohne Clan haben wollen ? Jetzt mußte sie ohne Wurzeln leben, ohne Zuhause, ohne Volk.
    Die Zukunft war einsam und kalt geworden. Was tat eine Frau allein auf der Welt, um zu überleben?
    Beten, daß eine Familie sie ernähren und ihr ein Dach über dem Kopf bieten würde, wenn sie dafür auf ihren Feldern arbeitete, ihr Brennholz schleppte, ihr Mehl mahlte? Das stellte sie gerade eine Stufe höher als einen Lagerhund.
    Ein Kanu bauen, Handel treiben, wie Otter vorschlug? Sie dachte an die Ilini. Völker in denen die männliche Erbfolge zählte, hatten

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