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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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verdient.
    Schwarzschädel folgte Otter den steilen Pfad hinauf. Seine Intuition sagte ihm, daß sich die Clanältesten auf die Seite des Händlers stellen würden.
    Und das taten sie auch.
    Als Otter zum letzten Mal aus der Vorratshütte kam, schaute er sich noch einmal um. Schnapper sprang, heftig mit dem Schwanz wedelnd, herum und gab winselnde Töne von sich.
    Vom Süden waren Wolken herangezogen, ein eisiger Wind wehte und bewegte kräftig die Wellen; spielerisch blies er das letzte Herbstlaub in die Luft.
    Wie schon bei früheren Abreisen erfüllte Otter auch diesmal der Blick auf das vertraute Anwesen des Clans mit Trauer.
    Um den Hügel standen die Sperrpfähle, an denen Opfergaben befestigt waren. Sie trugen ihre Botschaften in die Welt der Geister: Gebete für ihn und seine Mannschaft.
    Otter nahm die grobgewebte Stofftasche, die seine Habe enthielt:
    ein Atlatl, seine Flöte, eine Bola, eine Plattformpfeife, eine kleine Keramikschale vom Grabhügel und seine Reibhölzer. Einiges hatte er schon ins Kanu gebracht: eine Axt, ein Beil, Seilrollen, ein sauber gefaltetes Netz und zwei Dutzend Langspeere für sein Atlatl. Außerdem lag ein Tongefäß mit Leinen und Angelhaken aus Knochen ordentlich im Wellentänzer verstaut. Der Rest der Ladung bestand aus den Handelswaren des Clans: Tabak, Schneckenmuscheln, Stoffballen, Kupferplatten, Flechtwerk aus Palmblattstreifen, Haifischzähnen, Yaupon und anderen Gütern, die er im Süden eingetauscht hatte.
    Vom Weißmuschelclan nahm er zum Handeln noch feingewebte Stoffe mit und als Vorräte versiegelte Krüge mit Gänsefuß, Sumpfholunder, Sonnenblumenkernen und Kürbissen.
    Zwischen den Pfählen mit den Opfergaben setzte er seine Tasche ab und kniete am Fuß des Grabhügels nieder. Hier lag die Elite der Anführer begraben, so ruhten die Führer im Herzen der Erde und konnten von dort aus weiter für ihr Volk wirken, die Bitten Mutter Erde vortragen und mit den Schutzgeistern sprechen.
    Er hob die Arme, benetzte die Lippen und sang: »O ihr Vorfahren! Ich bin es, Otter, der Sohn von Blaue Kanne. Ich bitte euch mitzuhelfen, daß mein Volk weiterhin in Sicherheit ist. Bewahrt es vor Krankheit und Unheil, schützt den Clan vor Bösem. Haltet die Hand über meine Familie und meine Freunde, daß sie gesund, erfolgreich und glücklich bleiben.« Er beugte den Kopf. »Ich gehe weit weg.
    Auch in der Ferne werde ich euer Andenken ehren. Ich hoffe, ihr werdet die Geisterwelt bitten, über mich zu wachen.«
    Aus der Gürteltasche nahm er eine dünne Schneide des heiligen Feuersteins. Er zog den linken Ärmel hoch und machte neben einer Reihe parallel verlaufender, kaum sichtbarer Narben einen schnellen Schnitt. Dann drückte er auf seinen Unterarm, bis sich Blut sammelte, das er auf den Boden tropfen ließ.
    War es der Wind, oder hörte er die Geister, die den Duft des geopferten Bluts wahrnahmen?
    Dann schritt er zielstrebig zum westlichen Einlaß des Erdwalls. Von dort warf er einen letzten Blick auf die Einfriedung. Hier war er aufgewachsen und zum Mann geworden. Seit dem ersten Abschiednehmen vor seiner Reise mit dem Onkel hatte er stets das Gefühl gehabt, daß er eines Tages für immer weggehen würde.
    War dieser Tag gekommen?
    Schnapper sprang in großen Sätzen umher; sein Instinkt sagte ihm, daß die Zeit für ein neues Wagnis gekommen war.
    Eine wachsende Erregung hatte Otter ergriffen, und sie verdrängte die Trauer, die ihn am vergangenen Abend in den Armen von Rote Mokassins niedergedrückt hatte. Jetzt rief der Fluß, jetzt wartete die bedeutendste Expedition, die er je unternommen hatte, auf ihn. »Los, Schnapper, komm!«
    Glücklich stürmte der Hund vorwärts, und Otter folgte ihm auf dem ausgetretenen Pfad.
    Der Himmel versprach nichts Gutes, die Wolkenschichten kündigten Sturm vom Meer an. Das war kein sehr günstiger Tag, um aufzubrechen.
    Vielleicht hatte Grüne Spinne Gewalt über das Wetter. Die Macht würde doch sicher dafür sorgen, daß ihr Verdreher in Bequemlichkeit reisen könnte.
    Otter schüttelte den Kopf. Wenn man den Überlieferungen glauben durfte, gewährte die Macht den Menschen niemals Bequemlichkeit. Es schien sogar, als hätten die Geister eine perverse Freude daran, gerade denjenigen, die sie zur Ausführung ihrer Wünsche auserkoren hatten, alle möglichen Leiden und Schmerzen aufzuerlegen. Zum Beispiel, daß sie Schwarzschädel mitschickten. Otter erschauerte.
    Wie hatte er nur den tödlichen Blick des Kriegers ausgehalten ?
    Und

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