Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
Vom Netzwerk:
doch habe ich ihn gezwungen, seinen Blick abzuwenden. Entweder bin ich mutiger, als ich dachte, oder fünfmal so dumm.
    Er erschauerte noch einmal, und seine Muskeln verkrampften sich. Zwischen Schwarzschädel, dessen Lebenszweck es ist, den Tod zu bringen, und Grüne Spinne, einem Verdreher, der keine einfache Antwort geben kann, bin ich gefangen.
    Die Macht wählte merkwürdige Mittel für ihre Ziele. An der Kanuanlegestelle drängten sich die Menschen vom Weißmuschel- und vom Riesenschilfclan; geduldig warteten auch die Clanältesten.
    Grüne Spinne war sofort zu sehen, denn die Menschen hatten weiten Raum um ihn gelassen.
    Offensichtlich wollte niemand einem Mann mit solcher Macht zu nahe kommen.
    Der Verdreher schien geistesabwesend. Er lächelte milde die Bäume an. Das weiße Skelett, das er auf sein schwarzes Gewand gemalt hatte, sah erschreckend echt aus.
    Otter sah auch den Krieger. Schwarzschädel stand breitbeinig abseits, die muskulösen Arme verschränkt. Selbst in dieser Entfernung wirkte seine aufrechte Haltung anmaßend. Wie sollte er die lange Reise mit diesem Kerl ertragen?
    Viertöter hatte Otter kommen sehen und ging ihm mit Blaue Kanne entgegen. Er trug sein bestes Gewand. Sein Haar war über der Stirn zu einem Knoten zusammengebunden, matte Perlen aus kleinen Schneckenmuscheln hoben sich schimmernd von den schwarzen Locken ab. Eine schwere Decke mit Streifen aus weichem Biberfell und Gänsedaunen hielt er über seinen linken Arm gefaltet, über dem rechten hing eine dicke Seilrolle.
    Am Fuße des Hangs trafen sich die Brüder. Otter hob seine Tasche und sagte: »Das ist das letzte Bündel. Alles andere ist schon verstaut!« Viertöter zwang sich zu lächeln, aber seine Augen waren voller Trauer. »Ich wünschte, du würdest nicht fahren.«
    »Deine Zunge wird müde werden, das zu sagen, Bruder.«
    »Aber es ist wahr.« Viertöter breitete die Decke aus. »Ich möchte, daß du sie mitnimmst. Im Norden ist es sicher kalt. Es ist nicht viel, aber Rote Mokassins und ich… also, du wirst sie brauchen können.«
    Otter strich über die Decke - wie weich sie war und wie warm sie sein würde. Die Verarbeitung war hervorragend, das Gewebe fingerdick. »Ich danke dir. Ich brauche sie nur zu fühlen, um zu wissen, daß es keine kalten Nächte mehr für mich gibt.« Für dich auch nicht, Bruder, mit Rote Mokassins an deiner Seite.
    »Und hier ist das Seil, von dem ich dir erzählt habe. Es ist das stärkste, das ich je gemacht habe.«
    Viertöter lächelte. »Vielleicht wußte ich schon im voraus, daß du es brauchen würdest. Es ist meine beste Arbeit, Otter. Vielleicht rettet dir das Seil einmal das Leben. Nimm es. Neben meiner Liebe ist es das Wertvollste, das ich dir geben kann.«
    »Ich werde gut darauf achtgeben, das verspreche ich dir.«
    Viertöters Lächeln verschwand. »Sei vorsichtig. Meine Zunge wird nicht müde, immerzu dasselbe zu wiederholen.« Er blickte zur Seite. »Ich habe letzte Nacht mit Grüne Spinne gesprochen, jedenfalls hab ich's versucht. Ich hab' nicht verstanden, was er mir mitteilen wollte. Er… er war gerade dabei, sein Äußeres nach innen zu malen.«
    Otter lächelte. »Er sieht auch wirklich gedreht aus, findest du nicht? Sonderbare Wesen, die Verdreher. Was hat er gesagt?«
    »Daß es gefährlich sein wird für dich.«
    »Der Fluß ist immer gefährlich.«
    Blaue Kanne war dicht hinter ihnen stehengeblieben. Jetzt trat sie vor und hielt Otter ein Ledersäckchen hin, das mit einer Schnur zugebunden war. »Das ist für dich. Ein Händler, ein Freund meines Bruders, hat das in einem Dorf der Khota für zwei Pfeifen und eine Glimmerplatte eingetauscht. Als er später hier vorbeikam, hab ich's gegen eine warme Mahlzeit und eine Übernachtung von ihm eingetauscht.«
    Ihre Hand umschloß Otters Finger, als er das Säckchen öffnen wollte. »Nicht jetzt. Später, wenn du auf dem Fluß bist und Zeit hast nachzudenken. Versprich mir das.«
    »Gut, Mutter.« Otter wog das Säckchen in der Hand. Es war schwer. Was könnte drin sein?
    Der Blick seiner Mutter ruhte fest auf ihm. »Du warst schon immer anders, Otter. Vielleicht habe ich deswegen Viertöter dir vorgezogen.«
    »Mutter, ich habe doch niemals -«
    »Nein. Laß mich ausreden. Wir wissen beide, wie es war. Ich muß dir sagen, wie stolz ich auf dich bin. Ich wünschte nur… ich hätte dich ganz für mich haben können, statt dich mit dem Fluß zu teilen.«
    »Du hast mich ganz, Mutter.« Er nahm sie in die Arme und

Weitere Kostenlose Bücher