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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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drückte sie fest an sich.
    »Ich werde vorsichtig sein.«
    »Ja, paß gut auf dich auf.« Sie hatte Tränen in den Augen.
    Otter legte seine Hand auf ihre Schulter und holte tief Luft. Schnapper saß schon auf den Packen im Wellentänzer und blickte schwanzwedelnd von dort herab, als wollte er sagen: »Worauf warten wir eigentlich noch?«
    Otter nahm nun Abschied von Verwandten und Freunden. Schließlich stand Alter Nordmann vor ihm.
    Der Älteste mit dem zerfurchten Gesicht sah ihn an; seine Augen glänzten wie Obsidian. »Möge die Macht über dir sein, Sohn von Blaue Kanne. Von diesen Männern bist du der mutigste.«
    »Ich?«
    Alter Nordmann unterstrich seine Wort mit einer Handbewegung. »Grüne Spinne lebt in seiner Vision, von der Wirklichkeit des Lebens abgeschnitten. Schwarzschädel aber hat trotz seiner Großtuerei und der anmaßenden Haltung Angst vor dem Unbekannten. Sei freundlich zu ihm, Otter, er braucht deine Hilfe.«
    Otter schaute zu dem stämmigen Krieger, der immer noch abseits der Menge stand. Seine schwarzen Augen schienen in erschreckender Glut zu brennen, und seine Haltung strahlte eher Gewalttätigkeit aus als Angst.
    »Glaube mir«, sagte der Älteste. »Er wird keinem seine Verwundbarkeit zeigen. Sprich ihm Mut zu, wenn du kannst.«
    Lieber mache ich einer Mokassinschlange Mut als Schwarzschädel.
    »Ich werde mein Bestes tun, Ältester.«
    Der alte Mann klopfte ihm auf die Schulter und machte anderen Platz.
    Plötzlich stand Otter Rote Mokassins gegenüber. Eine Schrecksekunde lang blickten sie sich in die Augen. Er wollte sich jede Einzelheit ihrer glatten Haut, ihrer fein geschnittenen Nase und ihrer anmutig gewölbten Stirn einprägen. Sie verzauberte ihn wie eh und je.
    Nach einer Weile murmelte sie: »Leb wohl, Otter.« Dann drehte sie sich um und lief davon.
    Erinnerungen überkamen ihn wie eine Sturzflut. An Zeiten, in denen sie zusammen am Feuer gesessen, geredet und gelacht hatten. An Augenblicke gemeinsamer Freude, wenn er ihr ausgefallene Geschenke aus fernen Ländern mitgebracht hatte; an ihre Art, scheu zu lächeln oder auch, wie sie ihm manchmal aufreizende Blicke zugeworfen hatte. Er dachte an Tage, an denen sie Hand in Hand gegangen, mit dem Kanu auf den Fluß hinausgefahren waren, an denen sie geangelt oder Netze ausgeworfen hatten.
    Dann sah er andere Bilder, gesponnen aus Phantasie und Verlangen: ein warmes Haus, Kinder, ihre offenen Arme. Ein Leben, das er mit ihr hätte haben können. Vorbei jetzt. Vorbei!
    »Händler!« Schwarzschädels Stimme riß ihn aus seinen Träumen. »Wenn du noch lange dastehst, schlägst du Wurzeln. Je eher wir zu dieser Wahnsinnsfahrt aufbrechen, desto eher kommen wir auch wieder zurück.«
    Otter beachtete ihn nicht, er stapfte durchs kalte Wasser und verstaute seine Sachen in Wellentänzer.
    Grüne Spinne hatte sich schon mittschiffs zwischen die Packen gesetzt und redete auf Schnapper ein.
    Die beiden hatten sofort Freundschaft geschlossen.
    Otter balancierte über die Packen und setzte sich achtern. Schwarzschädel legte sorgfältig seine Wurfspeere in Reichweite, bevor er sich im Bug niederließ.
    »Wir legen jetzt ab!« rief Otter und winkte Viertöter zu. Eichelhäher, Viertöter und einige andere schoben das große Kanu über den nassen Sandstrand ins Wasser.
    Otter steuerte rückwärts und führte dann den Bug des Kanus in die Strömung. Er stach mit dem Paddel ins trübe Wasser, und Schwarzschädel paßte geschickt seinen Schlagtakt dem Otters an; Wellentänzer schnitt wie ein Messer durchs Wasser.
    Schwarzschädel blickte zum Ufer zurück und sagte: »Wenn sie die Clanältesten nicht heil nach Hause bringen, töte ich jeden von ihnen.«
    »Sie werden alle sterben«, krähte Grüne Spinne und lehnte sich gegen die Packen. »Jeder Älteste, tot…
    tot… Vier Tote!«
    »Schweig!« knurrte Schwarzschädel, was aber Grüne Spinne nur veranlaßte, fröhlich zu singen: »Vier Tote, vier Tote!«
    »Wohin?« rief Schwarzschädel nach hinten, über das Geplapper des Verdrehers hinweg.
    »Quer rüber. Die Strömung ist da nicht sehr stark.« Mit kräftigen Paddelschlägen steuerten sie schräg auf das gegenüberliegende Ufer zu. Otter schaute sich um und sah die Kanus des Clans, die ihnen das Geleit gaben. Viele der Boote würden sie bis zum Abend begleiten und erst dann wenden, um mit der Strömung wieder zurückzufahren.
    Otter wandte alle Kraft auf, um das große Kanu in die gewünschte Richtung zu steuern. Stolz stand Schnapper auf

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