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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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es nie heraus?«
    »Grizzlyzahn hatte einen Verdacht, aber er konnte mich nie dabei ertappen.« Sie hielt inne. »Dann brachten sie… ich…«
    »Perle, du brauchst nicht mehr zu sagen.«
    »Bitte. Grüne Spinne weiß es. Er hat mich mir selbst wiedergegeben. Er und sein Wurzelglied.« Ihre schlanke braune Hand strich die Decke glatt. »In jener Nacht brachten sie mich zu Wolf der Toten.
    Innerlich hatte ich mich damit abgefunden, seine Frau zu werden. Ich dachte, es würde eine Heirat sein wie überall. Festessen, Geschichtenerzählen, Singen und Tanzen.
    Doch dann zogen sie mich aus.« Sie schloß die Augen. »Warfen mich auf alle viere… und er…«
    Otter machte eine Faust. »Ich habe die Geschichten gehört. Ich verstehe dich. Aber das ist jetzt vorbei.«
    Sie atmetet flach und schnell. »Nein. Es ist nicht vorbei. Diese Erinnerungen sind immer in mir.
    Niemand kann so etwas vergessen. Er nahm mich wie eine Hündin, wie einen schmutzigen Köter.
    Dort, vor aller Augen.«
    Otter hatte noch schlimmere Geschichten darüber gehört, was Wolf der Toten seinen Frauen nach der ersten Nacht antat. Entsetzliches. Von Folter, Verstümmelung. Hatte Perle sich nie gefragt, warum ein Mann mit dem Rang von Wolf der Toten nicht ständig eine Frau hatte ? Perle wußte nicht, welches Glück es war, daß sie hier saß. »Du hättest ihn töten sollen.«
    »Ja.« Sie lächelte tapfer. »Das ist wohl nicht geschehen, weil der Geist der Macht ihn noch braucht.
    Und jetzt folgt uns dieser schwarze Wolf. Manchmal möchte ich in Tränen ausbrechen, aber dann treibe ich mich um so härter an, weil ich weiß, daß er hinter uns her ist, daß seine Kanus immer näher kommen.«
    »Sie werden dich nicht kriegen, das lassen wir nicht zu.«
    Sie blickte ihn an. »Du hast großes Selbstvertrauen, Otter.« Sie schwieg einen Moment. »Und jetzt, wo du mein Geheimnis kennst, erzähle mir, warum du immer so traurig aussiehst. Warum hast du diese Reise unternommen, wenn du kein Verbrechen begangen hast?«
    Otter preßte die Lippen fest zusammen, er kämpfte mit sich, überlegte, was er sagen sollte, was nicht.
    »Sie heißt Rote Mokassins. Sie heiratete meinen Bruder.«
    »Das hast du einmal erwähnt. Du hast ihn getötet? Bist du deshalb hier?«
    »Nein. Nein, das könnte ich nie tun«, sagte er. »Ich liebe meinen Bruder sehr. Und ich liebe sie. Sie ist eine kluge, tüchtige Frau, und sie wird eine große Führerin ihres Volks sein, und sie braucht einen Mann, der ebenfalls ein großer Führer ist. Viertöter ist dieser Mann. Ich bin es nicht. Der Fluß forderte mich, als ich noch ein Säugling war.
    Ich bin anders als andere. Meine Großmutter wußte, was sie tat, als sie mir meine Freiheit gab. Sie ließ mich ziehen, damit ich dem Clan durch Handel dienen konnte. Das war besser, als wenn ich mich auf dem Gelände des Clans versteckt hätte, besessen von der unerfüllten Liebe zu meiner Schwägerin.«
    »Gilt ihr das Verlangen, das ich in deinen Augen sehe?«
    Er zog eine Schulter hoch. »Ich wußte nicht, daß man es mir ansieht.«
    Sie sagte: »Ich glaube, Rote Mokassins hat einen schrecklichen Fehler gemacht. Du bist ein guter Mann, Otter.«
    »Das ist mein Bruder auch.« Und er träumte meinen Tod am Brüllenden Wasser. »Wir sind Zwillinge.
    Unsere Seelen sind eins. Deswegen kann ich dir sagen, daß er ein viel besserer Mann ist als ich.«
    Sie legte sich auf den Bauch in den Sand und blickte zu ihm auf. Mußten diese Augen sie so verzaubern? »Drei Ausgestoßene und ein Verdreher. Die Macht muß sehr verzweifelt sein, daß sie uns ausgewählt hat.«
    Er lachte. »Allerdings«, und langte zu ihr, um ihre Hand zu streicheln. »Danke, daß du mir deine Geschichte erzählt hast. Du bist eine sehr tapfere Frau.«
    »Wirklich? Tapfer, wo mich ständig die Angst würgt?«
    »Das ist Tapferkeit. Tun, was man tun muß, auch wenn die Angst noch so groß ist.« Er warf einen Blick auf das Gebüsch. »Schwarzschädel hat diese Lektion besser gelernt als wir andern zusammengenommen.«
    »Man kann sich nur schwer vorstellen, daß er jemals Angst hat.« Sie drehte sich auf die Seite und bettete den Kopf auf das Bündel. Die Decke hatte sich den Formen ihres Körpers angepaßt und unterstrich die Rundungen ihrer Brüste, ihre Taille und die vollen Hüften, die Länge ihre muskulösen Beine. Was war es, was er in diesen Augen sah?
    »Ich hatte von dir gehört, bevor wir uns kennenlernten«, steuerte er das Gespräch in eine unverfänglichere Richtung.

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