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Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen

Titel: Vorzeitsaga 06 - Das Volk an den Seen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Himmel bewegten. Seine Zuhörer lauschten hingerissen, begierig den Enthüllungen des alten Wissens folgend.
    Was für ein wunderbarer Traum. Er würde wieder leben. Die Maske hatte versprochen, daß die alten Bräuche, der alte Geist der Macht zurückkehren würden. Die Schüler würden wiederkommen, ihm zuhören, wenn er die Maske trug und sein Wissen weitergab.
    Dieses kostbare und heilige Wissen durfte man nicht sterben lassen. Ich werde leben, um den Traum erfüllt zu sehen. Ja, vielleicht war es das, was der Traum ihm mitzuteilen versuchte. Er hatte nicht die Vergangenheit gesehen, sondern die Zukunft.
    Ein Lächeln erschien auf seinen Lippen, als er die Maske berührte, die auf seiner Brust lag. Das Holz faßte sich glatt an, die Federn an der Halskrause frisch.
    Und er hatte bereits seine erste Schülerin. Silberwasser war ihm gespannt gefolgt, als er ihr die Sterne zeigte. Sie würde seine Stellung erben; das hatte ihm die Maske bereits verraten. Nach ihrer Einweihung würde sie Erster Stern und nach seinem Tod Sterngucker werden, Wahrerin der alten Weisheiten.
    Jetzt war es Zeit, die kleine Silberwasser eine weitere Nacht in die Bewegungen der Himmelskörper einzuweihen.
    Und das Beste war, daß er wieder sehen würde. Wenn er die Maske trug, kam der Himmel in strahlender Klarheit zu ihm zurück. Dieses Geschenk erfüllte seine Seele mit großer Freude.
    Diese Sternmuschel, würde wieder schreien, aber Silberwasser war nicht mehr ihre Tochter. Nicht, solange er die Maske trug. Diese Sternmuschel - obendrein eine von den Plattformpfeifen - verdiente keine solche Tochter.
    Du hast sie an mich verloren. Sterngucker streifte die Maske über sein Gesicht.
    »Maske?« Er tastete behutsam, dann wurde er unruhig. Die Formen waren falsch, der lange Schnabel war locker. Panischer Schrecken erfaßte ihn. Seine tastenden Finger erkannten die Wahrheit. - es war eine Fälschung!
    Magier? Er taumelte, griff an die Wand, um sich zu stützen. Dann kroch er dorthin, wo das Maskenbündel gelegen hatte. Nichts. Die Stelle war leer. Daß er die Maske heimlich an sich genommen hatte, hatte ihm der Zauberer heimgezahlt.
    Sterngucker stürzte zur Tür und taumelte hinaus in die Abenddämmerung. »Magier!« rief er. »Bring sie zurück! Zauberer, bring mir die Maske. Ich tue alles, was du willst!«
    Er rieb sich mit dem Ärmel über die tropfende Nase. »Verstehst du nicht? Nicht nur ich werde sterben, sondern unser Volk! Dein Volk! Bedeutet dir das nichts?«
    Stille. Die Abendbrise trug nur das Gurren einer Taube zu ihm.
    »Magier?« rief der alte Mann erneut. Es gab keine Rettung. Sein Augenlicht war verloren, sein Erbe, sogar dieser Ort. Himmelsort würde mit ihm untergehen.
    Schmerzend hämmerte die Einsamkeit in seinem Herzen.

33. KAPITEL
    Meine Gefährten nennen mich einen Narren, aber wer ist hier der Narr? Ich fahre in diesem Kanu und sehe die Gegenwart am Rand meines Vorstellungsvermögens, schaue den Fluß zurück, dorthin, wo ich gewesen bin. Was neben einem erscheint, ist die Gegenwart. Wir wissen nur, wo wir gewesen sind, wenn wir über das Heck des Kanus blicken, und wir können nur raten, was erscheinen wird, wenn wir die nächste Biegung umrunden.
    Leben nicht alle Menschen so?
    Wer also ist der Narr? Wer von uns reist wirklich rückwärts?
    Oder gibt es gar keinen Unterschied zwischen den Richtungen?
    »Wohin gehen wir, Mama?« fragte Silberwasser als sie dem Pfad neben dem Flußlauf folgten. Über ihnen raschelten die Zweige, deren junge Blätter im zarten Grün des Frühlings leuchteten. In der zunehmenden Abenddämmerung floh ein Waschbär vor ihnen in den Schutz des Waldes.
    Die kühle Luft roch nach fruchtbarer feuchter Erde, nach neuer Vegetation und Wasser. Finken, Rotschwänzchen und Grasmücken flatterten wie bunte Farbflecke aus dem Ufergebüsch in die Baumspitzen hinauf, wo sie vor Anbruch der Nacht singen würden. Tiefer im Wald schrie eine Eule auf der Jagd.
    »Nach Norden, meine Kleine. Wir wandern den Antilopenfluß hinauf, dann folgen wir wieder einem Pfad in den Bergen, den Langer Mann kennt. Danach kommt ein langer Marsch.« Sternmuschel blickte zurück. Der Zauberer schwang energisch die kurzen Beine, um mit ihnen Schritt zu halten. Die Maske reiste in dem Bündel auf seinem Rücken. Bildete sie es sich nur ein, oder war sein Gesicht grau geworden? War sein Mund zusammengekniffen, als ob er Schmerz litte?
    Regt sich dein Gewissen, Langer Mann? Leidest du schon, spürst du schon Reue über

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