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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Sonnenaufgangsfeier ins Dorf. Wenn es gelingt -«
    »Nein!« rief Rotalge protestierend, und ihr Herz klopfte laut. »Du hast mehrere Überfälle von Kupferkopfs Kriegern heil überstanden. Einer davon könnte dich wieder erkennen. Das einzig Vernünftige ist, dass ich gehe, Eulenfalter. Keiner von denen hat mich je gesehen. Und ich weiß auch, wie Biberpfote aussieht.«
    Teichläufer zuckte auf einmal zusammen. Er rieb sich die Stelle über seinem Herzen. Er war so bleich wie das Mondlicht.
    Rotalge murmelte: »Was ist, Teichläufer? Alles in Ordnung?«
    Traurig lächelnd erwiderte er: »Musik, Rotalge, ich höre wunderschöne Musik.«
    »Musik?«
    Er nickte. »Weißt du, wie die Wölfe sich gegenseitig anrufen, von jenseits des Waldes? Wie einer heult, bis ein anderer ihm antwortet?«
    Rotalge benetzte ihre Lippen. Sie blickte auf seine Hand; die Finger drückten so fest gegen die Rippen, dass das Blut unter seinen Nägeln zurückgewichen war. »Ja«, sagte sie.
    Ruhig erklärte er: »Ich werde ins Dorf des Stehenden Horns gerufen. Die Blitzvögel verlangen dort nach mir. Ich glaube, das ist die einzige Möglichkeit, Muschelweiß zu retten.«
    »Sie rufen dich?« fragte Eulenfalter verwirrt. »Die Blitzvögel? Was soll das Geschwätz?«
    Rotalge blickte Teichläufer fragend an, aber Teichläufer schüttelte den Kopf. Rotalge nickte. Vor lange Zeit hatte sie versprochen, niemandem etwas von dem Donner und den Blitzen in seinem Innern zu erzählen, und einmal hatte sie das Versprechen schon gebrochen. Nicht noch einmal! Es sei denn, Teichläufer würde es ihr erlauben.
    »Das Geschwätz dreht sich um die Rettung deiner Mutter, Eulenfalter«, antwortete Rotalge und legte zum Zeichen ihrer Unterstützung ihre Hand auf Teichläufers Schulter. »Bist du sicher? Ist das die einzige Möglichkeit?«
    All seine Gefühle lagen in seinem Blick, als er sie anschaute. Er flüsterte: »Ja.«
    »Dann sag uns, was die Blitzvögel von uns verlangen, Teichläufer.«
    »Moment mal!« stieß Eulenfalter hervor. »Das halte ich nicht für klug. Wir sollten -«
    Mit einer Handbewegung gebot ihm Rotalge zu schweigen. »Weiter, Teichläufer. Sag uns, was wir tun sollen.«
    Heulender Wind weckte Muschelweiß, aber sie bewegte sich nicht. Sie war sitzend an den Stützpfosten gebunden; in der Nacht war ihr Körper seitlich in die Seile gesackt, und der Regen, der auf das Schilfdach trommelte, war ihr im Takt auf die rechte Schulter getropft. Kalte Rinnsale rannen ihr über den Arm. Sie hatte ihre langen Beine ausgestreckt, und die Regentropfen perlten auf ihrer Haut. Das Blut klopfte in ihren schmerzenden Füßen. Die Fesseln um ihre Knöchel waren brutal zugezogen worden.
    Gesang und Gelächter wurden je nach Windstoß lauter oder leiser. Nahebei knisterte ein Feuer.
    Würziger Rauch von verbranntem Hickoryholz umwehte sie. Säckchen, die an den knarrenden Dachpfosten hingen, schlugen gegeneinander. Die feuchten Bodenmatten seufzten …
    Muschelweiß ballte die Fäuste; sie kannte dieses Geräusch, als wären die Jahre von ihr abgefallen wie alte Gewänder.
    Langsam und vorsätzlich ging Kupferkopf vor ihr auf und ab. Ihre Seelen erinnerten sich: seine Schritte - wie die Schritte eines Mannes, der zu seiner eigenen Hinrichtung geht, ohne Hoffnung auf Errettung. Vier Schritte nach Osten, Wendung, vier Schritte nach Westen, Wendung, vier Schritte nach Osten … In den Pausen zwischen den Böen hörte sie ihn atmen.
    Muschelweiß öffnete die Augen.
    Sie sah ihn an; beklemmendes Grauen vermischte sich mit Resten einer alten und starken Liebe. Sie atmete schnell.
    Ein Halbkreis von silbernem und schwarzem Haar umrahmte sein wunderbares Gesicht, das im Schein des Feuers leuchtete. Heilige Geister, wie gut hatte er diese Sommer überstanden! Falten hatten sich in seine Stirn und seine Augenwinkel gegraben, aber die Nase und der volle Mund waren immer noch wie in Stein gemeißelt. Seine tief gebräunte Haut hatte die samtene Färbung des Winterfells vom Hirsch. Er trug eine einfache Tunika; sein rituelles Gewand hing an einem Zapfen am südöstlichen Pfosten. Der kostbare blaue Stoff blähte sich im Wind, der die am Kragen, an den Ärmeln und am Saum aufgenähten Glimmerringe zum Glitzern brachte. Der Glimmer von Händlern aus dem Norden warf das Licht so gut zurück wie ein Wasserspiegel. Im aufhellenden Morgendämmerschein blitzte er auf wie rosigbernsteinfarbene Flammenzungen.
    Kupferkopfs Gegenwart wirkte wie eine Geistpflanze, die ihr winkte

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