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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Muschelweiß. Kniend umarmte er sie fest. Er küsste ihr Ohr und flüsterte dabei: »Keine Angst, ich habe einen Plan.« Er spürte, wie sie erstarrte. Laut fragte er: »Ist alles in Ordnung? Haben sie dir wehgetan?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Nein.«
    Als er vor ihr zurückwich, sah er, dass ihr Blick gebannt auf Kupferkopf gerichtet war, und darin kam ein Gefühl zum Ausdruck, das er noch nie zuvor in ihren Augen gesehen hatte; es war stärker als Hass, es kam eher einem tödlichen Versprechen gleich. Teichläufer sank auf die Matten neben ihr, noch innerhalb des Kreises, den die von oben fallenden Regentropfen um sie herum bildeten. Von seinem ersten Schritt ins Dorf an hatte er den Regen gerufen, und nun strömten die Gewitterwolken zusammen und verdeckten die Sonne.
    Er spürte förmlich deren furchtbare Gewalt; eine Wut, die sich aufbaute, bereit, in jedem Augenblick loszubrechen und alles zu zerstören, was ihr in die Quere kam.
    Kupferkopf stand mit gekreuzten Armen auf der anderen Seite des Feuers, den Blick auf Muschelweiß gerichtet. Es schien, als kämpften sie lautlos mit schierer Willenskraft gegeneinander.
    Draußen im strömenden Regen zogen die Wachen ihren Kreis enger und warfen ehrfürchtige Blicke auf Teichläufer. Jenseits des Rings der Wachtposten schoben sich die Dorfbewohner im Regen zusammen, deuteten auf Teichläufer und bemühten sich, besser zu sehen.
    »Die Zeit ist gekommen, Muschelweiß.« Ohne den Kopf zu drehen, befahl Kupferkopf: »Kleinhorn, dräng das Volk zurück. Das hier betrifft die Leute nicht. Noch nicht.«
    Ein sehr junger Krieger nickte hastig: »Ja, Geistältester.«
    Draußen brüllte er seine Kommandos, und die Menge protestierte. Die Wachen mussten mehreren Leuten mit ihren Atlatl über den Kopf schlagen, um sie zum Rückzug zu bewegen, und empört murmelnd gaben die Leute nach.
    Kupferkopf legte den Kopf auf die Seite; in seiner Miene hielten sich Neugier und Unverständnis die Waage. Teichläufer musste in diese magnetischen Augen starren, er konnte sich nicht davon losreißen.
    Sie erinnerten ihn an die Augen eines Wolfs auf einer blutigen Fährte. In seiner blauen Ritualtunika sah Kupferkopf fabelhaft aus; die Glimmerringe funkelten im Feuerschein. Die silbernen Schläfenhaare leuchteten in reinstem Weiß.
    Mit sanfter, klarer Stimme fragte er Muschelweiß: »Weißt du noch, was geschehen ist, als ich von der Pelikaninsel heimkehrte?«
    Angesichts ihrer Verwirrung stieß Teichläufer hervor: »Du - du meinst, das Massaker der Pelikaninsel? Vor zweimal zehn und sechs Sommern? Nein, ich - ich meine, ich habe gehört -«
    »Still, Teichläufer«, flüsterte Muschelweiß. Sie betrachtete Kupferkopf, als wollte sie sich sein Gesicht einprägen. Sie kniff die Augen zusammen.
    Kupferkopf hielt die Hände über die Flammen, um sie zu wärmen. »Nun?«
    »Natürlich nicht. An dem Tag habe ich meine Familie begraben«, sagte sie mit kalter Stimme. »Wie konnte ich -«
    »Deine Familie war hier!« brüllte er. Dann, jämmerlich flüsternd: »Hier! Und wir hätten dich gebraucht.«
    Muschelweiß blieb eine Weile stumm. Dann fragte sie: »Und was ist geschehen, als du heimgekehrt bist, Kupferkopf?«
    Er holte tief Luft. »Ich kam heim, um unseren Sohn zu bestatten, und fand alle Seelentänzer im Dorf um ihn herumsitzen und schnattern wie die Vögel.«
    »Sie schnatterten? Worüber?«
    Er ballte die Fäuste über dem Feuer. »Sie sagten, ich solle mich nicht um die Bestattung sorgen. Die Jenseits-Seelen von Riedgras hätten sich verflüchtigt, die einzige Seele, die er noch habe, sei die, die sowieso auf ewig im Körper verbleibt.«
    Muschelweiß saß reglos das. »Aber ich … verstehe nicht. Warum -«
    »Du verstehst es nicht?«
    Sie starrten sich an, Kupferkopf erbittert und zermürbt, Muschelweiß verwirrt.
    Während des Schweigens fühlte Teichläufer sein Herz heftig klopfen. Hundszahn hatte gesagt, dass eine der Seelen von Riedgras sich in einen Blitz verwandelt hatte; er wusste, was mit dieser Seele geschehen war. Er …
    Der Blitzvogel rührte sich, schwach wimmernd, ganz zart und herzzerreißend. Direkt über der Hütte grollte Donner, und der Regen zischte wie eine Palmfaserbürste auf einem Stück Fell. Das Vogeljunge in Teichläufer drehte sich um sich selbst, und er hatte plötzlich das Gefühl, als würden seine Lungenflügel zerdrückt. Mit offenem Mund rang er mühevoll nach Atem. Muschelweiß oder Kupferkopf hatten etwas gesagt, was den kleinen Blitzvogel in

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