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Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze

Titel: Vorzeitsaga 07 - Das Volk der Blitze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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und seine Hände krallten sich kraftlos ins Gras.
    Häsling brach aus seinem Versteck hervor und schleuderte mit der ganzen Kraft seines jungen Körpers den Speer auf Möwenflügel. Der Speer traf den Krieger in der Flanke und drang tief ein. Blut sprudelte aus der Wunde und rann ihm in schauerlichen Rinnsalen über den nackten Rücken. Der Mann sank auf die Knie und beugte sich nach vorn, aber Häsling wusste, dass er den Feind nicht getötet hatte. Er zog den Dolch aus dem Gürtel. Er musste ihn dem Krieger ins Herz stoßen, er hatte keine andere Wahl. Mit zitternden Knien rannte er auf ihn zu.
    Ihn töten, während er mir in die Augen sieht? O Bruder Himmel, lass es mich schnell tun, damit ich es hinter mir habe.
    Ein Kriegsschrei durchschnitt die Luft. Herumwirbelnd sah Häsling, wie Wolkenfisch über einen umgestürzten Baumstamm sprang und mit erhobenem Dolch aus den Bäumen auf ihn zulief. Hass brannte in seinen Augen. Häsling stolperte, fassungslos über die Nähe des Mannes.
    »Häsling! Runter mit dir!« schrie Eulenfalter.
    Häsling warf sich zu Boden, und Eulenfalters Speer sauste über seinen Kopf hinweg und durchbohrte den Hals von Wolkenfisch, der kurz vor Häsling niederfiel und an seinem eigenen Blut würgte. Er packte den Speer und hielt ihn fest, während er Häsling in die Augen sah. Es dauerte eine Ewigkeit, bis er erstickt war. Häsling wurde übel.
    Eulenfalter kam mit geladenem Atlatl hinter den Bäumen hervor, auf alles gefasst. »Komm mit«, sagte er, »Rotalge und Teichläufer brauchen uns.«
    »Aber ich muss Möwenflügel noch töten, ich habe ihn nur -«
    »Er ist tot, Häsling. Er ist verblutet. Gehen wir!«
    Häsling rollte sich auf die Knie; Eulenfalter packte seine Hand, um ihm zu helfen, aber dennoch brauchte Häsling all seine Kraft, um wieder auf die Beine zu kommen. Als er endlich mit zitternden Knien stand, blickte er auf die mondbeschienene Wiese.
    Da kniete Rotalge und hielt ihren Bruder umarmt. Sie hatte ihn losgebunden, und er drückte sie fest an sich. Der nach Gras duftende Wind trug seine leisen Schluchzlaute mit sich fort.
    Ich habe eine Zeithand gewartet«, sagte Teichläufer verzweifelt. Mit geschwollenen, rot unterlaufenen Augen blickte er gebannt in die tanzenden Flammen. »Dann bin ich ihr nachgegangen.«
    Eine löchrige Decke aus feinem Nebel legte sich über ihr Lager, streichelte die Luft mit ätherischen Fingern; die Kälte drang den dreien bis ins Mark. Im Mondlicht, welches das Geflecht dunkler Zweige durchdrang, glitt der Nebel um die Eichbäume und glitzerte, als wäre er ein lebendes Wesen, das ihnen lauschte, sie beobachtete und nur auf eine Gelegenheit wartete, um sie niederzustrecken. Das Feuer spuckte Funken sprühend, um diesen spinnwebfeinen Angreifer abzuwehren.
    »Weiter«, drängte Rotalge.
    Teichläufers nasses weißes Haar trocknete in der Wärme des Feuers und hing ihm nun locker über die Schultern. »Ich kroch am Ufer entlang, unter Wasser, und setzte meine Schildkrötenmaske auf, um mein Gesicht zu tarnen. Ich habe sie nicht gesehen. Aber man hat sie wohl gefangen genommen. Ich verstehe nicht, warum sie mich belogen hat. Hätte sie mir gesagt -«
    »Hätte sie's dir gesagt, dann hättest du unbedingt mit ihr gehen wollen.« Eulenfalter saß Teichläufer am Feuer gegenüber und runzelte die Stirn. »Sie wollte nicht, dass du mitgehst, Teichläufer. In der größten Gefahr setzt sie nur ihr eigenes Leben aufs Spiel. So ist sie eben.« Er seufzte. »Ich muss freilich zugeben, dass mich das auch schon oft verärgert hat.«
    Teichläufer zog die Knie an und umschlang sie mit seinen langen Armen.
    Rotalge betrachtete die beiden. Eulenfalter trug ein einfaches Gewand mit einem Gürtel aus geflochtenen Lederriemen. Sie hatte Teichläufer gezwungen, seine Robe wieder anzuziehen, obwohl er versicherte, dass das nicht nötig sei. Aber er war so lange im kalten Wasser gewesen, dass sich sein Körper wie ein Eisblock angefühlt hatte.
    Sie schöpfte sich einen Becher heißen Kiefernnadeltee aus dem Kochkorb über dem Dreibein und sah nach den übrig gebliebenen Waschbärstücken in der Holzschale über dem Rand der Glut. Das Fleisch war dampfend heiß. Sie strich mit dem Finger über den Schalenrand, fand die kühlste Stelle, packte dort die Schale und ging mit ihr und dem Teebecher zu Teichläufer.
    Er schaute auf, als sie um die Feuerstelle herumkam und sich neben ihn kniete. Das Glänzen seiner rosafarbenen Augen zeigte, wie sehr er sie liebte.

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