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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Sie wußte, daß er recht hatte. Aber noch bevor sie darüber nachdenken konnte, sagte ihr Mund: »Nein. Nein, die Ältesten würden mich nicht aufgrund eines Verdachts verurteilen. Sie werden Beweise sehen wollen … und es gibt keine. Ich werde gewinnen. Ich muß nur jetzt schnell heiraten.«
    Eisenholz nahm ihre Hände und sah ihr in die Augen. »Wen?«
    »Ich weiß nicht. Ich dachte an Indigo-Läufer aus Sternschnuppenstadt. Er…«
    Eisenholz senkte den Kopf und drückte ihre Hände so fest, daß es ihr weh tat. Seine Arme zuckten. Es dauerte eine Weile, bis Nachtsonne begriff, daß er seine Tränen unterdrückte - nicht seine Wut. Sie flüsterte: »Ich habe dir niemals weh tun wollen, Eisenholz.«

39. K APITEL
    Schwester Mond stieg über dem Hügel hinter Eichelhähers Lager auf, eine strahlende Perle in einem sternbesetzten tiefblauen Meer; ein bleicher Schein ergoß sich über die Felsenhänge. Jeder Grashalm warf einen Schatten. Eine Reihe riesiger Steine stand auf dem Hügel hinter Eichelhähers Rücken, wie in atemloser Erwartung leicht schräg über das Lager geneigt. Die versammelten Krieger bewegten sich und flüsterten miteinander. Ihre Mokassins wirbelten Staub auf, der im Feuerschein leuchtete wie ein flimmernder Schleier.
    Fichtenzapfen saß in der Hocke, die Unterarme auf den Knien. Distel saß neben ihm. Die Wachen hatten sie ermahnt, außerhalb des Schutzrings zu bleiben, den zwanzig Krieger um Eichelhäher herum bildeten, doch durch das Gewirr der Körper konnte Fichtenzapfen Eichelhähers Gesicht sehen, als Heuler ihm erklärte, was Distel mit ihm besprechen wollte. Offensichtlich glaubte Eichelhäher kein Wort. Der hochgewachsene Mann hatte eine Ausstrahlung grenzenloser Selbstsicherheit, eine wilde Würde, die selbst die tapfersten Männer unsicher machte. Eichelhähers schmales Gesicht erstarrte, während Heuler immer stärker gestikulierte.
    Distel hatte ihre Knie angezogen; sie sah sehr entschlossen aus. Sie war eine schöne Frau, das hätte jeder Mann bestätigt. Sie war klein und zierlich, hatte ein glattes, gebräuntes Gesicht und langes, seidiges Haar. Für dieses Treffen hatte sie es heruntergelassen, und es hing ihr in blauschwarzen Wellen über den Rücken. Mit zusammengekniffenen Augen musterte sie die Krieger. Wie um ihre Angst zu unterdrücken, fragte sie: »Wie ist es dazu gekommen, daß du hier gelandet bist, Fichtenzapfen? Ich verstehe, was du hier machst, aber nicht den Grund. Du warst doch einer von Krallenstadts angesehensten Kriegern!«
    Fichtenzapfen pflückte einen Grashalm und drehte ihn verlegen hin und her. »Das ist eine lange Geschichte, Distel. Das fing vor einem Mond an. Hätte ich damals schon gewußt -« »Bevor du nach Lanzenblattdorf gekommen bist?«
    »Kurz davor, ja.« Er gestikulierte mit dem Grashalm und kam sich vor wie ein Narr. Wie konnte er dieses schwer durchschaubare Gewebe aus Lüge und Täuschung erklären? »Bevor ich Krallenstadt verließ, um nach Lanzenblattdorf zu gehen, bezahlte mich Schlangenhaupt, damit ich einen von Eichelhähers Boten treffe.«
    »In der Nähe von Lanzenblattdorf?«
    »Nein, auf dem Rückweg, in der Nähe von Krallenstadt. Schlangenhaupt hatte mit diesem Boten schon seit Monden in Verbindung gestanden und nun ein Treffen im Norden vom Großen Platz vereinbart.« »Schlangenhaupt hat dich also damit beauftragt, weil er zu feige war, selbst mit dem Mann zu sprechen.«
    Fichtenzapfen nickte. »Ich sehe, du kennst ihn noch gut.«
    »Nur als ein bösartiges Kind. Ich habe ihn seit sechzehn Sommern nicht mehr gesehen. Sprich weiter.« Fichtenzapfen ließ den Grashalm über seine Fingerspitzen gleiten. »Schlangenhaupt hat mir solche Reichtümer geboten, daß mir der Mund offenstand. Ich dachte mir, ein Treffen, was ist schon dabei? Außerdem würde er die nächste Gesegnete Sonne sein.«
    Sie drehte sich zu ihm um; er sah Verständnis und Güte in ihren Augen. Es war wie Balsam für seine wunde Seele.
    »Reichtümer?« fragte sie. »Aber Schlangenhaupt hat doch kaum etwas besessen.«
    »Ja, und was er besaß, das war auch schnell verteilt. Aber das ist eine andere Geschichte.« Er blickte finster zu Boden und wünschte sich weit fort. Palmlilie war sein Freund gewesen und ein ergebener Krieger der Gesegneten Sonne. Daß er jetzt mit Palmlilies Frau zusammensaß, führte ihm seinen eigenen Treubruch schmerzlich vor Augen.
    Treubruch, ja, aber einer, der nötig ist, um ein schreckliches Übel zu beseitigen.
    »Sprich weiter«,

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