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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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heute abend sehr gut aus.«
    Die kleine alte Frau ergriff liebevoll Nachtsonnes Hand und sagte: »Ich bin deinetwegen hier, mein Mädchen. Ich will hören, was du zu sagen hast.«
    Nachtsonne beugte sich vor und küßte Kräuterblüte leicht auf die faltige Wange. Sie murmelte: »Ich danke dir.«
    Als sie die Hand zu Singdrossel ausstreckte, tätschelte er ihre Finger zärtlich. »Geht's dir gut, Cousine?«
    Laut antwortete sie, damit er sie hören konnte: »Mir geht es jetzt viel besser, vielen Dank. Es wärmt mein Herz, dich zu sehen.«
    »Mir geht es genauso«, entgegnete Singdrossel.
    Bevor sie zu Düne weiterging, befahl Schlangenhaupt: »Komm hierher, Mutter! Setz dich hin!« Er deutete auf den Boden.
    »Ich werde stehen«, sagte Nachtsonne. »Stell mir deine Fragen.«
    Schlangenhaupt zog den Mund ein wenig in die Breite, aber man hatte es nicht ein Lächeln nennen können. Die Kälte seines Ausdrucks traf Nachtsonne wie ein Schlag in den Magen. Wie konnte er seine eigene Mutter in dieser Weise ansehen?
    Nachtsonne reckte das Kinn. »Nun? Du hast mich einen Viertelmond lang eingesperrt. Wessen beschuldigst du mich?«
    Über Schlangenhaupts Schulter sah sie das Gesicht Nordlichts. Ätherisch. Schön. Als würde er allein auf einem Berggipfel sitzen, um einem prachtvollen Sonnenaufgang zuzusehen, nicht hier bei ihrer Verhandlung. Ihr Blick glitt zu Eisenholz unten an der Treppe. Die starken Muskeln zeichneten sich unter dem hellbraunen Hemd ab. Der Schweiß rann ihm über die Mundwinkel zum Hals hinunter. Er sieht aus, als hätte er genausoviel Angst wie ich.
    Schlangenhaupt stolzierte würdevoll vor Nachtsonne auf und ab und stieß mit seinem Stock auf. Das lange Haar des toten Jungen flatterte, und etwas Flüssigkeit rann aus dem aufgeschlagenen Schädel. »Was mein Vater über dich gesagt hat - ist das wahr?«
    »Was die Leute über dich sagen - ist das wahr?«
    Leises Lachen von Seiten der Ältesten wurde laut. Alle wußten, was man sich über Schlangenhaupts Brutalität erzählte und sogar von seiner Feigheit, wenn ein Kampf drohte.
    Schlangenhaupt lächelte kalt. »Hast du meinen Vater betrogen? Hast du dieses Kind ausgetragen« - er deutete auf den abgetrennten Kopf - »und es versteckt?«
    »Nein und nochmals nein«, antwortete Nachtsonne.
    »Du nennst also meinen Vater, die frühere Gesegnete Sonne, einen Lügner?«
    Nachtsonne wandte sich an die Ältesten. »Hört mich an, bitte. Als Krähenbart im Sterben lag, hat er vieles gesagt, was keinen Sinn ergab. Ich glaube, seine Seele ging in seinem Körper aus und ein, und da konnte er nicht unterscheiden zwischen dem, was er sich vorstellte und seinen wirklichen Erinnerungen. Ich -«
    »Du hältst uns wohl für Dummköpfe!« brüllte Schlangenhaupt. Er wirbelte herum und deutete auf Nordlicht. Der Priester sah ihn gelassen an. »Und was ist mit dem, was Nordlicht gesagt hat? Er hat uns erzählt, daß der Junge im Lanzenblattdorf lebt, daß du einen Sohn zur Welt gebracht hast -« »Das habe ich nicht gesagt«, murmelte Nordlicht.
    Die Ältesten verstummten und warteten atemlos.
    Schlangenhaupt traute seinen Ohren nicht. »Doch«, rief er zornig. »Ich habe es gehört. Kriecher und Dachsbogen haben es auch gehört!«
    »Ich habe nur gesagt«, stellte Nordlicht richtig und trat neben Nachtsonne, »daß der Junge in Lanzenblattdorf lebte. Ich habe nicht gesagt, daß Nachtsonne das Kind geboren hat.« Schlangenhaupt stieß den Stock auf den Boden wie ein wütendes Kind. Der Kopf des toten Jungen wackelte. »Du willst mir erzählen, daß du nicht gemeint hast -«
    »Genau das will ich dir erzählen.«
    Schlangenhaupt kämpfte um seinen verlorenen Vorteil. Er sagte: »Dann hast du also … dann hast du mich also ein unschuldiges Kind töten lassen! Ich habe befohlen, daß man Palmlilies Sohn umbringt, weil du mir vorgegaukelt hast, der Junge sei ein unehelicher Bastard meiner Mutter! Du hundsgemeiner Mörder!«
    Nachtsonne ballte die Fäuste so krampfhaft, daß ihr die Nägel ins Fleisch schnitten. Was für ein Spiel spielte Nordlicht? Sie konnte das nicht ergründen. Er stand so ruhig, so reglos da. Gegen die rote Säule abgehoben, sah er aus wie ein Geist. Nur seine Augen bewegten sich. Er blickte einzeln auf die Thlatsina-Masken an den Wänden und durchforschte die Gesichter, als lauschte er den Stimmen der Götter.
    Die Ältesten flüsterten eine Weile untereinander. Dann schaute Mondglanz hoch.
    »Ist das wahr, Sonnenseher? Hast du Schlangenhaupt

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