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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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einen Arm um ihre Schultern. »Kannst du mir aufhelfen? Wir müssen jetzt gehen, und ich bin nicht sehr stark.« Maisfaser schlang einen Arm um seine Hüften und drückte ihn fest an sich. »Wenn nötig, trage ich dich den ganzen Weg zurück.«
    Sängerling erhob sich mit weichen Knien, und sie machten sich auf den Heimweg, den Pfad hinunter.

51. K APITEL
    Zitternd hing Eisenholz in den Armen der Wächter, die ihn über den Felsenpfad hinabzerrten; ihm war übel. Seine Knie schleiften über den Boden und hinterließen blutige Spuren. Sie warfen ihn auf die Plaza, Gesicht nach unten, und ließen ihn liegen. Er brauchte eine Weile, bis er soviel Kraft gesammelt hatte, um den Kopf wenden zu können. Feuerhunde der Mogollon umringten ihn in einem ungeordneten Kreis. Er sah sie nicht deutlich, sah nur ihre Kleidung; sie hatten sich für das großartige Schauspiel in ihre besten Gewänder geworfen: in rote, gelbe und blaue Stoffe mit klingelnden Muschelglöckchen, besetzt mit glitzernden Steinen. Eisenholz blinzelte gegen die Trübung seines Augenlichts an. Der Schlag auf den Schädel unmittelbar vor Nordlichts Tod hatte ihn blind gemacht… für wie viele Tage? Fünf? Sechs? Ganz langsam gewann er seine Sicht zurück - obwohl es nicht mehr wichtig war. Seine physischen Augen würde er nur noch kurze Zeit brauchen.
    Er wälzte sich auf die Seite und versuchte zu atmen. Sein ganzer Körper war eine offene Wunde geworden. Sie hatten sich abgewechselt. Einige Dorfbewohner hatten mit spitzen Stöcken auf ihn eingestochen, andere hatten ihn festgebunden und ihre Steinmesser benutzt, um ihn aufzuschneiden und die Muskeln in seinen Beinen, Armen und in seinem Gesicht langsam freizulegen. Eichelhäher ließ sie nie zu weit gehen. Wenn das Blut zu reichlich floß, ließ er es mit glühenden Steinen stillen. Wenn Eisenholz offenbar Durst hatte, hielt ihm Eichelhäher selbst den Wasserkrug an die Lippen. Sie ernährten ihn gut, um ihn bei Kräften zu halten. Sie wollten, daß er so lange wie möglich lebte und litt, denn seine Schmerzen, so glaubten sie, würden alle die trösten, die Freunde, Ehemänner, Ehefrauen und Kinder durch Eisenholz' Hand verloren hatten. Er beugte den Kopf und sah auf die Lederriemen, die seine blutigen Hände und Füße straff fesselten. Er fürchtete den Tod nicht - nicht wirklich. Er hatte den Tod zu oft gesehen, um ihn zu fürchten. Er kannte den Verlauf und das Wesen des Todes. Und zu diesem Zeitpunkt würde er den Tod sogar als Freund begrüßen.
    Er fürchtete nur das Danach.
    Die Mogollon würden dafür sorgen, daß seine Seele das Jenseits nicht erreichte - so wie sie es auch bei Nordlicht getan hatten. Eichelhäher hatte Eisenholz, Nachtsonne und Düne gezwungen, dem Begräbnis beizuwohnen. Da er nichts sehen konnte, hatte Nachtsonne ihm mitgeteilt, was danach geschah. Die Feuerhunde hatten Nordlicht in ein Loch geworfen und lachend eine Steinplatte auf ihn fallen lassen. Diese Nachricht hatte Eisenholz ins Herz getroffen. Sein Leben lang hatte Nordlicht ihm beigestanden, ihm geholfen, seine Irrtümer gedeckt. Er hatte Besseres verdient.
    Keiner von beiden würde einmal bei den Ahnen sitzen und über die alten Zeiten sprechen oder nach Herzenslust jagen oder fischen. Eichelhäher würde dafür sorgen, daß auch Eisenholz' Seele für alle Zeiten im Erdreich eingesperrt blieb, verloren und klagend. Er, der sein ganzes Leben lang die Gesellschaft anderer gesucht und sich danach gesehnt hatte, würde sich nie mehr daran erfreuen können.
    Aber für mich ist es eine verdiente Strafe. Für Nordlicht nicht.
    Da war ein seltsames Brennen in seiner Brust. Er hob die Augen und versuchte, Nachtsonne in dem Gewirr von Gestalten und Farben zu finden. Da! Aufrecht stand sie dort, Eichelhäher auf einer Seite und Düne auf der anderen. Zwei Wachtposten waren neben ihnen. Sie wußte natürlich, daß ihm nur noch wenig Zeit blieb, doch gab sie keinen Laut von sich. Sie würde das Volk des Rechten Wegs nicht beschämen, indem sie um Eisenholz' Leben bettelte, wenn sie wußte, daß es verloren war. Und sie würde den Feuerhunden nicht die Genugtuung geben, sie weinen zu sehen.
    Stolz erfüllte ihn. Er konnte sie kaum sehen und versuchte doch, ihr zuzulächeln.
    Eisenholz hörte die Wächter kommen, die sich mit kratzenden Sandalen um ihn scharten. Undeutlich sah er Gestalten, die gegen den blauen Himmel aufragten.
    Er neigte den Kopf. »Und jetzt?«
    Sie verstanden seine Sprache nicht und hätten seine Frage

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