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Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille

Titel: Vorzeitsaga 08 - Das Volk der Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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einen langen Marsch zum Dorf der Gila-Monster-Klippen.« »Ach ja?«
    »Sängerling«, sagte sie stirnrunzelnd, »ich habe vier Tage gebraucht, um dich zu finden. Zum Glück hast du eine so deutliche Spur hinterlassen, daß ein fünf Sommer altes Kind dir hätte folgen können. Aber bei deinem Zustand brauchen wir mindestens drei Tage, um zurückzukommen.« Sie wurde nachdenklich. »Und ich glaube, Sängerling, wir sollten so schnell wie möglich heimgehen. Eichelhäher ist sehr besorgt deinetwegen.«
    »Ich wundere mich, daß er nicht zehn Mann geschickt hat, um mich mit Gewalt zurückzuholen.« »Düne und ich, wir haben ihn gebeten, das nicht zu tun.«
    Sängerling hob die Brauen. »Und er ist darauf eingegangen?«
    »Düne hatte diesen Blick - du weißt ja, was ich meine. Das ist wie ein Schrei, der dir verkündet, daß alle bösen Geister der ganzen Schöpfung auf dich losgelassen werden, wenn du nicht gehorchst.« Er nickte seufzend. »Und wie ich diesen Blick kenne.«
    »Ich habe Eichelhäher inständig gebeten, nach dir suchen zu dürfen. Er hat die Augen zugekniffen und mich lange angesehen. Dann hat er genickt und gesagt, er vertraue mir - weil du mich liebst. Er gab mir die Erlaubnis, dich zu suchen.«
    Sängerling ergriff ihre Hand. In seinem Griff schienen ihm ihre Finger schmal und zart. »Maisfaser, ich liebe dich wirklich. Ich möchte immer bei dir sein. Falls du … falls du auch bei mir sein möchtest.« Ihr trauriges Lächeln brach ihm das Herz. »Das möchte ich mehr als alles in der Welt, Sängerling.« Das Lächeln verging, und sie wandte sich ab. »Aber ich weiß nicht, wo wir jemals ein Heim finden könnten. Meine Mutter, Distel, hat beschlossen, hier bei den Gila-Monster-Klippen zu bleiben. Aber ich kann das nicht, Sängerling. Aber ich kann auch nicht zum Volk des Rechten Wegs zurückkehren, und mein Vater…«
    Sängerling ließ sein Dörrfleisch sinken und runzelte die Stirn. Der Vater… es mußte ihm gutgehen; die Hüterin hatte gesagt… schien gesagt zu haben…
    »Maisfaser! Was ist geschehen, als ich fort war?«
    Sie schob einen Stein zur Seite und rutschte neben ihn, als brauchte sie seine Nähe. »Dein Großvater bedauert, daß er Nordlicht vor deinen Augen getötet hat.« Sie schaute düster zu Boden. »Ich habe Nordlicht nicht sehr gut gekannt, Sängerling, aber er war freundlich zu mir. Ich vermisse ihn.« »Ich auch.«
    »Obgleich er deine Mutter ermordet hat?«
    »Ich habe sie überhaupt nicht gekannt, Maisfaser.« Er biß wieder in sein Dörrfleisch. Sie wollte offenbar noch nicht über ihren Vater sprechen. Er kaute langsam, um ihr Zeit zu lassen. Das Fleisch hatte ein pikantes Aroma, das er nicht kannte, wie eine Mischung von Zederrindenrauch und dem Duft von Phloxblüten.
    »Ich weiß immer noch nicht, was ich davon halten soll, daß er meine Mutter getötet hat, um mich zu retten. Ich weiß nur, daß er getan hat, was er glaubte, tun zu müssen. Das ist nicht unehrenvoll.« Er warf einen Blick auf Maisfaser, die Kiefernnadeln zwischen ihren Füßen zu einem Häufchen zusammenscharrte. »Und die andern?« fragte er zögernd. »Was ist mit ihnen geschehen?« »Dein Verhalten nach dem Mord an Nordlicht hat Eichelhähers Wut offenbar gemildert; er hat Nachtsonne und Düne freigelassen, aber Wachtposten folgen ihnen im Dorf überallhin.« Sie machte eine Pause, der Mund stand ihr offen.
    Er hatte Angst vor der Antwort, als er seine nächste Frage stellte: »Und dein Vater? Was ist mit Eisenholz?«
    Eine kleine Weile blieb sie reglos sitzen und betrachtete den Himmel, dessen rosige Färbung in eine kräftige bernsteinfarbene Tönung überging. Das Sonnenlicht streifte zuerst die Gipfel, und die Schneetaschen schienen zu brennen. Als dann das Gesicht von Vater Sonne über den Horizont spähte, floß das Licht über das Flachland und vertrieb die letzten Spuren der Nacht.
    »Maisfaser!« Sein Magen krampfte sich zusammen. »Ist dein Vater noch am Leben?« »Ich weiß es nicht.« Sie schüttelte den Kopf. »Als ich wegging, war er noch in der Zelle eingesperrt. Aber ich habe Gerüchte gehört, Eichelhäher plane, ihn durch Wächter herausschleppen zu lassen.« Sie ballte die Fäuste. Eine kühle, würzige Brise wehte von der Wiese hinauf und zerrte Stränge ihres schwarzen Haares aus ihrem Zopf, die ihr hübsches Gesicht umflatterten. »Um mit den Martern zu beginnen.«
    Sängerling zog ihren Beutel heran, packte die restliche Nahrung hinein und schnürte ihn wieder zu. Er legte

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