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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathleen O'Neal Gear , W. Michael Gear
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Gedanken von Muschelkamm fort und vertiefte sich in die fantastischen Neuigkeiten, die er durch den dünnen Vorhang am Einlass zur Schwitzhütte gehört hatte.
    Jaguar war also Kriegshäuptling der Schlangenhäuptlinge gewesen? Darauf wäre Neuntöter nie gekommen. Und die Konsequenzen erschreckten ihn. Er selbst konnte sich vielleicht damit brüsten, Kriegshäuptling der Weroansqua zu sein, aber nach allem, was die Händler berichteten, war ein Krieg der Schlangenhäuptlinge etwas ganz anderes. Bei diesen Kämpfen wurden ganze Stämme gegeneinander ausgespielt, zehnmal zehnmal zehn und noch mehr Krieger nahmen daran teil, und jeder einzelne beherrschte sein Handwerk. Auf dem Marsch waren sie mit bunten Federn geschmückt und führten Schilde aus Weidenruten und fein gearbeitete Pfeile mit sich. Er hatte gehört, dass diese Krieger auf geweihten Kriegspfaden ausrückten. Jede Gruppe folgte einer für sie entwickelten Strategie, war aber gleichzeitig immer auch ein Teil des Ganzen.
    Und Jaguar war tatsächlich der Anführer jener fähigen Krieger gewesen? Neuntöter biss sich nachdenklich auf die Lippen und erinnerte sich an die Niederlagen, die Kupferdonner dem Mamanatowick, Steinfrosch und dem Tayac der Conoy beigebracht hatte. War die Herrschaft, die Kupferdonner an den Grenzen des Grünstein-Landes errichten wollte, etwa von jener Art? Welches Geschick mochte Neuntöters Volk drohen, wenn Kupferdonner seine Gebietsansprüche festigen wollte? Dieser Gedanke beunruhigte Neuntöter sehr. Wie sollten seine Leute dieser Haufen von Jägern und Fischern - gegen die sagenhaften Krieger der Schlangenhäuptlinge antreten und erfolgreich sein?
    Vor der Schwitzhütte drehte Sonnenmuschel sich plötzlich um und streckte eine schmale braune Hand aus, um Jaguar zu stützen, der durch die niedrige Türöffnung ins Freie trat. Der alte Mann fröstelte in der Kälte und blinzelte. Das Licht schien ihn zu blenden.
    Neuntöter erhob sich und ging zum Ufer, wo Jaguar sich Wasser auf das alte Fleisch spritzte.
    Neuntöter musterte ihn skeptisch. Welke Haut, durch die Hitze gerötet, hing an seinem knochigen Leib. Einzelne Muskelstränge ließen frühere Stärke ahnen. Helle Narben traten deutlich auf der dunklen Haut hervor. Sein Geschlecht schien müde in der grauen Wolle der Schamhaare zu hängen.
    War dieser alte Mann tatsächlich ein so großer Kriegshäuptling gewesen?
    »Das habe ich seit Jahren nicht mehr getan«, sagte Jaguar und rieb seine Gänsehaut mit der Decke ab.
    »Ich glaube, es ist jetzt Zeit für eine Tasse warmen Tee und ein schönes Feuer.«
    Neuntöter wies zum Dorf, als Jaguar sein altes Jägerhemd überstreifte, seinen Lendenschurz anlegte und sich die Decke um die Schultern legte. Sonnenmuschel nahm den gewohnten Platz hinter ihnen ein.
    Eine Weile blieb Neuntöter in Gedanken versunken, bis er Jaguars wissende Augen auf sich ruhen fühlte. Der alte Mann war offenbar dabei, die schützenden Hüllen um seine Gedanken herum abzuschälen.
    »Ja, Häuptling?«
    »Ich habe euch belauscht, ich konnte nicht anders.«
    Jaguars Lippen zuckten. »Das hatte ich erwartet. Es war die Hitze. Sie hat meine Wachsamkeit in ihren Dampf eingehüllt.«
    »Du dientest einem Schlangenhäuptling? Einem mit Namen Aufsteigender Weißer Rauch? Von dem habe sogar ich gehört.«
    »Das ist lange her.«
    »Du sagtest, dass Kupferdonner versucht, es den Schlangenhäuptlingen gleichzutun. Du sagtest, er habe deswegen sich so tätowieren lassen wie sie.«
    »Es gibt viele Leute, die sein wollen, was sie nicht sind. Bei Kupferdonner reicht dieses Verlangen zurück in die Zeit, als er ein Junge war.« Jaguar zögerte. »Du weißt also, dass ich ihn gefangen nahm.
    Ein Kind ist ein neugieriges Wesen, voller Spannkraft und stark und doch so zerbrechlich. Grasmatte war auch ein solches Kind.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    Jaguar lächelte mit schmalen Lippen. »Als ich seinen Vater tötete und ihn selbst und seine Mutter als Sklaven nahm, zerstörte ich gleichzeitig seine Welt. Aus den Trümmern baute er sich eine andere, eine, die er verstehen konnte.«
    »Das ergibt keinen Sinn, Ältester«, meldete sich Sonnenmuschel zu Wort. »Er hätte den Schlangenhäuptling, der ihn gefangen nahm, hassen müssen. Das hätte ich getan.«
    »Oh, auch Grasmatte hasste ihn, aber er bewunderte ihn auch.« Jaguar blickte über die Schulter auf das Mädchen. »Sonnenmuschel, versetz dich in die Lage des Jungen und sieh die Welt mit seinen Augen. Kannst du

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