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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Mittelpunkt ihrer Stadt, ein zehn Schritt breites und fünfundvierzig Schritt langes Gebäude, mit viermal mannshohen Mauern bis zum Runddach. Matten teilten den Bau in drei große Räume.
    Jagender Falke humpelte durch den Vorraum, murmelte den rituellen Gruß und blieb lange in der läuternden Hitze stehen. An der Südwand ruhte Grüne Schlange, Kwiokos oder Hoher Priester, zusammengerollt auf seinem Hirschfelllager. Eine Kürbisrassel und mehrere Hirschfelltaschen lagen in Reichweite. Sein Gesicht war zum Licht gewandt, der schlaffe Mund offen, die Augen geschlossen.
    Eine Hakennase ragte gebieterisch aus einem Runzelfeld empor. Die Augenbrauen hätten an die Stirn geklebte Kaninchenschwänze sein können, so weiß und flauschig waren sie.
    An der Nordseite waren zwei weitere Lager von Blitzende Katze und Gestreifter Bär besetzt. Blitzende Katze war der hoch aufgeschossene Lehrling, immer bereit, gefällig zu sein und jede Aufgabe zu übernehmen. Gestreifter Bär war mit seiner stämmigen Gestalt eher geeignet, schwere körperliche Arbeit zu verrichten, als dem Heiligtum zu dienen.
    Jagender Falke spielte mit dem Gedanken, die Männer mit einem Fußtritt aufzuwecken, besann sich dann aber. Die Feierlichkeiten hatten fast die ganze Nacht angedauert und die Priester hatten das Singen und Tanzen beaufsichtigt. Auch sie verdienten manchmal eine Ruhepause. Ein stechender Schmerz schoss aus ihren Hüften in den Rücken, als sie den langen Gang mit den geschnitzten Figuren der Wächter, der Windgeister und der Tiergeister durchschritt. Geschulte Hände, die mit Stein- und Muschelwerkzeugen umgehen konnten, hatten in mühsamer Arbeit jede Figur aus dicken Holzsrücken geschnitzt. Am Ende hatten sie die Abbilder mit leuchtenden Farben bemalt und Augen aus polierten Muscheln oder Kupfer eingesetzt, damit die Geister sehen konnten.
    Hinter den Wächtern waren die Gaben für Jagender Falke aufgestapelt. Sie standen einer Weroansqua zu: Körbe voller Mais, Nüsse, Kürbisse und Samen; geräuchertes Fleisch und Fisch, Krebse und Wasservögel; Netzbeutel mit Blutkrautwurzeln, Tabak, Muschelperlen, Kupfer und Säckchen mit Antimon; Stapel gegerbter Hirschfelle, bunte Federn, feinste Stoffe und Töpfe mit Färbemitteln. Nicht alle Dinge waren Tributgaben. Der Grünstein-Clan bewahrte auch Kriegstrophäen im Haus der Toten auf. Skalpe, getrocknete Menschenhände, abgetrennte Finger, Halsketten aus Menschenzähnen und Trophäenschädel, jeder sorgfältig poliert und bemalt, zierten die Wände.
    Darunter waren Bogen und Pfeilbündel neben einem Stapel hölzerner Schilde sauber aufgeschichtet: die Ausrüstung für ihre Krieger für den Fall eines Konflikts.
    Jagender Falke strich im Vorbeigehen mit einem Finger über jeden der Wächter. Die Berührung beruhigte sie immer und gab ihr Mut, aber diesmal wuchs ihr Unbehagen, als ob die Wächter in das dunkle Labyrinth ihrer Seele geblickt hätten.
    Am Eingang zum Heiligtum blieb sie stehen. Auch hier war ein Feuer in der zentralen Feuerstelle zu Glut heruntergebrannt. Ein Gerüst in Kopfhöhe ragte aus der Rückwand, und darauf lagen in Reihen angeordnet die Körper ihrer Ahnen. Jede Leiche war in Matten eingewickelt, die die ausgetrockneten Gebeine und die Haut schützte.
    Im Schatten darunter stand die Statue von Okeus; die heilige Stätte war auf drei Seiten von Maishülsenmatten abgeschirmt. Die langen schwarzen Haare der Figur waren auf dem Scheitel zu einem Knoten zusammengebunden. Der Ausdruck seines geschnitzten Gesichts verblüffte Jagender Falke immer wieder. Bedeutete der geschwungene Mund Hohn oder Tücke? Okeus' Brust war weiß bemalt, an seinem Hals hingen schwere Ketten aus Kupfer und Muschelperlen. Um die Taille trug er einen fein gegerbten Hirschledergürtel, der mit Malereien und Muschelperlen verziert war. Die ausgestreckten Arme des Gottes waren so bemalt, dass sie Blitze darstellten. In der rechten Hand hatte er eine schön geschnitzte Kriegskeule aus Holz, in die zwei steinerne Faustkeile eingesetzt waren. In der linken Hand trug er ein Bündel Maisstängel. Die Schenkel waren schwarz bemalt, weiße Streifen zogen sich über die ganze Länge. Okeus betrachtete die Besucherin mit glühenden weißen Muschelaugen aus dem Dunkel heraus.
    Mit alterskrummen Fingern holte Jagender Falke eine Hand voll Maismehl und gehackte Walnüsse aus einer Seitentasche hervor und verteilte beides auf der Glut. Das Mehl wurde schwarz und zerbarst im Feuer. So schnell, wie das Feuer

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