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Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels

Titel: Vorzeitsaga 09 - Das Volk des Nebels Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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weiß, vielleicht finden wir Weidenstumpfs verlorenen Pfeil…«
    Jagender Falke saß in ihrem Langhaus neben dem Feuer und atmete tief. Zerstampfte Weidenrinde!
    Welch ein Gottesgeschenk! Sie bewegte ihre Finger. Seit Jahren hatte sie keine Faust mehr ballen können und schon gar nicht ohne Schmerzen. Welchen Ärger auch immer er ihr noch bereiten würde - Jaguar hatte ihr zum ersten Mal seit vielen Jahren Erleichterung verschafft. Dafür war sie beinahe bereit, ihm seine Beschuldigungen zu verzeihen.
    Aber nur beinahe.
    Sklavinnen und Dienerinnen waren in ihrem Rücken geschäftig dabei, die Krieger Kupferdonners zu bewirten. Aus Höflichkeit hatte der Große Tayac bereits drei Kanus mit seinen Männern nach Hause geschickt, um die Lebensmittelvorräte von Jagender Falke zu schonen.
    Es war ein taktvoller Zug von ihm, denn Jagender Falke hätte natürlich nicht darüber geklagt, dass seine Männer ihre Wintervorräte verspeisten, und wenn es sie das Leben gekostet hatte. Ein solches Benehmen hätte sie in den Augen des Großen Tayac herabgesetzt, wäre es doch ein Zeichen dafür gewesen, dass sie nicht fähig war, für geehrte Gäste zu sorgen.
    Sie hätte zwar durch Boten die Unabhängigen Dörfer um Beihilfen bitten können. Aber in dieser schwierigen Zeit, da die Feindseligkeit zwischen Flache Perle und Drei Myrten gerade mit Mühe beigelegt worden war, wollte sie nichts übertreiben.
    Die zehn zurückgebliebenen Krieger halfen sich auch selbst; sie suchten Fährten, jagten Hirsche, Waschbären, Opossums, Moschusratten und Kaninchen, arbeiteten an den Fischwehren und warfen Netze für die Karpfen, die sich an warmen Wintertagen in großen Schwärmen im seichten Wasser tummelten.
    Kupferdonner saß Jagender Falke gegenüber und polierte den funkelnden Kupferdorn an seiner Keule mit einem feuchten Lederlappen und Sand. Bei jeder Bewegung zeigten sich seine starken Muskeln unter der glatten, bronzefarbenen Haut. Zu ihrer Rechten webte Muschelkamm ein Stück Stoff auf ihrem kleinen Webstuhl. Sie hatte die Fasern in verschiedenen Farben gefärbt, mit dem Rot der Blutkrautwurzel, Schwarz vom Tintenfisch, Sonnenblumengelb und Purpur aus schwarzen Kirschen.
    Die Blicke, die sie mit Kupferdonner wechselte, konnten Jagender Falke nicht verborgen bleiben.
    »Dann ist der alte Mann also heute zum Tatort gegangen.« Kupferdonner lachte in sich hinein. »Da hat er sicher jeden Stein umgedreht. Hat er denn etwas gefunden? Vielleicht einen Leckerbissen?«
    »Meinen Zorn hat er gefunden«, schnaubte Jagender Falke. »Der hatte doch die Frechheit, mir zu sagen - mir! -, mir hätte der Tod von Rote Schlinge genützt. Mir, ihrer Großmutter!«
    »Aber, Weroansqua, warum lässt du dir eine solche Unverschämtheit gefallen?«
    Jagender Falke unterdrückte eine bissige Antwort, der Ton des Großen Tayac gefiel ihr nicht. Der Spott war zwar leise, aber dennoch nicht zu überhören. Es dauerte einen Augenblick, bis sie den sonderbaren Blick ihrer Tochter bemerkte.
    »Starr mich nicht so an mit deinen großen Augen, Mädchen!«, grollte sie. »Das gefällt mir nicht. Mit dem Tod des Mädchens habe ich nichts zu tun.«
    Muschelkamms Gesicht hellte sich auf. »Ich … ich weiß, Mutter. Ich bin nur überrascht, das ist alles.«
    »Ich sage dir, was ich tun würde.« Kupferdonner betrachtete den glänzenden Dorn an seiner Keule.
    »Ich würde ihn aus meinem Dorf entfernen lassen. Er war immer schon ein Unruhestifter.«
    Jagender Falke seufzte. »Als Zauberer könnte er mir eine Menge Probleme bereiten, besonders wenn er einen Fluch brüllte in dem Augenblick, da wir ihn durch den Einlass stoßen.«
    Kupferdonner neigte den Kopf und strich über das glatte Holz seiner Keule. »Das könnte er tatsächlich … wenn er durch den Einlass gestoßen würde. Aber es gibt andere Methoden. Er könnte hinausgetragen werden. Mit den Füßen zuerst.«
    Jagender Falke dachte darüber nach. »Es klingt vielleicht merkwürdig, aber der Mann, auf den ich mich in diesen Dingen gewöhnlich verlasse, scheint nicht willens, eine solche Maßnahme zu ergreifen.«
    »Häuptlinge kann man ersetzen. Besonders, wenn ihre Treue fragwürdig ist.«
    Jagender Falke starrte ins prasselnde Feuer. Hatte der alte Geier es tatsächlich vermocht, Neuntöter so zu blenden, dass er seine Pflicht gegenüber der Familie und dem Clan vergaß? Sollte sie ihn ersetzen?
    Oder versuchen, ihm seinen Wahn auszureden?
    »Wenn du dem alten Mann erlaubst zu bleiben«, fuhr Kupferdonner

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