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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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Freundin.«
    Sein Blick verschwamm, und sein Kopf kippte zur Seite.
    »Polterer …«
    »Schau«, krächzte er mit beinahe unhörbarer Stimme. »Siehst du ihn?«
    Zaunkönig wandte zögernd den Blick von ihm und schaute sich um.
    Das Sternenlicht hatte den Schnee hellblau verfärbt. Sie suchte jede Schneewehe, jede Senke ab, die dunklen Baumreihen und den schillernden Uferstreifen. Die Schneeflocken tanzten ohne Unterlass hernieder. »Wen, Polterer?«
    »Er kommt jede Nacht zu mir. Und singt. Er - er singt mir etwas vor.«
    Der gefrorene Schnee unter Zaunkönigs Füßen schien sich in Treibsand verwandelt zu haben. Ihre Knie wurden weich. »Wer? Wer singt?«
    Polterers Lider senkten sich, dann flatterten sie, als ob er sie weiter ansehen wollte, die Augen aber nicht offen halten konnte. »Er will, dass ich jetzt gehe, Zaunkönig. Ich muss… ich muss mit ihm gehen.«
    Zaunkönig spähte noch einmal um sich herum in die Dunkelheit. »Wer, Polterer? Wer ist er? Ist es der - der blutende kleine Junge?«
    Er schloss die Augen, und seine Muskeln entspannten sich.
    »Polterer?« Panik stieg in ihr hoch und schnürte ihr die Kehle zu. »Polterer, du stirbst doch nicht, oder?«
    Sie legte eine Hand auf seine Brust, um seinen Herzschlag zu fühlen. Nichts! Da packte sie ihn vorne an seinem Hemd und rollte ihn auf die Seite. Er sackte in sich zusammen wie eine Stoffpuppe. »Polterer, nein!« Sie zerrte an seinen gefesselten Händen, dann drehte sich sich herum und schüttelte seine Beine.
    … Etwas in ihrem Inneren zerbrach.
    Zaunkönig riss ihr Messer aus dem Gürtel und schnitt mit fliegenden Fingern seine Fesseln durch.

13. Kapitel
    Das Zischen und Knistern der lodernden Holzscheite weckten Blauer Rabe aus seinem Dämmerschlaf. Sein erschöpfter Körper fühlte sich an wie Blei. Für eine Weile erlaubte er sich den Luxus, hinter geschlossenen Lidern den Widerschein des flackernden Feuers zu beobachten. Früher, in seiner Jugend, als er am Lost Hill auf Wache gewesen war, hatte er versucht, Botschaften in diesen tanzenden orangeroten Schatten zu entdecken. Und heute verhießen die Bilder nichts Gutes. Er sah Krieger, die eine blutige Schlacht ausfochten, und riesige, geflügelte Ungeheuer, die über den flammenden Himmel segelten…
    Wieder zerbarst ein Holzscheit krachend in der Glut. Blauer Rabe schlug die Augen auf und sah, dass es heftig schneite. Er schaute zum See hinunter, dann zur Kuppe des Hügels, konnte jedoch nur dichtes Weiß ausmachen. Der See wie auch der Hügel lagen hinter einem Vorhang aus Schnee verborgen. Die Flocken fielen senkrecht hernieder und zischten auf, wenn die Flammen sie verschlangen. Sein Herz schlug sicherlich hundertmal, bis er seinen Bogen und den Köcher mit Pfeilen unter der Schneedecke gefunden hatte. Dann setzte er sich auf und ließ den Blick über den Abhang schweifen. Polterer lag unter einer dicken, ebenen Schneedecke begraben. Der Junge hatte aufgehört zu wimmern. »Ich bitte dich inständig, Fallende Frau, lass diese Wache zu ende sein.«
    Blauer Rabe stand auf, hängte sich Bogen und Köcher um die Schulter und machte sich auf den Weg zu Polterer. Als er so durch den kniehohen Schnee stapfte, kam er sich vor wie die letzte lebende Kreatur auf Erden.
    Die Luft roch nach Winter, nach gefrorener Erde und dem würzigen Duft der Fichtennadeln. An der Stelle, wo er seiner Erinnerung nach Polterer angepflockt hatte, blieb er stehen, doch da lag der Junge nicht. In der Meinung, die Entfernung falsch eingeschätzt zu haben, schlitterte er weiter den Hang herab. Im Schein des Feuers war ihm, als durchquerte er einen glitzernden Ozean aus goldenem Staub.
    Blauer Rabe blickte sich genau um, die Stirn skeptisch gerunzelt und nach irgendeinem Hinweis suchend, dass dort ein Körper unter dem Schnee lag. Aber er fand den Jungen nicht. Kopfschüttelnd stieg er wieder den Hang hinauf.
    Auf halbem Weg traf er auf eine merkwürdige Rinne, eine schwache Einbuchtung im Schnee, und kniete sich nieder, um sie zu untersuchen. Die Rinne war etwa vier Hand breit und zog sich den Hügel hinab, so weit er sehen konnte…
    Mit einem Satz sprang er auf und stolperte den Hang hinunter, den Schleifspuren folgend. Polterer musste zu schwach zum Laufen gewesen sein, deshalb hatte der Entführer den Jungen in ein Fell oder eine Decke gewickelt und ihn über den Schnee gezogen. Aber weshalb hatte er ihn nicht einfach getragen? Polterers kleiner Körper war so leicht, dass ihn ein Mann ohne Schwierigkeiten

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