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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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hochheben konnte, ja, selbst eine Frau …
    Ein scharfer Schmerz jagte durch seine Brust. »Geheiligte Ahnen!«
    Der Schmerz wurde so stark, dass Blauer Rabe sich vornüberbeugen musste und mühsam nach Luft japste. Es dauerte dreißig Herzschläge, bis die stechenden Schmerzen zu einem dumpfen, rhythmischen Pochen verebbten. Und während der ganzen Zeit flüsterte er: »Oh, Zaunkönig, Zaunkönig. Weißt du überhaupt, was du da getan hast? Es ist beinahe vierzig Winter her, seit - seit der Klan zuletzt ein Mädchen verstoßen hat, aber die Anführerinnen werden keine andere Wahl haben. Du lässt ihnen, und mir, keinen anderen Ausweg.«
    Blauer Rabes Herz raste noch immer, jeder Schlag fühlte sich an, als ließe jemand einen Hammer auf seine Brust niedersausen, aber er zwang sich, weiter zu gehen. Seit wann schneite es so? Sehr weit konnten sie noch nicht gekommen sein. Wenn er sie noch vor dem Morgengrauen finden und zurückbringen könnte, wäre Zaunkönig gerettet. Er würde niemandem ein Sterbenswörtchen verraten und das Mädchen schwören lassen, ebenfalls Stillschweigen zu bewahren. Oh, sie würde seinen Zorn zu spüren bekommen! Ja, er würde dafür sorgen, dass sie für den Rest ihres Lebens das frische Heisch von den Häuten schaben musste.
    »Zaunkönig?« rief er in die Nacht hinaus. »Zaunkönig«
    Er kämpfte sich weiter durch den Schnee voran. Weiße Wolken wirbelten hinter ihm auf. So dicht, wie es im Moment schneite, würde die Spur in kürzester Zeit verschwunden sein. Jeder Augenblick, der verstrich, verminderte seine Hoffnung, sie noch rechtzeitig zu finden.
    Die Spur führte hinunter zum Seeufer, bog dort in westlicher Richtung ab und verschwand. Blauer Rabe folgte ihr eine kurze Strecke, dann machte er kehrt und lief nach Osten. Der Sturm, der über den Himmel fegte, zerflederte einige der Wolkenriesen, und fahles Sternenlicht fiel auf den See und erhellte den Strand. Blauer Rabe nahm die Spur wieder auf und rannte weiter. Zaunkönig hatte versucht, Polterer an der Wasserkante entlang zu ziehen, in der Gewissheit, dass die Wellen die Spuren verwischen würden. Den größeren Wellen war sie offenbar ausgewichen, denn hin und wieder fand Blauer Rabe eine kurze Schleifspur im Schnee. Anscheinend hatte sie jetzt die Richtung nach Norden eingeschlagen, zum Leafing Lake. Der Schmerz wütete mit einer solchen Kraft in seiner Brust, dass er sich nur noch stolpernd vorwärts schleppen konnte. Aber er musste sie finden.
    »Weiter«, befahl er sich. »Lauf weiter. Zaunkönig! Zaunkönig, wo bist du?«
    Im Traum beuge ich mich über den Teich, bis meine Nasenspitze die kalte, grüne Wasseroberfläche berührt, und versuche herauszufinden, wer dieser Fremde ist, der mir da entgegenstarrt. Ich erinnere mich an den Abend, als ich von meiner Geistreise zurückkehrte.
    Ich habe dir alles erzählt. Gab dir die zerbrochenen Teile meines Herzens und meiner Seelen und flehte dich an, mir zu zeigen, wie ich die Teile wieder zusammenfügen könnte.
    Wie du es immer getan hast.
    Du hast mich angesehen, als hättest du mich nicht gehört.
    Ich sehe dich am Feuer sitzen, in deinem einfachen Ziegenlederkleid, und plötzlich verdunkelt sich deine Gestalt.
    Plötzlich bin ich weiter entfernt von dir als jemals zuvor.
    Liebe ist schmerzvoll.
    Das weiß ich.
    Ich kann mich nach den vielen Jahren des Glücks, das wir miteinander teilten, nicht daran gewöhnen. Während ich meinen Kopf zur Seite neige, betrachte mein Spiegelbild, die tiefen Linien, die sich in meine Wangen und die Stirn gegraben haben.
    Was ist mit dem Mann geschehen, den du einst geliebt hast?
    Ich glaube immer noch, dass er irgendwo hier drin sein muss.
    Und ich beginne zu fürchten, dass du die einzige bist, die ihn finden kann.
    Und das willst du nicht.
    Ach, Aschenmond, ich… ich bin verloren.
    Ohne deine Augen, die in mein Innerstes blicken, weiß ich nicht, wer ich bin.
    Ich weiß auch nicht, wer die anderen…
    »Sperling?«, rief Aschenmond und rollte sich unter ihren Decken herum, um ihn anzusehen. Er lag auf der anderen Seite des Feuers, die Elchfelldecke so weit über den Kopf gezogen, dass nur seine Stirn und die buschigen Augenbrauen zu sehen waren. Bevor sie sich am Abend zuvor zum Schlafen niedergelegt hatten, war es ihnen gelungen, sich einen provisorischen Unterstand zu bauen, indem sie Äste gegen einen Felsvorsprung lehnten und diese mit Buschwerk bedeckten. Durch die Öffnung vorne sah sie, dass es geschneit hatte. Sie setzte sich auf.

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