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Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken

Titel: Vorzeitsaga 10 - Das Volk der Masken Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gear & Gear
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siedelten sie doch immer in den gleichen Gegenden. Als Kind hatte Wilde Rose diesen Umstand oft ausgenützt und war wie ein fliehender Hirsch in ihr Dorf gerannt gekommen, um sich auf ihren Schoß zu kauern und ihr ihre kindlichen Geheimnisse anzuvertrauen. Später, nach Polterers Geburt, hatte sich Wilde Rose zu ihr und Sperling geflüchtet. Das Mädchen war vor ihrem verängstigten Klan geflohen, und Aschenmond hatte sie in ihrer Hütte aufgenommen. Diese zwei Winter waren mit die schönsten in Aschenmonds Leben gewesen. Sie hatten viel Zeit miteinander verbracht, gelacht und sich Geschichten erzählt - und Polterer umsorgt. Sie liebte den Jungen wie ihren eigenen Sohn. Sein Lächeln lebte in ihrem Herzen, neben dem ihrer eigenen Kinder.
    Erst als Polterer zu laufen begann, merkten sie, dass etwas mit ihm nicht stimmte. Seine Arme und Beine schienen nicht mehr wachsen zu wollen. Aschenmond hatte ihm sämtliche kräftigende Kräuter gegeben, die sie kannte, aber nichts hatte geholfen. Als ihnen schließlich klar wurde, dass er von Fallender Fraus Hand berührt worden war, hatten sie beide nur noch umsichtiger für ihn gesorgt. Noch ehe er den zweiten Winter gesehen hatte, begann sich seine Macht zu entfalten. Jeder konnte das spüren. Wenn Polterer auf seinen krummen Beinchen durchs Dorf watschelte, stellten sich den Leuten unwillkürlich die Nackenhaare auf.
    Nach dem Tod von Flint war ihre Freundschaft zu Wilde Rose zerbrochen. Sie hatte so viel für ihre Freundin getan, so viel für sie riskiert, und das eine Mal, als sie Wilde Roses Hilfe wirklich dringend gebraucht hätte, war sie von ihr im Stich gelassen worden. Später, als Aschenmond die Habseligkeiten Sperlings aus ihrer Hütte entfernt hatte, war Wildrose gekommen, um für ihn ein gutes Wort bei ihr einzulegen und sie anzuflehen, dass sie Sperling wieder bei sich aufnehmen solle. »Er liebt dich so sehr«, hatte Wilde Rose gesagt.
    Aschenmond runzelte die Stirn und senkte den Blick. Der hellgrüne Tee schimmerte wie flüssiges Gold in der hölzernen Schale. In der Nacht, als Flint starb, hätte sie Sperlings Beistand so dringend gebraucht. Aber Sperling hatte sich von ihrem gemeinsamen Lager erhoben, die Hütte verlassen und war in der Dunkelheit verschwunden. Dreiundachtzig Tage war er fort geblieben. Aschenmond hatte allein um ihren Sohn getrauert, und die Sorge um Sperling hatte ihren Kummer noch unerträglicher gemacht. In der Nacht dann, als er zurückkehrte, war er wie ein Wahnsinniger durchs Dorf gerannt und hatte dabei unverständliche Dinge über einen Geisterhelfer aus der Welt-über-dem-Himmel gebrabbelt, einem Gott in Gestalt eines kleinen Jungen. Die Menschen im Erdendonnerdorf hatten sein groteskes Possenspiel mit ängstlichem Blick verfolgt. Aschenmond wusste nicht, was sie davon halten sollte. Hatte Flints Tod ihrem Ehemann schwerer zugesetzt, als sie gedacht hatte? Sie kannte Frauen, die nach dem Tod ihrer Söhne den Verstand verloren hatten. Vielleicht war es Sperling ebenso ergangen. Sie hatte ihn liebevoll getröstet und liebkost. Sie hatte ihm zugehört. Sie hatte ihn angefleht und angeschrien, endlich wieder zu Sinnen zu kommen, ihr Leben und seine Pflichten gegenüber dem Klan wieder ernst zu nehmen. Er aber hatte ihr immer wieder geduldig erklärt, dass ihm das nicht möglich sei. Sein Geisterhelfer habe ihm einen anderen Weg gewiesen. »Von nun an, Aschenmond, wird mich die Macht öfter brauchen als du.«
    Aschenmond nippte an ihrem Tee. Seit nunmehr zwei Wintern nagten Sperlings Worte beständig an ihren Eingeweiden.
    Wilde Rose hatte versucht ihr einzureden, dass sie Sperlings Geisterhelfer vielleicht lieb gewinnen könnte, wenn sie ihn erst einmal kennen gelernt habe. Sie erinnerte sich noch genau an ihre Antwort. »Hat dich ein tollwütiger Hund gebissen?«
    »Wie ist Wilde Rose gestorben?« fragte sie den Händler.
    »Es ist besser, wenn du das nicht erfährst. Vertrau mir. Du kennst doch Springender Dachs. Dieser Mann ist wirklich ein Ungeheuer.«
    »Ich will es aber wissen, sonst hätte ich dich nicht gefragt!«
    »Also schön, aber denk daran, dass du den Worten von Springender Dachs nicht immer glauben kannst. Dieser Mann lügt doch, wenn er den Mund aufmacht. Aber sei es, wie es sei, er behauptet jedenfalls, dass er, während seine Krieger mordend und brandschatzend durch das Buntfelsendorf stürmten, mit zwei Männern in Wilde Roses Hütte gegangen sei. Dort fand er sie auch, den Zwergenjungen fest an ihre Brust

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