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Vox

Vox

Titel: Vox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baker
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einfach das Foto, blätterte den Rest des Katalogs durch, aber von hinten, wieder zurück zu diesem Bild, bis mir vom Hochhalten allmählich die Arme erlahmten, also legte ich mir den Katalog aufgeschlagen auf die Brust, und ich geriet in reine Ekstase und rollte den Kopf auf dem Teppich hin und her. Wenn du den Kopf auf dem Boden hin und her rollst, dann steigert das im allgemeinen das Gefühl der Ehrfurcht oder Verwunderung, das du gerade hast. Aber leider kein Kribbeln in den Gliedern.»
    «Nein.»
    «Und ich esse auch nicht massenweise Fleischkloß-Croques. Das heißt, gelegentlich mag ich auch mal ein Fleischkloß-Croque, mit Pilzen – ich möchte mich nur abgrenzen von, du weißt schon…»
    «Oh, mach dir da keine Sorgen», sagte sie. «Dein Akzent ist völlig anders als seiner, und deine Stimme ist ganz… unwiderstehlich.»
    «Freut mich zu hören. Ich war nervös, als ich anrief. Meine Temperatur ist glatt um zehn Grad gesunken, als ich mich entschloß, die Nummer zu wählen.»
    «Ach, wirklich. Wo hast du denn die Anzeige gesehen?»
    «Ähm, in einem Herrenmagazin.»
    «In welchem?» fragte sie.
    «Komischerweise ist mir das peinlich. In Juggs. Dem Tittenmagazin. Wo hast du die Anzeige gesehen?»
    Eine Pause trat ein. «Forum.»
    «Was steht in deiner?» fragte er.
    «Mal sehen», sagte sie. «Da ist eine Strichzeichnung von einem Mann und einer Frau, beide einen Hörer in der Hand, und drüber steht JEDERZEIT. Mir hat die Zeichnung gefallen.»
    «Die Anzeige hab ich auch schon mal gesehen», sagte er. «Sie ist ganz anders als meine. Auf meiner ist ein Farbfoto von einer Frau, um deren Bein eine Telefonschnur gewickelt ist, und ein Arm bedeckt irgendwie die Brüste, und über der Telefonnummer steht MACH’S, DANN KOMMT’S. Aber diese Anzeige hat gegenüber den anderen einfach was unbestimmbar Exklusiveres, liegt das am Layout oder der Type, mit der die Telefonnummer gedruckt ist, und das trotz diesem üblichen Frau-plus-Telefon-Bild, und ich dachte, vielleicht lockt das eine andere Sorte Anrufer an. Obwohl, Jungejunge, dieser Schwall von arschlochmäßiger Männergeilheit in der Leitung, als du angefangen hast zu reden, das war ja nicht gerade Kanapeegeplänkel. Der eine Typ, der ständig dazwischenquatschte – ‹Lutscht du gern einen großen Schwaanz?› – ‹Wie groß und braun sind deine Nippel?› Aber schließlich rufen wir ja auch nicht an, um Kanapeegeplänkel zu betreiben.»
    «Ich hätte nichts dagegen – plänkel ruhig. Aber du hast schon recht. Jedenfalls sind wir nun hier, ‹allein zu zweit›, wie es so schön heißt, im berühmten Glasfaser-‹Hinterzimmer›.»
    «Wie wahr.»
    «Also weiter», sagte sie. «Du hast mir gerade erzählt, wie du auf dem Boden liegst und den Kopf hin und her rollst.»
    «Ach ja, richtig. Also, ich lag da auf dem Boden, den Katalog aufgeschlagen auf der Brust, hin und weg von diesen Tights, und eine Vorstellung, eine Vorstellung von erregender Fiesheit nahm in meinem Stammhirn Gestalt an. Ich hatte eine Vision, wie ich abspritzte, während ich die Tights bestellte, genaugenommen war es eine Vision, wie, wie…»
    «Wie?»
    «Wie ich in der Badewanne liege, dabei aber am Telefon die Frau von der Bestellannahme bei Deliques habe, die, weißt du, so eine nette unschuldige Stimme hat, eine alberne, aber liebenswerte, übermäßig krause Dauerwelle, ein leichtes Näseln, glattes Gesicht, frischgewaschene Jeans, schnieke Söckchen, aber womöglich trägt sie einen von Deliques’ feinsten ‹Fusion-Bodys› mit einem V-förmigen Spitzenbesatz oder so was über dem Schoß, den sie mit Angestelltenrabatt gekauft hat, und ich in der Badewanne, was lächerlich ist, weil ich nie bade, aber ich bin eben in der Badewanne und bewege mich ganz vorsichtig, damit sie nicht das kleinste wassermäßige Plitschplatsch hört und merkt, daß ich das tragbare Telefon mit ins Bad genommen habe und halb unter Wasser bin, und dann sagt sie: ‹Ich sehe schnell mal nach, ob wir das auch wirklich auf Lager haben, Sir›, und während dieser Pause stemme ich mich aus dem Wasser und richte den Hörer gewissermaßen auf meinen Werner Heisenberg, damit sie ihn irgendwie sehen kann oder seine Vibrations mitkriegt, und in dem Moment, als sie sagt: ‹Ja, die Pointellestrumpfhose in Beige ist da›, komme ich in vollkommener Stille, wobei ich eine Schlumpfgrimasse ziehe.»
    «Das ist ja furchtbar.»
    «Ich weiß, aber ich weiß auch nicht, ich lag halt da auf dem Wohnzimmerboden. Oft lege

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