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Vox

Vox

Titel: Vox Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baker
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bestellen wollte, und sie sagte, der Computer sei ausgefallen, aber sie würde die Bestellung ‹per Hand› aufnehmen, ja? Warum war ich nicht Lustmolch genug, um ihr darauf mit einer Anzüglichkeit zu kommen? – einfach was Simples wie ‹He, he, Süße, ich hoffe doch, du machst alles per Hand›. Statt dessen sagte ich bloß: ‹Jungejunge, da haben Sie ja einen ziemlichen Ärger am Hals.› Ich gab ihr meine Adresse, meine Kreditkartennummer, und sie sagte: ‹Das hab ich, Sir, und möchten Sie heute abend vielleicht noch etwas anderes bestellen?› – ‹Tja, ich weiß nicht so recht, aber da ist eine Frau, für die hätte ich eigentlich gern noch etwas, bloß einen ganz einfachen Slip, aber ich weiß nicht so recht.› Ich sagte: ‹Sie haben da doch auf Seite 38 diese sogenannten Deliques Minimes. Haben Sie das? Haben Sie den Katalog vor sich?› Sie sagte ja. Ich sagte: ‹Schön. Ich glaube, ich sehe nicht so ganz den Unterschied zwischen diesen Minimes und den sogenannten Nadja-Slips auf Seite, äh, 46. Für das bloße Auge wirken sie identisch.› Sie sagte: ‹Einen Moment bitte›, und ich hörte, wie sie den Katalog durchblätterte, und unternahm einen letzten kühnen Versuch, mir einen abzuwichsen, denn die Vorstellung, wie sie eingehend die Bilder von den Frauen in den winzigen gewichtslosen Slips studierte, dazu das Dunkel der Schamhaare, die genau da durch das Material hindurch zu sehen waren, während ich zur gleichen Zeit an meinem Ende der Leitung auf genau dieselben griffigen Schamhaarwölbungen schaute, hätte mir zum sofortigen Abspritzen genügen müssen, aber ich weiß auch nicht, sie war so verbindlich, und ich wußte, daß sie höchstwahrscheinlich gar nicht gern wissen wollte, daß ich hier lag, um… Schließlich wollte sie ja keinen Job, bei dem Männer sie anriefen und ein paar Artikel bestellten, nur damit sie… stimmt’s? Das hatte sie ja wohl überhaupt nicht im Sinn gehabt, als sie den Job annahm, oder zumindest aller Wahrscheinlichkeit nach nicht. Als sie dann endlich sagte: ‹Tja, der Nadja-Slip sitzt etwas tiefer auf der Hüfte›, eine Aussage, bei der jeder normale Abfiedler doch mit Leichtigkeit kommen müßte, denn was impliziert das? Es impliziert ihre eigene Hüfte, es impliziert, daß der Nadja-Slip auf ihrer Hüfte gesessen hat. Jedenfalls schaffte ich es nicht mal da, ihn oben zu halten. Also sagte ich: ‹Aha, ja, nein danke, ich schau mal, wie die Tights ankommen, und bestelle die Minimes später.› Und eine Woche später war ich dann also Besitzer einer Strumpfhose. Ich habe sie immer noch, unausgepackt. Gib mir deine Adresse, und ich schick sie dir gern weiter.»
    «Warum gibst du sie nicht Jill?» fragte sie.
    «Ach, aus tausend Gründen. Aber das war noch gar nicht das Ende. Kaum hatte ich nach der Bestellung wieder aufgelegt, wurde er natürlich sofort wieder steif, und ich überlegte einen Augenblick und drückte dann die Wahlwiederholungstaste, und eine andere Frau meldete sich, mit einer viel tieferen und smarteren Stimme, ihr Name war so etwas wie Vulva, und ich sagte: ‹Vulva, ich habe eine Frage, die vielleicht etwas unkonventionell klingt, und Sie müssen sie nicht beantworten, wenn Sie nicht wollen. Aber es interessiert mich einfach, na, die Männer, die aus Ihrem Katalog bestellen, meinen Sie, einige von denen sind auf subtile oder vielleicht gar nicht so subtile Weise obszöne Anrufer?› Sie lachte und sagte: ‹Gute Frage.› Und dann kam eine lange Pause, eine sehr lange Pause. Ich sagte: ‹Hallo?› Und in dem Moment wußte ich, daß ich es versaut hatte – ich wußte, daß der Ton meines Hallo, dieses leicht Piepsige in meiner Stimme, das sexuelle Erregung verriet, das potentielle Einvernehmen, das ich mit Vulva vielleicht hätte haben können, zerstört hatte. Als ich ihr die Frage stellte, hatte ich nämlich ganz selbstbewußt geklungen.»
    «Was hat sie dann gesagt?»
    «Sie sagte bloß, in einem förmlicheren, aber immer noch freundlichen Ton: ‹Ich glaube, ich werde Ihre Frage nicht beantworten.› Und ich sagte: ‹Schön, verstehe, okay, alles klar.› Und sie sagte: ‹Wiedersehn.› Nicht ‹Auf Wiedersehen› – da war noch immer dieser kleine Rest amüsierte Intimität. Hätte sie auf Wiedersehen gesagt, ich wäre am Boden zerstört gewesen.»
    «Was hast du dann gemacht?»
    «Ich habe mich aufgesetzt, mir eine Pizza bestellt und Zeitung gelesen. Du siehst also, ich bin eigentlich gar kein obszöner Anrufer. Ich kann keinen

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