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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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entschuldigend
auf die Frage, weshalb die Ehe gescheitert war. »Das hat er reichlich
ausgenutzt.« Irgendwann habe sie sich das nicht mehr gefallen lassen und die
Scheidung eingereicht.
    »Er
hatte sehr viel Fantasie«, sagte sie süffisant. »Auch im Hinblick auf seine
Ausreden.« Die Sexualität zwischen ihnen sei ganz normal gewesen. Nie habe sie
ihn gewalttätig erlebt. Eine solche Tat, wie sie ihm angelastet wurde, traue
sie ihm absolut nicht zu. So etwas passe nicht zu ihm. »Wenn er tatsächlich
zwei Persönlichkeiten hat, wie das hier anklingt, dann kann ich mir das nur so
erklären, dass er es wunderbar verstanden hat, die eine geheim zu halten«,
meinte sie abschließend.
    Dann
trat Jessica Jehloh in den Zeugenstand. Sie war eine rassige dunkelhaarige Frau
mit üppigen Rundungen, die sehr angespannt wirkte. Ein bisschen erinnerte sie
Franca an das Porträt einer Zigeunerin mit goldenen Ohrringen und einem tiefen
Dekolleté, das im Schlafzimmer ihrer Tante überm Bett hing.
    »Er hat
mich nach Strich und Faden belogen«, stieß sie hervor und schoss giftige Blicke
in seine Richtung. »Erst hat er mir die Ehe versprochen, und ich habe wirklich
geglaubt, er meine es ernst. Von unserer gemeinsamen Zukunft hat er regelrecht
geschwärmt, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass er mich nur hinhält. Als ich
ihm ein Ultimatum setzte, hat er mir erzählt, er sei verheiratet, und seine
Frau sei schwanger. Sie können sich vielleicht vorstellen, wie sehr mich das
verletzte, denn ich hatte wirklich an eine Zukunft mit ihm geglaubt.« Sie zog
ein Taschentuch hervor, wischte sich über die Augen und untermalte ihre Worte
gestenreich. Franca fand, ihr Auftritt habe etwas Theatralisches. So ganz nahm
sie dieser Frau ihre Vorstellung nicht ab.
    »Heute
weiß ich, dass auch das natürlich gelogen war.« Sie verzog das Gesicht zu einer
unschönen Fratze. Plötzlich wurde sie zur Furie und gab eine Schimpfkanonade
ab, in der sie Gott und die Welt und besonders Benjamin Jacobs zum Teufel
wünschte.
    »Bitte,
Frau Jehloh, beantworten Sie nur meine Fragen«, stoppte der Vorsitzende Richter
ihre Suada, um sie direkt auf das sexuelle Verhalten des Angeklagten
anzusprechen.
    Franca
lauschte gebannt ihren Ausführungen und ließ sie nicht aus den Augen.
    »Normal«,
antwortete sie knapp. Erst auf konkrete Nachfragen äußerte sie, dass da eine
gewisse Pikanterie im Spiel gewesen sei. Kuschelsex sei nur anfangs erwünscht
gewesen. »Benjamin war sadomasochistischen Praktiken nicht abgeneigt«, gab sie
zu.
    Eine
Unruhe entstand im Saal.
    »War er
Ihnen gegenüber jemals gewalttätig?«
    Es
schien, als ob sie überlegen müsste. Dann schüttelte sie den Kopf. »Nicht
körperlich. Aber er hat mich auf andere Weise unendlich verletzt.«
    »Hat er
Sie jemals zu irgendetwas genötigt, das Sie nicht wollten?«
    Wieder
zögerte sie. Man sah ihrem angespannten Gesichtsausdruck an, dass sie genau
überlegte, was sie sagen sollte. Dann schüttelte sie leicht den Kopf. »Alles
geschah im beiderseitigen Einvernehmen«, sagte sie schließlich.
    Richter
Kowalek fragte nach Beispielen. Jessica Jehloh erzählte von Fesselspielen mit
Handschellen und mit Seilen. »Darauf stand er besonders. Eigentlich wir beide.«
    Bilder
schoben sich in Francas Kopf, die sie sofort zurückzudrängen versuchte, was ihr
jedoch nicht gelang. Ihr Brustkorb zog sich zusammen. Ihr Atem ging flach. Je
weiter sie Jessica Jehlohs Ausführungen verfolgte, umso mehr verstärkte sich
das Gefühl, ersticken zu müssen. Sie stand hastig auf, stolperte an ihren
Sitznachbarn vorbei und spürte förmlich die Blicke, die sich in ihren Rücken
bohrten. Draußen vor der Tür lehnte sie sich an die Wand.
    »Ist
Ihnen nicht gut?«, fragte eine besorgte Stimme neben ihr.
    »Geht
gleich wieder.«
    Sie
holte tief Luft und atmete ein paar Mal krampfhaft durch. Sie durfte sich keine
Blöße geben. Niemand in diesem Saal wusste, was sie mit dem Angeklagten
verband. Und wenn er weiter schwieg, was sie inständig hoffte, würde dies auch
ihr Geheimnis bleiben. Jedoch wirklich einschätzen konnte sie das nicht, nach
allem, was sie bis jetzt über ihn gehört hatte. Vielleicht bewahrte er sich den
großen Trumpf bis ganz zum Schluss auf. Sie ging zur Toilette, um in den
Spiegel zu sehen. Scham und Angst leuchteten ihr entgegen. Sie bewegte die
Kiefer, schob ihre Gesichtsmuskulatur hin und her, presste die Lippen
aufeinander, öffnete den Mund weit, um sich wieder einigermaßen zu lockern.
    »Du
hast

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