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Vulkanpark

Vulkanpark

Titel: Vulkanpark Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Keiser
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gern ihre
Vorschläge aufgriff, manchmal verfasste sie die Predigten auch selbst, und er
änderte sie nur geringfügig.
    »Das
ist lecker«, sagte er und schob sich ein Stück Melone in den Mund. Kaute und
schluckte. »Nun mal raus mit der Sprache. Du hast doch was.«
    Sie
senkte den Blick. »Es ist wegen Konny.«
    »Hat er
was angestellt?«
    Sie
schüttelte den Kopf. »Er will sich an eine Frau binden, die schwanger ist.«
    »Ach.«
Er hielt in seiner Bewegung inne.
    »Gott
sei Dank ist das Kind nicht von ihm.«
    »Na, da
bin ich ja beruhigt.« Er aß weiter. »Wie kommt er denn da drauf und was hat er
konkret vor? Der hat doch noch nicht mal einen Schulabschluss. Wie will er denn
da eine Familie ernähren?«
    »Das
hab ich ihn auch gefragt. Und auch, ob er sich das wirklich antun will.«
    »Und?«
    »Er
scheint fest entschlossen. Du kennst doch seinen Dickschädel.«
    Als sie
fertig gegessen hatten, brachte Rainer das Geschirr in die Küche. Andrea setzte
sich auf die Couch. »Komm noch ein bisschen kuscheln«, sagte sie und klopfte
einladend mit der Hand neben sich.
    Er
zögerte einen Moment, dann tat er, wie ihm geheißen, umarmte sie und bettete
ihren Kopf an seiner Schulter.
    »Diese
Britta ist unglaublich hübsch«, bemerkte Andrea. »Das muss man ihm ja lassen:
Geschmack hat er.«
    »Na,
siehst du. Ist doch ganz unser Sohn.« Gedankenverloren streichelte er ihren
Rücken. »Ich denke, wir sollten darauf vertrauen, dass das eine Phase ist, die
vorübergeht. Irgendwann wird er schon wieder vernünftig werden.«
    »Wahrscheinlich
hast du recht«, flüsterte sie. Sie spürte seine Wärme und sein Herzklopfen und
fühlte sich unendlich geborgen.
    »Andrea,
nimm’s mir nicht übel. Aber ich muss noch mal weg.« Sanft löste er sich aus
ihren Armen und stand auf.
    »Jetzt
noch? Aber wieso denn?« Sie war enttäuscht.
    »Tut
mir leid. Ich hab’s versprochen.« Mit einem Mal schien er es sehr eilig zu
haben.

7
     
    So ist das also, dachte er
ernüchtert. Das, was ihm so unendlich reizvoll erschienen war, was er unzählige
Male gedanklich vorgestaltet hatte, war ihm zwar gelungen, in ein Realszenario
umzusetzen, aber er hatte nicht bis zur letzten Konsequenz durchgehalten. Schon
einmal hatte er etwas Ähnliches getan, aber das war lange her. Damals war er
ein Jugendlicher gewesen mit gerade erwachtem sexuellem Drang. Heftige
Fantasien hatten in ihm gebrodelt, von denen er sich sehnlichst wünschte, dass
sie Wirklichkeit wurden. Zu jener Zeit hatte er nicht recht gewusst, wie er
sich verhalten sollte, und hatte sich entsprechend ungeschickt angestellt.
Prompt war er erwischt worden. Mit fatalen Folgen.
    Inzwischen
war er geübter. Seine Fantasien waren ausgereifter und bis ins kleinste Detail
ausgefeilt. Er kannte sich besser mit Strategien und Taktiken aus. Und mit
Verschleierungen. Bisweilen machte er sich lustig über all die kleinen Spießer
und Konformisten um ihn herum, zu denen er nicht gehören wollte und die ihn
zwingen wollten, es ihnen gleichzutun. Seine Fantasie jedoch ermöglichte ihm
den Freiraum, den er so notwendig brauchte. In seinem Kopfkino konnte er die
Dinge durchspielen, für die er im tiefsten Inneren brannte und für die er
allein die Regeln aufstellte. Mehr und mehr hatte er sich in einzelne Szenarien
hineingesteigert. Der Schritt, all dies in die Realität umzusetzen, war
insofern nur konsequent.
    So kurz
davor war er gewesen. Doch die Sache zu Ende zu führen, war ihm dann
doch nicht möglich gewesen. Kurz vor dem Ziel war er sich der Hemmschwelle
unangenehm bewusst geworden, die in seinen Fantasien nicht vorhanden gewesen
war. Von da an konnte er einfach nicht weitermachen. Gleichzeitig hatte er den
drohenden Verlust der Kontrolle über das Geschehen gespürt. Die Kleine hatte
gezappelt, geweint und um sich geschlagen. Er hatte alle seine Kräfte und
Überredungskunst gebraucht, um sie zu beruhigen. Plötzlich überfiel ihn eine
wahnsinnige Scham, als er sich seiner Handlungen bewusst wurde. Was hatte er
bloß gemacht? So etwas tat man doch einem Kind nicht an!
    »Es tut
mir leid«, hatte er wieder und wieder beteuert. Und es in diesem Augenblick
auch so gemeint. »Ich wollte dir nicht wehtun.« Er hatte das verängstigte
Mädchen gestreichelt und mit sanfter Stimme auf sie eingeredet. Erleichtert
hatte er gespürt, wie sie langsam ruhiger wurde und wieder Vertrauen zu ihm
fasste. Nachdem er dem Kind das Versprechen abgenommen hatte, dass es niemandem
etwas von ihrem Geheimnis erzählen

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