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Wachkoma

Wachkoma

Titel: Wachkoma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jasmin P. Meranius
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in diesem Konferenzraum, in diesem Gebäude inmitten des lebendigen Frankfurter Bankenviertels verspüren sollte.
    ***

Beata hatte so tief geschlafen wie wohl nie zuvor. Sie fühlte sich ungewöhnlich ausgeruht und frisch.
    Ohne die Augen zu öffnen, streckte und reckte sie sich im Hotelbett. Doch dann schreckte sie, wie vom Blitz getroffen, schlagartig auf.
    Wo war sie? Hatte sie nicht eben noch auf die Stärken einer mittelfristigen Marketingänderungsstrategie eingehen wollen?
    Ihr Herz begann wieder zu rasen.
    Panisch blickte sie durch das Hotelzimmer und entdeckte schließlich ein paar Medikamentendöschen, die neben ihr auf dem Nachttisch standen.
    Und plötzlich erinnerte sie sich an die Enge in ihrer Brust und das starke Schwindelgefühl.
    Verdammt! Hatte man sie in den Urlaub geschickt? Wer hatte das entschieden? Wer durfte das überhaupt über ihren Kopf hinweg, einfach so, ohne ihre Zustimmung, veranlassen? Etwa ihre Mutter? Der Arzt? Und was sollte jetzt aus dem Kunden werden? Kein anderer war so in die Materie eingearbeitet wie sie!
    Und wo war sie überhaupt?
    Was gab man ihr für Medikamente, das sie sich nicht einmal mehr an ihre Anreise erinnerte?
    Beata zwang sich, trotz der sich überschlagenden Gedanken die Nerven zu behalten. Nur keine Panik, beruhigte sie sich selbst, es würde sich schon alles aufklären.
    Hastig stand sie auf und zog die schweren Gardinen auf, um aus dem Fenster zu schauen: Natur pur.
    Sie öffnete das Fenster.
    Frische Luft – sie strömte in diesem Moment nicht nur in jeden Winkel des Hotelzimmers, sondern auch durch ihren ganzen Körper.
    Sie lief kurzentschlossen, so wie sie war, im Pyjama auf den Hotelflur hinaus und machte sich auf die Suche nach der Rezeption. Dort würde man ihr sicherlich mehr sagen können und jemanden schicken, der sie von diesen schrecklichen, starken Medikamenten befreite.
    Beata war so bemüht, ruhig zu bleiben, dass sie von dem Hotel nicht wirklich etwas mitbekam.
    Weder die langen Korridore des im französischen Kolonialstil erbauten Anwesens, mit seinen hübschen Tapeten und frischen Blumengestecken, noch die hohen Decken fielen ihr auf, die die langen Korridore optisch noch mehr streckten und mit aufwendigem Stuck verziert waren. Klassische Kronleuchter, wie man sie aus alten Filmen kannte, hingen von den Decken herab und sorgten für ein angenehmes Licht. Im Foyer, das wiederum wie ein großes Wohnzimmer zu Großmutters Zeiten aussah, waren bequeme Sofas als gemütliche Leseecken zusammengestellt. Bilder hingen an den Wänden und im Hintergrund loderte wärmend ein Kaminfeuer.
    Doch an der Rezeption war niemand.
    Beata wurde blass um die Nase.
    „Herzlich willkommen“, rief jemand von hinten zu ihr herüber. „Mein Name ist Silvester. Ich hoffe, Sie haben gut geschlafen.“
    Beata bekam wieder Farbe um die Nasenspitze und stemmte streng die Hände in die Hüften.
    Sie antwortete schroff: „Ob ich gut geschlafen habe, tut ja wohl nichts zur Sache. Sagen Sie mir mal lieber, wo ich hier bin, und rufen Sie mir ein Taxi. Meine Zeit ist knapp!“
    „Es tut mir leid“, antwortete der Unbekannte sanft lächelnd, „aber genau deswegen werden Sie wohl noch etwas bei uns bleiben müssen.“
    Beata starrte diesen großen Mann an, der nicht nur einen eigenartigen Namen zu haben schien, sondern darüber hinaus auch etwas seltsam aussah.
    Sein längeres Haar war schon stellenweise silberfarben ergraut und sein Gesicht durchfurcht von tiefen Falten, die Beata auf ein facettenreiches Leben schließen ließen. Seine Kleidung widersprach jeglichem guten Geschmack und sein Handgelenk war voll mit kitschigem Armschmuck.
    Der unbekannte Mann gab Beata an diesem Morgen sehr lange und sehr klar zu verstehen, dass sie erst wieder zurück zu ihrer Arbeit könne, wenn sie völlig gesund sei. Hierfür müsse sie ernsthaft daran arbeiten, von nun an ein gesünderes Leben zu führen.
    Beata stand noch immer in ihrem Pyjama da. Inmitten des Foyers. Und fühlte sich nicht wirklich dazu in der Lage, dagegen anzugehen.
    Sollte ihr Chef doch bekommen, was er wollte: eine regenerierte, frische Beata!
    Doch allzu lange würde sie dieses Spielchen mit der frischen Luft und der gesunden Ernährung in diesem Anwesen nicht mitspielen.
    Das war es, was sie wiederum Silvester sehr klar zu verstehen gab.
    Es stellte sich in dem Gespräch heraus, dass das Anwesen eine Art Kurhotel sein musste. Das war zumindest Beatas Interpretation. Es schien irgendwo im Norden zu liegen, in

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