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Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht

Titel: Wackelkontakte - Kein Sex geht gar nicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leipert Sabine
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längst wieder bei ihren Eltern sein sollte, Familienfest und so.
    Auf meinen zaghaften Vorschlag hin, dass wir es uns ja auch hier gemütlich machen und eine Flasche Sekt köpfen könnten, machte Tina ziemlich deutlich, dass ihre Silvesterpläne auf gar keinen Fall eine spontane Stehparty zwischen LKW und Haustür auf einer menschenleeren Seitenstraße mitten in Köln-Ehrenfeld beinhalteten. Sie verabschiedete sich und versicherte, mir morgen ganz früh beim Umzug zu helfen. Özlem dagegen war einfach zu nett, um mich tatenlos den Gefahren dieser eiskalten Silvesternacht zu überlassen. Sie blieb unentschlossen am LKW stehen, während ich mich wieder einmal meinem Schicksal ergab und im Führerhäuschen eine geeignete Liegeposition für die bevorstehende Nacht suchte. Eine war unbequemer als die andere, und gerade als ich dachte, ein paar Kissen und mein Schlafsack könnten nicht schaden, hörte ich im Hintergrund ein vielversprechendes Summen. Özlem war es tatsächlich gelungen, die Laderampe zu öffnen.
    »Du bist ein Schatz.« Ich bahnte mir einen Weg ins Innere des LKWs. In der ganzen Hektik hatte ich meine Sachen nicht gerade sehr sorgfältig verstaut, und so dauerte es eine Weile, bis ich mein komplettes Survival-Kit zwischen Regalbrettern, Schreibtischplatte und Sofa zusammengesucht hatte. Zumindest war ich jetzt gegen alle Widrigkeiten des Winters gewappnet. Wenn ich nun auch noch etwas gegen meinen Hunger finden würde, wäre diese Silvesternacht so gut wie überstanden.
    Mein Blick fiel auf den Kiosk an der Straßenecke. Er hieß »Eckis Büdchen«, was ich für einen Eckkiosk sehr passend fand, und es brannte sogar noch Licht. Ich lief hinüber und öffnete die Eingangstür. Wenigstens eine Tür, die sich heute Abend einmal problemlos öffnen ließ, dachte ich noch, als mir ein lautes »Wir haben geschlossen« entgegenschallte. Ich blieb wie angewurzelt im Türrahmen stehen, denn ich konnte zunächst keinen Menschen ausfindig machen, der für diese Mitteilung verantwortlich war. Gerade als ich zu der Erkenntnis gelangt war, dass der Besitzer ein Tonband installiert haben musste, das beim Öffnen der Tür aktiviert wurde, um potentielle Kunden darauf aufmerksam zu machen, dass eine offene Tür nicht gleichbedeutend war mit einem offenen Kiosk, erkannte ich hinter dem versteckten Kassentresen eine ausgebreitete »Bild«-Zeitung. Dahinter musste sich wohl der Resonanzkörper dieser gewaltigen Stimme verbergen. Ich beschloss also, in Richtung Zeitung zu antworten: »Aber die Tür ist doch noch offen.«
    »Wir schließen um zehn.« Ein schrumpeliger Zeigefinger kam hinter dem Rand der Zeitung hervor und deutete nach oben, wo eine riesige Uhr hing. Es war in der Tat schon elf Minuten nach zehn, aber das widerlegte nicht mein Argument, dass die Tür noch offen war.
    »Hören Sie, ich muss heute Nacht in dem LKW da hinten übernachten« – im Grunde war es überflüssig, auf den LKW zu deuten, denn wer auch immer sich hinter der Zeitung verbarg, hatte sich heute noch nicht die Mühe gemacht, dahinter hervorzukommen, und würde es auch jetzt nicht tun –, »und ich brauche nur ein paar Chips, die mich vor dem sicheren Hungertod bewahren.«
    Der mysteriöse Zeitungsmensch hatte weder Mitleid noch Sinn für Humor. »Auf eine Tote mehr oder weniger kommt es in der Silvesternacht auch nicht mehr an«, grummelte er, ohne von der Zeitung aufzuschauen. »Wissen Sie eigentlich, wie viele Menschen jedes Jahr durch selbstgebastelte Feuerwerkskörper ihr Leben verlieren?«
    »Nein, und ehrlich gesagt interessiert mich das im Moment auch nicht«, erwiderte ich wahrheitsgetreu. »Darf ich mir also jetzt ein paar Chips holen, oder nicht?«
    »Nein, wir haben immer noch geschlossen.«
    Ich spielte schon mit dem Gedanken, mir einfach ein paar Chipstüten zu schnappen, da der Verkäufer wohl kaum von der Zeitung aufschauen würde, als ich einen kleinen Dackel bemerkte, der mich die ganze Zeit über misstrauisch aus seinem Körbchen heraus anstarrte. Nun verstand ich das System. Der grummelige Zeitungsmann war die Stimme, der Dackel die Augen und vermutlich saß irgendwo im Hinterzimmer noch ein dressierter Affe, der das Wechselgeld herausgab.
    »Na, vielen Dank auch«, sagte ich ärgerlich. »Und sehen Sie bloß zu, dass Sie Ihre Tür verbarrikadieren, bevor man Ihren Laden mit selbstgebastelten Silvesterraketen in Brand setzt.«
    Ich wollte es mir zwar nicht gleich am ersten Tag mit den neuen Nachbarn verscherzen, aber der

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