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Wächter

Wächter

Titel: Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Baxter Clarke
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Extirpator-Karte, aber das ist trotzdem nicht ungewöhnlich; es tauchen immer wieder Kometen auf Umlaufbahnen auf, die zu weit entfernt für die Extirpator-Echos sind. Dieses Ding hat aber andere Eigenschaften, die Anlass zur Besorgnis geben.«
    Bella hatte schon eine Kopie der »Extirpator-Kart« gesehen, die wie ein Planetarium in ihrer eigenen Basis, dem alten NASA-Hauptquartier in Washington, aufgestellt war. Es handelte sich dabei um einen riesigen, dynamischen, dreidimensionalen Schnappschuss des ganzen Sonnensystems, der am Vorabend des Sonnensturms durch die heftige Explosion einer alten Atombombe namens Extirpator gemacht worden war. Bei dieser Detonation war eine symbolhafte Darstellung der menschlichen Zivilisation namens »Earth-Mail« zu den stummen Sternen gesendet worden, in den Kopien der größten künstlichen Intelligenzen des Planeten namens Aristoteles, Thales und Athene eingebettet worden waren. Innerhalb weniger Stunden nach der Explosion hatten die Radioteleskope auf der Erde Röntgenechos der Explosion von jedem Objekt mit einem Durchmesser von mehr als einem Meter innerhalb des Saturn-Orbits aufgefangen.
    Siebenundzwanzig Jahre nach dem Sonnensturm waren die menschlichen Welten und der Weltraum voller Augen, die jede Bewegung verfolgten. Alles, was nicht auf der Karte verzeichnet war, musste ein »Neuzugang« sein. Die meisten Neuankömmlinge, ob menschlich oder natürlich, vermochte man
schnell zu identifizieren und zu eliminieren. Und wenn nicht - nun, dann kamen ihr die schlechten Nachrichten auf dem Dienstweg des Rats schnell zu Ohren.
    Sie schauderte im warmen, stillen Kokon der Flugzeugkabine. Wie so viele Menschen ihrer Generation wurde Bella noch immer von Albträumen wegen des Sonnensturms geplagt. Und nun gehörte es auch noch zu Bellas Obliegenheiten, sich die bösen Träume anderer Leute anzuhören.
    Ednas Gesicht wurde auf die Softscreen in der Rückenlehne vor Bella perfekt in drei Dimensionen abgebildet. Edna war gerade einmal dreiundzwanzig und gehörte der ersten Generation von »Spacern« an, wie Bella sie bezeichnete. Sie waren während Bellas Rehabilitation nach dem Sonnensturm auf dem Mond im Weltraum geboren worden. Und Edna war schon ein Hauptmann. Man wurde schnell befördert in einer Marine mit einer niedrigen Personalstärke und mit Schiffen, die so intelligent waren - sagte Edna zumindest -, dass sogar zum Scheuern des Decks Roboter eingesetzt werden mussten. Heute wirkte Edna mit dem streng zurückgekämmten irischroten Haar und der hoch geschlossenen Uniform angespannt und hatte Ringe um die Augen.
    Bella sehnte sich danach, ihre Tochter zu berühren. Aber sie vermochte nicht einmal normal mit ihr zu sprechen. Edna befand sich nämlich im Hauptquartier der Marine im Asteroidengürtel. Wegen der erratischen Umlaufbahnen der Asteroiden war Edna in diesem Moment ungefähr zwei astronomische Einheiten von ihrer Mutter entfernt, der doppelten Entfernung zwischen Erde und Sonne, sodass diese gewaltige Kluft in jeder Richtung eine Kommunikationsverzögerung von sechzehn Minuten bedeutete.
    Zumal es auch eine Frage des Protokolls war. Bella war streng genommen der kommandierende Offizier ihrer Tochter. Sie versuchte sich also auf das zu konzentrieren, was Edna sagte.
    »Das ist nur ein vorläufiger Bericht, Mama«, sagte Edna. »Ich habe noch keine Einzelheiten. Aber der Knüller ist, dass
Konteradmiral Paxton nach London fliegen wird, um dich zu unterrichten …«
    Bella zuckte zusammen. Bob Paxton, der Neil Armstrong des Mars - und so lästig wie Hämorrhoiden.
    Edna lächelte. »Vergiss nicht, er hat zwar den Ruhm geerntet, aber du bist trotzdem der Boss! Übrigens - Thea macht sich prächtig.« Ednas dreijährige Tochter und Bellas Enkeltochter, ein Spacer der zweiten Generation. »Sie wird auch bald nachhause kommen. Aber du solltest mal sehen, wie gut sie in der Mikrogravitation der Langsam-Rotations-Habitate zurechtkommt …!«
    Edna erzählte weiter von privaten Dingen, familiären und sonstigen Angelegenheiten, die längst nicht so dramatisch waren wie das Schicksal des Sonnensystems. Dennoch lauschte Bella gebannt jedem Wort, wie Großmütter das eben taten. Aber es war trotzdem alles so fremdartig; sogar für Bella, die immerhin selbst einmal im Weltraum gearbeitet hatte. Ednas Sprache war mit lauter fremden Begriffen gespickt. Man orientierte sich in einem rotierenden Habitat, indem man sich in Drehrichtung bewegte oder gegen die Drehrichtung oder achswärts

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