Wächterin der Träume
getan hast.« Es war gelogen, aber das konnte er ja nicht wissen. »Sie wissen, was du getan hast. Du musst dich stellen.«
Wenn er jetzt erneut den Kopf schüttelte, würde ich ihm noch eine langen. Er tat es, und ich machte meinen Vorsatz wahr. Es war ein gutes Gefühl – zu gut. Das hier musste bald ein Ende haben. »Du wirst gestehen«, sagte ich.
»Nein.«
Da packte ich mit einer Hand sein Kinn, zwang ihn, mich anzusehen, und knurrte: »Du wirst es gefälligst tun, oder ich verrate ihnen alles über dich. Ich werde ihnen sagen, was du mir angetan hast, du elender kleiner Mistkerl.« Als ich die Worte sprach, wusste ich im selben Augenblick, dass »Mama« tot war, und ich fürchtete sehr, dass Phil sie umgebracht hatte.
Ich hätte wetten können, dass es irgendwo in seiner Werkstatt auch eine Puppe mit ihrem Gesicht und ihren Haaren gab.
Er bebte mittlerweile am ganzen Körper, und in seinen Augen standen Tränen. »Ich wollte dir nicht weh tun, das weißt du.«
Da wusste ich, dass ich gewonnen hatte. Ich ließ sein Kinn los und schloss ihn in die Arme. »Ich weiß, Baby. Schsch. Sei ein braver Junge.« Ich drückte ihn an mich, während er an meiner Schulter schluchzte. Ich war ausgesprochen zufrieden mit mir. »Du kannst es an mir wiedergutmachen, mein hübscher Junge, nicht wahr? Du weiß doch, was mich glücklich macht.«
Er nickte, und als er den Kopf hob, waren seine Tränen versiegt. Er wirkte bedrückt, wie ein getretener Hund – oder ein betrübter kleiner Junge.
»Was wirst du tun?«, fragte ich leise und streichelte erneut sein Haar. »Was wirst du für Mama tun?«
»Zur Polizei gehen«, antwortete er mit rauher Stimme. »Ich werde ihnen alles erzählen.«
Ich lächelte zufrieden und drückte ihn noch einmal. »Braver Junge.« Dann suchten meine Lippen die seinen, und ich wusste, ich musste zusehen, dass ich aus dieser »Mama«-Rolle wegkam, bevor dieser Traum aus dem Ruder lief.
Ich machte mich also davon und verließ den Traum. Phillip war zu sehr damit beschäftigt, seine Mutter zu bumsen, um es zu bemerken.
Ich erwachte und riss im Dunkeln die Augen auf. Dann stieg ich mitten in der Nacht aus dem Bett und ging ins Bad. Ich musste dringend duschen.
Allerdings war ich nicht sicher, ob ich mich jemals wieder sauber fühlen würde.
Kurz vor Sonnenaufgang hörte ich Phil Durdan in meinem Kopf. Er flüsterte seiner Mutter zu, dass er bereit war, ein Geständnis abzulegen, so wie sie es von ihm verlangt hatte. War er nicht brav?
Bevor ich mich bremsen konnte, lobte ich ihn – vielmehr tat das seine Mutter. Ich war es und doch wieder nicht. Ich war so überzeugend gewesen, dass Phils kleines »Gebet« an seine allerliebste Mami bei mir ankam. Das machte mir Angst.
Aber davon wollte ich mir nicht die gute Nachricht verderben lassen! Ich sprang aus dem Bett, räumte auf, machte mich ganz phantastisch zurecht, wenn ich das selbst sagen darf, und sauste rüber zu Noahs Wohnung.
Mit verschlafenen Augen und völlig verstrubbelt erschien er an der Tür. Mir hatte er niemals besser gefallen. Er ließ mich in der Küche stehen und ging duschen, ohne mich – abgesehen von einem knappen Grunzen – eines Wortes zu würdigen. Aber das ging schon in Ordnung. Schließlich hatte ich ihn aufgeweckt, und es war noch nicht einmal halb acht.
Ich goss mir gerade eine Tasse Kaffee ein, als Noah kurz darauf wieder in die Küche geschlurft kam, mit nichts am Leib als seiner Pyjamahose. Er sah mich an und blieb wie angewurzelt stehen.
»Was hast du gemacht?«, wollte er wissen.
Ich blickte auf, während ich ihm Kaffee einschenkte. »Was meinst du denn?«, fragte ich mit unschuldiger Miene zurück.
Doch Noah ließ sich nichts vormachen. »Du bist vor mir auf und fertig für die Arbeit. Außerdem hast du Kaffee gekocht. Entweder hast du etwas angestellt, oder du bist gar nicht Dawn.«
Da er es im Laufe unserer Beziehung schon einmal mit einem Doppelgänger von mir zu tun gehabt hatte, war seine Reaktion verständlich. Und wenn ich an die Prügel dachte, die er meinem falschen Ich verpasst hatte, war es kein Wunder, dass ich klein beigab.
»Ich habe dafür gesorgt, dass sich Phil stellt«, platzte ich heraus.
Diese Erklärung schien ihn noch mehr zu verwirren. »Wer zum Teufel ist Phil?«, fragte er genervt.
Ich rührte Sahne in meinen Kaffee und vermied Noahs finsteren Blick. »Amandas Vergewaltiger.« Ich hielt den Atem an.
Die Stille in der Küche dröhnte förmlich. »Ihr seid per
Weitere Kostenlose Bücher