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Wärst du doch hier

Wärst du doch hier

Titel: Wärst du doch hier Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Graham Swift
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Wight gefahren, um ihre Zukunft auszukundschaften, und hatte die Chance wahrgenommen, es heimlich zu tun, kaum dass Jimmy ins Krankenhaus eingeliefert worden war. Und das war der Grund, sagte Jack sich, warum sie den Brief von Onkel Tony so lange für sich behalten hatte. Sie konnte ihn Jack nicht zeigen, solange sie nicht an Ort und Stelle überprüft hatte, ob das alles stimmte, und das konnte sie erst tun, als ihr Dad nicht mehr da war.
    Ellie hatte sie also beide gesteuert, die Route noch im Gedächtnis von dieser ersten Fahrt, doch Jack war kein passiver, unkundiger Beifahrer. Gleich zu Beginn ihrer Fahrt war ihm aufgefallen, dass es zwischen seiner Erinnerung und der Strecke eine Koinzidenz gab. Die Straßenschilder klangen in seiner Erinnerung wider: Honiton, Axminster, Lyme Regis   … Ellie war diese Strecke schon einmal gefahren, aber er auch.
    »Ellie, ich habe eine Idee.«
    Und so machten sie Halt in Brigwell Bay. Und als er mit Ellie am Strand stand, nachdem er   – eins der wenigen Male in seinem Leben   – große Entschlossenheit gezeigt hatte (die Vorstellung, sie wären an dem Abzweig vorbeigefahren und er wäre ein paar Meilen später auf die Idee gekommen), machte er eine der großen Erklärungen in seinem Leben. Er machte sie in Form einer seiner wenigen Witze, aber dieser hier war zu galant   – und zu geschickt   –, um allein als Witz zu gelten.
    »Da sind wir, Ell. Da bist du. ›Wärst du doch hier.‹ Jetzt bist du hier.«
    Und fügte unvermittelt hinzu: »Und bleibst auch hier.«
    Und bloß weil er das gesagt hatte, umarmte Ellie ihn und drückte ihm fast die Luft ab und sagte: »Mein Held«, während er den fremden, vergessenen Geruch des Meeres einatmete.
     
    Honiton, Axminster, Lyme Regis. Er fuhr auch jetzt dieselbe Strecke, aber bei dem Abzweig   – er wusste genau, wann er kam   – nahm er nicht einmal die Geschwindigkeit zurück. Auch dies war wie ein verschlossenes Tor. Was gab es am Ende dieser Straße? Er und Ellie in der Umarmung ihres Lebens? Nein, darum ging es nicht. Am Ende der Straße gab es einen sechsjährigen Jungen, die Beine voller Sandspritzer, der im Wohnwagen Ferien machte und später im Irak Soldat wurde. Damals hatte Jack sich manchmal wie Toms Vater gefühlt.
    Er fuhr nicht langsamer, aber er stieß wieder ein lautes, ungehörtes Brüllen aus.
     
    Er war lange vor vier in Portsmouth. Als er feststellte, dass er viel zu früh war, hatte er auf der M27 an einer Tankstelle vor Southampton gehalten. Diese anonymen Stätten, wo man pissen, essen und die Zeit rumbringen konnte, schienen ihn anzuziehen, als wären sie ihm eine zweite Wohnstatt   – eine Wohnstatt, die weit davon entfernt war, eine wirkliche Wohnstatt zu sein. Aber etwas anderes wollte er nicht. Um für alle Eventualitäten nach der Beerdigung gewappnet zu sein, hatte er die Fähre umhalb fünf gebucht. Es hatte keine Eventualitäten gegeben, außer seinem schnellen Abgang, seiner Begegnung mit dem Tor und den Meilen, die er zurücklegt hatte.
    Sobald er sich hinten an die Schlange der wartenden Autos gestellt hatte, war der lange Bogen seiner Reise über Land abgeschlossen. Jetzt blieb noch die kurze Überfahrt, die, als er sie das erste Mal mit Ellie gemacht hatte, gewaltig erschienen war, wie eine Ozeanüberquerung. Auch jetzt war sie gewaltig. Er würde nie wieder aufs Festland zurückkehren, dessen war er sich sicher, diese Überfahrt wäre seine letzte. Die Sache war in seinem Kopf so entschieden, dass er nicht mehr innehielt, um sie zu überdenken, so wie er manchmal auf seiner langen Fahrt darüber nachgedacht hatte, ob er wohl wahnsinnig sei.
    Desgleichen hielt er nicht inne, um darüber nachzudenken   – es war ihm einfach nicht in den Sinn gekommen, da es nicht zu Veras Geschichte gehört hatte   –, dass die Brüder Luxton, die beiden auf dem Kriegerdenkmal, in dessen Nähe er erst vor wenigen Stunden gestanden hatte, damals möglicherweise von hier aus, vom Solent, in die Ferne geschickt worden waren, aus der sie nie zurückkehrten. Deswegen bestand auch zu dem, was Jack in wenigen Augenblicken tun würde, woran er aber bisher noch keinen Gedanken gehabt hatte, keine gedankliche Verbindung. Es war einfach einer der plötzlichen Entschlüsse in seinem Leben.
    Die Auffahrt zur Fähre und das schwarze Loch des Rumpfes erinnerten ihn wieder an das Flugzeug. Der Lärm auf dem Autodeck war so, als wäre Alarm ausgelöst worden. Er nahm seinen Parka, stieg aus und ging zu

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