Waffenschmuggel
Wenn man ihm mitteilte, daß eine britische Staatsangehörige in der letzten Nacht verhaftet und wegen Verschwörung gegen die Regierung, wegen illegalen Waffenhandels, illegalen Grenzübertritts, wegen Beziehungen zu Kriminellen und Spionage ins Gefängnis eingeliefert worden war, dann mochte der unerfahrene Mr. Wilson womöglich die Nerven verlieren und sich inkorrekt verhalten. Das dürfte außerordentlich genußreich werden. Anderseits war es möglich, daß er mit dem britischen Konsul in Medan konferieren oder, schlimmer noch, sich bei Mr. Hallett, dem amerikanischen Vizekonsul, Rat holen würde. Die beiden verstanden sich gut. Allerdings würde der Mr. Hallett zugedachte Schreck, wenn er erfuhr, daß außerdem zwei amerikanische Staatsbürger inhaftiert worden waren, gemildert werden.
Und der General wollte, daß Mr. Hallett einen tüchtigen Schrecken bekam. Mr. Halletts Posten war nicht ehrenamtlich. Er war Berufsdiplomat im auswärtigen Dienst der Vereinigten Staaten und trat nicht nur als Vizekonsul auf, sondern auch in seiner Eigenschaft als Informations-Offizier. Seine destruktive Tätigkeit bestand darin, amerikanische Lesezentren zu gründen, Dokumentarfilm-Vorführungen zu veranstalten und vielversprechende junge Indonesier zu korrumpieren, indem er ihnen die Teilnahme an technischen Kursen amerikanischer Hochschulen vermittelte. Außerdem hielt er engen Kontakt mit dem Büro der Welt-Gesundheitsorganisation in Labuanga, und man wußte von ihm, daß er das zur Malaria-Bekämpfung ins Innere des Landes entsandte Sanitätspersonal zu begleiten pflegte. Wiederholt war er in Gebiete vorgedrungen, die von den Aufständischen beherrscht wurden, und jedesmal unbehelligt zurückgekehrt, wobei er sich in höchst arroganter Weise geweigert hatte, über das Gesehene Einzelheiten zu berichten. Es gab eine ganze Anzahl amerikanischer Techniker, die auf den Ölfeldern arbeiteten und sich, wenn sie nach Labuanga kamen, zuweilen ebenso lärmend benahmen wie die Holländer. Mr. Hallett hatte eine unangenehme Art, die Festnahme eines dieser betrunkenen Bastarde als kalkulierten Affront gegen den Präsidenten der Vereinigten Staaten hinzustellen oder als Resultat eines lächerlichen Irrtums der dem General unterstellten Sicherheitsorgane. Die Aussicht, Mr. Hallett zwei amerikanische Waffenschmuggler vorzuführen, die sich als Touristen getarnt hatten und auf frischer Tat in Gesellschaft notorischer Verräter ertappt worden waren – diese Aussicht war unendlich verlockend.
Vom andern Ende der Wohnung her konnte er hören, wie seine Frau einen Diener zurechtwies, der auf das Klingeln der Türglocke nicht schnell genug reagiert hatte. Gleich darauf hörte der General die Stimme von Major Gani. Er beschloß, den Bericht seines Referenten abzuwarten, bevor er darüber entschied, wie die Situation zu handhaben sei.
Der General empfand keine echte Sympathie für Major Gani, der als Student ein Jahr an einer japanischen Universität verbracht hatte und sich nicht immer die Mühe gab, seine Überzeugung, klüger und kultivierter zu sein als sein Vorgesetzter, vor diesem zu verbergen. Auch hatte er die ärgerliche Angewohnheit, mit den Fingern zu schnippen, während der General sprach. Zudem hatte der General, der ein religiöser Mann war, inzwischen gemerkt, daß Gani Kommunist war. Es war jedoch unmöglich, ihn zu diesem kritischen Zeitpunkt loszuwerden. Der Mann war unentbehrlich geworden, und die Kommunistische Partei ebenfalls.
Der Einfall, Waffenlieferungen an die Aufständischen im Gebiet von Labuanga abzufangen, war gut; dadurch würde er zugleich seine geheime Miliz bewaffnen und dem Feind die Waffen entziehen; aber ohne das kommunistische Agentennetz war es nicht möglich, Zeitpunkt und Bestimmungsort der Lieferungen herauszubekommen. Die Aufständischen hatten vier bedeutende Sendungen eingebüßt, bevor sie ihre Lieferungsmodalitäten abänderten, und die neuen Absprachen würden, dank Gani und der Partei, für das Komitee sehr bald ebenso unergiebig sein wie die alten.
Gani war in den Berichten der Einwanderungsbehörde die Häufigkeit und Kürze der Besuche aufgefallen, die eine britische Staatsangehörige, Elizabeth O’Toole, Labuanga abstattete. Eine genauere Untersuchung hatte dann ergeben, daß die O’Toole immer aus Singapur herüberzukommen pflegte, und zwar jedesmal in Gesellschaft eines anderen Europäers. Am nächsten Tag war sie dann stets mit ihm abgereist. Von fünf derartigen Reisen war eine mit
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