Wage den Schritt ins Glueck
Füßen zu landen.
Beim Gedanken daran musste sie lächeln. Rafe sah sie fragend an.
„Was findest du daran lustig?“, fragte er. Seine Stimme klang noch sinnlicher und dunkler, als sie ihr damals erschienen war. Der sonore Ton ging Eden durch und durch.
„Ich musste an unsere erste Begegnung denken“, gestand sie. „Dein Zimmer lag in der zweiten Etage, und ich bin an einer mit glitschigem Efeu überwachsenen Regenrinne hochgeklettert.“
„Es war in der dritten Etage“, berichtigte Rafe sie und schauderte. „Nie werde ich vergessen, wie ich dich im ersten Schreck schon mit gebrochenen Gliedern unten auf demKies liegen sah.“
Eden kämpfte gegen die Tränen an. Verflixt, das klang fast so, als hätte Rafe tatsächlich Angst um sie gehabt! Dabei besaß sie unwiderlegbare Beweise, dass er nie tiefer für sie empfunden, sie immer nur begehrt hatte. „Ich kann mir nicht vorstellen, was du damals von mir gehalten hast“, erwiderte sie kopfschüttelnd. Damals war sie praktisch durchs Fenster hereingeplumpst. Rafael Santini, der Formel-1-Weltmeister, der Mann, den sie vergötterte, hatte ihr aufgeholfen. Ein Blick in seine gluterfüllten Augen genügte. Sprachlos konnte sie den atemberaubenden Mann einfach nur bewundernd anschauen.
Achtundzwanzig war er damals gewesen, in absoluter Bestform, zum dritten Mal in Folge Weltmeister und auf dem Gipfel seiner Rennfahrerkarriere. Das und sein Kampfgeist, der an Besessenheit grenzte, seine kompromisslose Entschlossenheit, zu gewinnen, hatten ihn zu einem Helden gemacht, von dem andere träumten. Sein Leben abseits der Rennstrecken war so sagenumwoben wie sein Fahrstil. Kaum eine Woche verging, ohne dass in Zeitungen und Hochglanzmagazinen über ihn berichtet wurde; sein Liebesleben wurde bis ins Kleinste ausgeleuchtet. Er war ein erfolgreicher, umwerfender Jetset-Star. Seinem überwältigenden italienischen Charme hatte Eden nichts entgegensetzen können.
„Ich fand dich wunderschön.“ Rafes Stimme klang seltsam weich. „Du warst so ganz anders als die Frauen, die ich bis dahin gekannt hatte“, fuhr er fort. Wie sehr sie sich von den Glamourgirls unterschieden hatte, die zur Formel-1-Szene gehörten! „So süß und schüchtern und gleichzeitig so entschlossen. Du hast dein Leben riskiert, um in mein Zimmer zu gelangen, und das nur, weil du mich deinem Bruder zuliebe kennenlernen wolltest.“
Eden hob den Kopf und sah ihn an. Ihr Puls raste, sie konnte kaum atmen und fühlte sich seltsam unsicher. Sieüberspielte ihre Verlegenheit mit einem Lächeln. „Simon war ein großer Fan von dir, und ich hatte versprochen zu versuchen, ihm ein Autogramm von dir zu besorgen, wenn ich dich vielleicht auch nicht dazu bringen könnte, beim Tag der offenen Tür von Greenacres zu erscheinen.“ Auch damals war der Erbe der Santini-Millionen streng von Sicherheitsleuten umgeben gewesen. Die Empfangsdame hatte Eden kühl mitgeteilt, Signor Santini wolle niemanden sprechen, schon gar keine Jungreporterin des Lokalblatts. Doch die Frau hatte nicht mit Edens eisernem Willen gerechnet.
„Und du hast mich dann dazu gebracht“, erinnerte Rafe sie. Als er ihr Lächeln sah, erinnerte er sich daran, wie wunderbar ihr Mund sich unter seinem angefühlt hatte.
Eden nickte. Wie überrascht und aufgeregt Simon gewesen war, als der vergötterte Sportheld am Tag der offenen Tür tatsächlich erschienen und den ganzen Nachmittag über geblieben war. Rafe hatte sich stundenlang mit den Kindern unterhalten, die ein Leben im Rollstuhl führen mussten. Noch Wochen danach hatte Simon von Rafe geschwärmt und die Wände seines Zimmers mit immer neuen Postern seines Idols geschmückt, die auch Eden immer wieder fasziniert betrachtete.
Der sechzehnjährige Simon war sein halbes Leben lang gelähmt gewesen, nachdem er vom Baum gefallen war und sich das Rückgrat gebrochen hatte. Und obwohl er nicht laufen konnte, hatte er mit seiner lebenssprühenden, stets fröhlichen Art anderen so viel Freude geschenkt, dass Eden selbst jetzt Tränen in die Augen stiegen.
„Wird Simon weiter im Zentrum behandelt?“, fragte Rafe. „Bei meiner Spendenankündigung in Greenacres habe ich ihn nicht gesehen.“
„Nein.“ Edens Kehle fühlte sich wie zugeschnürt an. „Simon ist gestorben, sein Herz hat versagt, wenige Monate, nachdem wir … nachdem ich …“
„Nachdem du mich mit meinem Bruder betrogen hast“,warf Rafe verbittert ein. „Es muss schrecklich für euch alle gewesen sein, vor allem für
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