Wage den Schritt ins Glueck
deine Mutter. Ich weiß ja, wie sehr sie an Simon hing.“
Eden nickte. „Nach Simons Tod hat Dad sich als Pastor an eine Missionskirche in Afrika versetzen lassen. Er glaubte, eher damit fertig zu werden, wenn er irgendwo hinging, wo er gebraucht wurde.“ Sie blickte auf ihre Knie und kämpfte erneut gegen die Tränen an. Als sie den Kopf hob, wurde ihr bewusst, dass Rafe sie beobachtete. Sein Gesicht hatte einen merkwürdigen Ausdruck.
„Ich weiß, wie schwer der Verlust auf dir lastet“, sagte er ruhig. „Auch ich habe einen Bruder verloren.“
Schuldgefühle übermannten sie. „Es hat mir schrecklich leidgetan, als ich von Giannis Unfall hörte. Ich habe mit euch beiden gelitten.“
„So sehr, dass du es nicht einmal für nötig gehalten hast anzurufen“, spottete Rafe, und diesmal funkelten seine Augen erbittert. „ Madre santa , Eden! Du hast ihm so nahe gestanden und dir trotzdem nicht mal die Mühe gemacht, eine Karte zu schicken.“
„Du tust mir Unrecht, Rafe“, flüsterte sie. „Ich war im Krankenhaus. Ich bin extra nach Italien geflogen, sobald ich von Giannis Unfall erfuhr.“
Sein kalter Blick verriet, dass er ihr nicht glaubte. „Du lügst. In allen Zeitungen stand, dass Gianni so schwer verletzt war, dass er nie mehr gehen können würde. Gerade du hättest doch wissen müssen, welche Höllenqualen er durchlitt, nachdem deinen eigenen Bruder das gleiche Schicksal getroffen hatte. Du wolltest einfach nicht mit hineingezogen werden, als du von Giannis Lähmung hörtest.“ Wieder sah Rafe sie so verächtlich an, dass Eden sich elend fühlte.
„Ich war bei ihm im Krankenhaus“, beharrte sie verzweifelt und beugte sich zu Rafe vor. „Dort traf ich deinen Vater, und er sagte …“ Sie verstummte beim Gedanken an die unerfreuliche Begegnung mit Fabrizio Santini, der ihrunmissverständlich klargemacht hatte, was er von ihr hielt und dass sie nicht willkommen sei. „Es ist nicht mehr wichtig“, fuhr sie matt fort. „Jedenfalls hat er mich überzeugt, dass Gianni meinen Besuch nicht wünschte, und du schon gar nicht.“
„Mein Vater hat mit keinem Wort erwähnt, dass du da warst“, brauste Rafe auf.
Er wollte ihr also nicht glauben. „Ich weiß nicht, warum er es verschwiegen hat, aber sicher hatte er seine Gründe dafür.“
„Was willst du damit sagen?“, fragte Rafe finster.
„Dass ich nicht lüge! Ich war im Krankenhaus und hatte gehofft, dich und Gianni zu sprechen. Damals war ich sicher, dass du jemanden brauchtest, dem du dein Herz ausschütten kannst“, setzte sie leise hinzu, weil sie an die wüste Anschuldigung der Medien dachte, Rafe sei schuld an dem Unfall.
„Hattest du wirklich erwartet, ich würde nach allem, was geschehen war, noch mit dir sprechen?“, fuhr Rafe sie an. „ Dio santo! Obendrein bist du auch noch Journalistin!“ So, wie er es aussprach, hätte sie eine Massenmörderin sein können. Doch die Medien veröffentlichten so verrückte Lügen über ihn, dass er wohl Grund hatte, alle Presseleute zu hassen.
„Ich bin als Freundin nach Italien gekommen, nicht beruflich“, beharrte Eden gefasst und ließ sich nicht anmerken, wie weh ihr ums Herz war. „Aber offensichtlich hatte ich mich geirrt. Du brauchtest mich gar nicht.“
Sie schwiegen angespannt. Schließlich stellte Eden ihr Glas ab. Zeit zu gehen. Sie erhob sich und nahm ihre Handtasche, als am anderen Ende des Raumes eine Tür geöffnet wurde und eine Frau hereinschlenderte.
„Rafe, Darling, ich dachte, ich hätte dich gehört. Wird es noch lange dauern? Ich warte schon den ganzen Vormittag auf dich.“ Ihr Akzent wies die aufreizende Schönheit alsSkandinavierin aus.
Der Schmollmund wirkt aufgesetzt, aber die Frau sieht toll aus, musste Eden sich eingestehen. Doch das sollte ihr gleichgültig sein. Rafe hatte schon immer die schönsten Mädchen um sich versammelt und war für seine ständig wechselnden Damenbekanntschaften berühmt. Durch die offene Tür konnte Eden ein großes, zerwühltes Bett erkennen, auf dem Nachttisch einen Eiskübel mit einer geöffneten Champagnerflasche. Rafe schien immer noch erstaunlich wenig Schlaf zu brauchen.
Erinnerungen, die Eden längst für begraben gehalten hatte, drängten sich ihr auf … an eine endlose Folge von Hotels, in denen sie tagsüber am Pool gesessen und vergeblich versucht hatte, ein weiteres Taschenbuch zu lesen, während sie auf Rafe wartete. Ganz anders dagegen die Nächte. Rafe war ein geschickter, unermüdlicher Liebhaber.
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