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Wahn - Duma Key

Titel: Wahn - Duma Key Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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einen. Deinen gesunden linken.
    Aber meiner Erinnerung nach hatte ich ihn in den Armen, Plural. Ich kanalisierte meine Wut
    (it was RED)
    weg von der törichten Frau mit ihrem Handy und ihrer Zigarette und wie in einer verrückten Endlosschleife irgendwie wieder zurück zu mir ... nahm ihn in meine Arme... bestimmt nur eine Halluzination, aber ja, das war meine Erinnerung.
    Ich nahm ihn in meine Arme .
    Hielt seinen Hals in der linken Armbeuge, damit ich ihn mit der rechten Hand erwürgen konnte.
    Erwürgen und seinen Qualen ein Ende bereiten.
    Ich schlief ohne Oberteil, deshalb konnte ich meinen Armstumpf leicht betrachten. Ich brauchte nur den Kopf zur Seite zu drehen. Ich konnte damit wackeln, aber das war so ziemlich alles. Das tat ich ein paarmal, dann blickte ich zur Decke hinauf. Mein Herzschlag war etwas langsamer geworden.
    »Der Hund ist seinen Verletzungen erlegen«, sagte ich. »Und dem Schock. Eine Autopsie würde das bestätigen.«
    Aber niemand nahm Autopsien an Hunden vor, die verendet waren, nachdem ein Hummer mit einer gedankenlosen, unkonzentrierten Frau am Steuer sie zu Knochen und Brei zermatscht hatte.
    Ich sah wieder zur Decke hinauf und wünschte mir, dieses Leben wäre vorbei. Dieses unglückliche Leben, das so zuversichtlich begonnen hatte. Ich dachte, ich würde in dieser Nacht nicht mehr schlafen, aber schließlich tat ich es doch. Letzten Endes erschöpfen wir unsere Sorgen doch immer.
    Sagt Wireman.

WIE MAN EIN BILD ZEICHNET (II)
    Denken Sie daran, dass die Wahrheit im Detail liegt. Unabhängig davon, wie Sie die Welt sehen oder welchen Stempel sie Ihrer künstlerischen Arbeit aufdrückt, liegt die Wahrheit im Detail. Natürlich steckt darin auch der Teufel - das sagen alle -, aber vielleicht sind die Wahrheit und der Teufel ja ein und dasselbe. Das wäre möglich, wissen Sie.
    Stellen Sie sich wieder das kleine Mädchen vor, das von der Kutsche heruntergefallen ist. Es ist auf die rechte Kopfseite geknallt, aber seine linke Gehirnhälfte hat am meisten abbekommen - Schädel-Hirn-Trauma, wissen Sie noch? Links liegt das Broca-Zentrum, aber das gehörte in den Zwanzigerjahren nicht zum Allgemeinwissen. Das Broca-Zentrum ist die motorische Sprachregion. Wenn man es sich schwer genug prellt, verliert man die Sprache, manchmal für einige Zeit, manchmal für immer. Aber - obwohl beide eng verwandt sind - Reden ist nicht Sehen.
    Die Kleine kann noch sehen.
    Sie sieht ihre fünf Schwestern. Ihre Kleidung. Wie ihr Haar vom Wind zerzaust ist, wenn sie von draußen hereinkommen. Sie sieht den Schnurrbart ihres Vaters, jetzt grau meliert. Sie sieht Nan Melda - nicht nur die Haushälterin, sondern auch der einzige annähernde Mutterersatz, den dieses kleine Mädchen kennt. Sie sieht den Schal, den Nanny zu einem Turban gebunden trägt, wenn sie putzt; sie sieht den Knoten in der Mitte über Nan Meldas hoher brauner Stirn; sie sieht Nan Meldas silberne Armreife und wie sie in dem durch die Fenster einfallenden Sonnenschein glitzern.
    Details, Details, die Wahrheit steckt im Detail.
    Und ruft das Sehen dem Reden zu, auch in einem geschädigten Hirn? In einem verletzten Gehirn? Oh, das muss es, das muss es.
    Sie denkt: Mein Kopf tut weh.
    Sie denkt: Irgendetwas Schlimmes ist passiert, und ich weiß nicht, wer ich bin. Oder wo ich bin. Oder was alle diese bunten Bilder in meiner Umgebung bedeuten.
    Sie denkt: Libbit? Heiße ich Libbit? Früher hab ich es gewusst. Im Früher-hab-ich-es-gewusst konnte ich reden, aber jetzt sind meine Wörter wie Fische im Wasser. Ich will den Mann mit den Haaren auf der Lippe.
    Sie denkt: Das ist mein Daddy, aber wenn ich versuche, seinen Namen zu sagen, rufe ich stattdessen »Ogel! Ogel!«, weil einer an meinem Fenster vorbeifliegt. Ich sehe jede Feder. Ich sehe sein Auge wie Glas. Ich sehe sein Bein, das schief ist, als wäre es gebrochen, und das Wort dafür heißt kromm . Mein Kopf tut weh.
    Mädchen kommen herein. Maria und Hannah kommen herein. Sie mag sie nicht so gern, wie sie die Zwillinge mag. Die Zwillinge sind ein bisschen wie sie.
    Sie denkt: Im Früher-hab-ich-es-gewusst habe ich Maria und Hannah die Großen Fiesen genannt, und merkt dann, dass sie das wieder weiß. Wieder etwas, das zurückgekommen ist. Der Name für ein weiteres Detail. Sie wird ihn wieder vergessen, aber beim nächsten Mal wird sie sich länger daran erinnern. Da ist sie sich ziemlich sicher.
    Sie denkt: Wenn ich versuche, Hannah zu sagen, sage ich »Ogel! Ogel!«. Versuche ich Maria zu

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